Samstag, 20. April 2024

Die EU verdankt ihr Bestehen dem Christentum

Als es nach dem Zweiten Weltkrieg um die Frage ging, wie es mit Europa weitergehen soll, gab es ganz verschiedene Antworten. Zwar hatte Hitler mit seiner nationalsozialistischen Ideologie Europa mit Vernichtungskriegen und Völkermord in den Abgrund gestürzt, aber dennoch gab es in allen politischen Lagern nationalistische Vorstellungen. Es schien für viele nicht denkbar, dass es über die Nation hinaus eine politische Einheit bzw. Union geben könne.

Durchgesetzt hat sich jedoch eine Idee, die es bisher nicht gab, die Idee eines langfristigen Projekts, das Einheit in Vielfalt ermöglicht, in dem souveräne Staaten nicht gegeneinander, sondern Miteinander und füreinander gemeinsam Europa sind.

Deutschland und Frankreich sollen nie wieder gegeneinander Krieg führen

Im Zentrum dieses Projekts stand damals und noch heute die Hoffnung: nie wieder Krieg in Europa. Konrad Adenauer schrieb im Vorwort der deutschen Ausgabe von Schumans Werk „Für Europa“, worum es damals ging:

„Zwei Nationen, die sich jahrhundertelang befehdet hatten, sollten an einem gemeinsamen Friedenswerke arbeiten; sie würden dadurch die latente Ursache der Unruhe, des Mißtrauens und der Angst in Europa beseitigen und die Hoffnung schaffen, daß auf der friedlichen Zusammenarbeit Deutschlands und Frankreichs ein solides europäisches Gebäude errichtet werden kann. Angesichts der Verwüstungen des letzten Krieges und der unglückseligen europäischen Geschichte der letzten Jahrhunderte war der Schuman-Plan ein unerhört neuer und kühner Schritt – eine Tatsache, der manchmal nicht genügend gedacht wird. Inzwischen ist der Schuman-Plan zu einem Teil unseres europäischen Lebens geworden.“

Der Glaube ermöglichte diesen „neuen und kühnen Schritt“

Um, wie Adenauer es nannte, einen „unerhört neue[n] und kühne[n] Schritt“ zu wagen, braucht es mehr als nur Vorstellungen von „Toleranz“ und „Vielfalt“. Denn Toleranz ist keine Handlung, sondern nur die Fähigkeit viel ertragen zu können. Vielfalt ist ein Zustand, keine Tat. Um neue Schritte zu gehen, brauchte es den katholischen Glauben der Gründerväter. Es brauchte ihn, für Versöhnung und Neuanfang und für die Vision eines christlichen Abendlandes jenseits von vulgären Nationalismen.

Von den Kommunisten wurde Schuman des Öfteren im Parlament als „Boche“ – was etwa so viel wie „Scheiß-Deutscher“ heißt beschimpft. Er hatte nicht selten Tränen in den Augen, wenn der Widerstand erdrückend und vor allem persönlich verletzend war. Aber er kämpfte mit seiner ganzen Person für seinen Traum von Europa. Woher nahm Schuman diese Kraft? In seinem politischen Vermächtnis „Für Europa“ macht er deutlich, worin seine demokratischen Vorstellungen verwurzelt waren:

„Die Demokratie verdankt ihr Bestehen dem Christentum. Sie entstand an dem Tage, wo der Mensch dazu berufen wurde, in seinem irdischen Leben die Würde der Persönlichkeit durch individuelle Freiheit, die Achtung der Rechte jedes einzelnen und die Ausübung der Bruderliebe gegen alle zu verwirklichen. Vor Christus waren solche Ideen noch niemals formuliert worden. Somit ist die Demokratie durch die Doktrin und chronologisch an das Christentum gebunden.“

Dennoch dürfe das Christentum nicht von einem politischen Regime in Anspruch genommen werden oder mit einer Regierungsform identifiziert werden. Es gebe einen „Unterschied zwischen dem Reich Cäsars und dem Gottes“, so Schuman. Die Aufgabe des verantwortlichen Politikers bestehe darin, die beiden Standpunkte, den geistigen wie den profanen miteinander zu versöhnen. Das Christentum könne helfen, den Weg zu einer menschlichen Wiedergeburt zu finden.

Schuman hatte Erfolg: Am 25. März 1957 wurden in Rom die Europäischen Verträge unterzeichnet. Die Bundesrepublik Deutschland, Frankreich, Italien, Belgien, Luxemburg und die Niederlande legten den Grundstein für ein gemeinsames Europa.

Pius XII. unterstützte die europäische Einigung

Ein wichtiger Unterstützer der EU war auch Pius XII. Ihm schwebte eine Art Kerneuropa der karolingisch geprägten Länder vor. In seiner Ansprache an das Kardinalskollegium vom 2. Juni 1948 lobte er „Versuche der Aussöhnung, der Annäherung von Nationen, die eben noch im Kampf miteinander standen“ und nun ein „Bollwerk des Friedens“ schaffen wollen. Zwar wolle er sich als Papst nicht in „die Wirrung rein irdischer Interessen“ einmischen, doch er ermunterte „zur Einigung der Völker“ und entsandte einen Abgeordneten des Hl. Stuhls zum Europakongress in Den Haag.

Das Wort Europäische Union verwendet Pius XII. erstmals in seiner Ansprache an die Mitglieder der Delegation des Zweiten Kongresses der Europäischen Union der Föderalisten vom 11. November 1948. Die Geschichte zeige, so der Papst, dass Europa einst geeinigt war durch Religion. Die Kultur habe sich jedoch von der Religion getrennt und dadurch sei auch die Einheit verloren gegangen. So sei „Irreligiosität“ eingedrungen,  dieser verdanke Europa „seine Zerrissenheit, sein Elend und seine Unruhe.“ Pius XII. bemängelte, dass die Formulierung „gemeinsame […] Erbschaft der christlichen Zivilisation“ nicht ausreiche. Es müsse zu einer „ausdrücklichen Anerkennung der Rechte Gottes und seines Gesetzes […] mindestens aber des Naturrechts als des festen Grundes, in dem die Menschenrechte verankert sind“, kommen.

Kein Baum kann ohne Wurzeln leben

Christliche Werte gibt es nicht ohne Christentum. Niemand hat dies so eindeutig formuliert wie Schuman selbstAber heute schämt man sich vor der eigenen Geschichte. Das vereinte Europa ist seit seiner Gründung Gefahren von links und rechts ausgesetzt. Dagegen schützt nur das Christentum.

Quellen und Literatur:

  • Pius XII., Soziale Summe, in: Arthur, F., Groner, Joseph F. (Hg.), Aufbau und Entfaltung des geseschaftlichen Lebens. Soziale Summe Pius XII., 3 Bände, Freiburg i.Ue. 1954-1961.
  • Schuman, Robert, Für Europa (deutsche Übersetzung von Dr. Eva Rapsilber), Hamburg/Genf/Paris 1963.

1 Kommentar

  1. Ihr vergesst aber eins: Die Konzeption eines Zusammenschlusses der Völker, wie bei der EU gab es schon bei Kants Schrift „Zum ewigen Frieden“ und Kant war kein Christ.

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