Sonntag, 3. November 2024

Einflussreicher katholischer Denker

Biografie des Theologen, Religionsphilosophen und Jugendseelsorgers Romano Guardini (1885-1968)

Romano Guardini (1885-1968) war Priester und Professor für Religionsphilosophie und christliche Weltanschauung. Er war prägend für die Liturgische Bewegung und die Liturgiereform des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965) und gilt als einer der einflussreichsten katholischen Denker des 20. Jahrhunderts. Er wirkte als Universitätsprediger an der Universitätskirche St. Ludwig in München und war einer der Mitbegründer der Katholischen Akademie in Bayern.

Romano Michele Antonio Maria Guardini wurde am 17. Februar 1885 in Verona geboren. Seine Eltern siedelten 1886 nach Deutschland um und gründeten eine Importgesellschaft in Mainz, wo Romano Guardini aufwuchs und 1903 das Abitur am Mainzer Rabanus-Maurus-Gymnasium ablegte. Guardini studierte in Freiburg und Tübingen Theologie und wurde 1910 im Mainzer Dom zum Priester geweiht. Als Kaplan war Guardini in Heppenheim, Darmstadt, Worms und Mainz tätig. Seine Promotion über die Lehre des heiligen Bonaventura von der Erlösung schloss er 1915 in Freiburg ab. Am Programm des 1918 neugegründeten „Matthias-Grünewald-Verlags“ wirkte Guardini maßgeblich als Berater mit. Guardinis Schrift „Vom Geist der Liturgie“ (1918) erlangte rasche Verbreitung. Sie war ideenleitend für die Liturgische Bewegung und die Liturgische Erneuerung. Nach dem Tod des Vaters und der Rückkehr der übrigen Familie nach Italien entschloss sich Guardini, der bereits 1911 die deutsche Staatsbürgerschaft angenommen hatte, in Deutschland zu bleiben. 1922 wurde er in Bonn habilitiert.

Guardini engagierte sich in der katholischen Jugendbewegung. So war er zunächst in der Mainzer Juventus aktiv, später vor allem im Quickborn, dessen geistliches Zentrum die Burg Rothenfels am Main war. Guardini wurde zum geistlichen Mentor der Quickborner und initiierte die katholische Zeitschrift „Die Schildgenossen“ als Organ der katholischen Jugend- und Kulturbewegung. Von 1927 bis 1933 war er Mitglied der Bundesleitung, von 1927 bis zur Konfiszierung der Burg durch die Nationalsozialisten im Jahr 1939 Burgleiter. Gerade in den Rothenfelser Begegnungen wurden viele Grundsteine für die kurze Zeit später aufbrechende Liturgische Bewegung gelegt, die zur Liturgiereform des Zweiten Vatikanischen Konzils führten.

Das akademische Wirken Guardinis begann 1922 mit Vorlesungen in Dogmatik an der Bonner Universität und Vorträgen bei der Katholischen Akademikertagung. Im April des folgenden Jahres wurde er an die Universität Breslau berufen, jedoch unmittelbar nach seiner Berufung dauerhaft beurlaubt, um als „Ständiger Gast“ Katholische Weltanschauung und Religionsphilosophie an der Friedrich-Wilhelms-Universität Berlin zu lehren. In seine Berliner Vorlesungen bezog Guardini große abendländische Gestalten wie Sokrates, Platon, Augustinus, Dante, Shakespeare, Pascal, Hölderlin, Kierkegaard, Nietzsche, Mörike, Raabe und Rilke ein, mit denen er prüfend auf das Christentum blickte und die er umgekehrt prüfend mit dem christlichen Entwurf verglich. Unter seinen Hörern fanden sich bald auch viele Intellektuelle aus dem protestantischen und dem laizistischen Umfeld. Sonntags predigte er in der St. Benedikt-Kapelle in der Berliner Schlüterstraße vor Studenten.

Ein Teil der zwischen 1932 und 1936 gehaltenen Predigten erschien 1937 in seinem Buch „Der Herr“. Das Buch gilt als eines der Zeugnisse seines Widerstands gegen die nationalsozialistische Weltanschauung. Guardini wandte sich gegen die von den nationalsozialistischen „Deutschen Christen“ propagierte Mythisierung der Person Jesu und verwies auf die enge Verbundenheit von Christentum und Judentum mit dem Hinweis auf die Historizität Jesu. Im Jahr 1939 wurde Guardini von den Nationalsozialisten die Lehrerlaubnis an der Berliner Universität entzogen. Burg Rothenfels wurde konfisziert, Guardini verlor sein Amt als Burgleiter. Er lebte von 1943 bis 1945 im Verborgenen im Pfarrhaus von Mooshausen bei Aitrach im Allgäu bei seinem Studienfreund Josef Weiger.

Nach Kriegsende wurde Romano Guardini an die Eberhard-Karls-Universität nach Tübingen berufen. Eine Berufung auf den Heidegger-Lehrstuhl in Freiburg hatte Guardini abgelehnt. 1948 folgte er einem Ruf der Ludwigs-Maximilians-Universität in München, wo er bis zur Emeritierung 1964 Christliche Weltanschauung und Religionsphilosophie lehrte. Darüber hinaus wirkte er in der Münchner Pfarr- und Universitätskirche St. Ludwig von 1949 bis 1962 als Universitätsprediger. In Hörsaal und Kirche erreichte er eine große Zuhörerschaft und wirkte so in die Öffentlichkeit. Seit 1955 war Guardini durch eine Trigeminusneuralgie, einen Gesichtsschmerz, gesundheitlich beeinträchtigt und musste deshalb 1962 seine Vorlesungstätigkeit in München einstellen. Die Berufung als Konzilstheologe für die Erstellung der Liturgiekonstitution „Sacrosanctum Concilium“ lehnte er aus gesundheitlichen Gründen ab. Am 1. Oktober 1968 starb Guardini 83-jährig in München. Er wurde auf dem Priesterfriedhof des Oratoriums in St. Laurentius bestattet. 1997 wurden seine sterblichen Überreste in die Universitätskirche St. Ludwig umgebettet.

Romano Guardini hat zahlreiche Ehrungen erhalten, darunter den Friedenspreis des deutschen Buchhandels, die Ehrendoktorwürde der Philosophischen Fakultät der Universität Freiburg im Breisgau, die Goldene Ehrenmünze der Landeshauptstadt München, den Bayerischen Verdienstorden, den Orden Pour le mérite für Wissenschaft und Künste, den Erasmus-Preis, das Große Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland mit Stern, die Ehrendoktorwürde der Universität Padua sowie die Medaille „München leuchtet“ in Gold sowie posthum die Ehrendoktorwürde der Universität Bologna. Auf Guardinis Initiative hin entstanden die Akademie für Politische Bildung in Tutzing sowie die Katholische Akademie in Bayern in München. Letztere verwaltet zusammen mit der Bayerischen Staatsbibliothek seinen Nachlass und vergibt seit 1970 den Romano-Guardini-Preis. (ct)

Quelle: E R Z B I S C H Ö F L I C H E S  O R D I N A R I A T  M Ü N C H E N

1 Kommentar

  1. Ich kenne Romano Guardini eher vom Namen her. Sich für eine Liturgiereform einzusetzen ist nicht sündhaft. Auch nicht die Folgen nicht abzuschätzen. Das alles ist kein Hindernis für ein Seligsprechungsverfahren. Sie wissen sicher, welches Gezeter gegen ein solches für Pius XII. gemacht wird.

    Hier geht es um die Folgen. Was ist denn passiert, daß sich die Zahl der Meßbesucher am Sonntag von 1965 bis 1971 halbiert hat? Ich habe dafür eine einfache Erkärung. Die Gläubigen wurden durch das Geschmarre in den Medien während des Konzils schon verunsichert, dann kamen die Neu(igkeiten)prediger, die nicht nur mir persönlich Pein bereiteten und hinterfragten nicht ihren eigenen Glauben, sondern die Lehre. Und die mehr oder weniger Gläubigen hinterfragten ihre Pflichten und blieben im Bett.

    WENN SICH IN DER STABILSTEN ORGANISATION WAS ÄNDERT, DANN HAT DAS WEITREICHENDE FOLGEN.

    Die Folgen sind sichtbar, ein sterbendes Volk. Wo sollen die Priesterberufe herkommen, wenn zeitlebens nur widernatürlich gebumst wird? Die Sexualmoral ist der empfindlichste Bereich einer Gesellschaft.

    Muß ich dafür Beweise vorlegen?

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