Freitag, 19. April 2024

Augustus Tolton: Vom Sklaven zum Priester

„Wir halten diese Wahrheiten für selbstverständlich, dass alle Menschen gleich geschaffen sind, dass sie von ihrem Schöpfer mit bestimmten unveräußerlichen Rechten ausgestattet sind, dass zu diesen Leben, Freiheit und das Streben nach Glück gehören.“

So „selbstverständlich“, wie diese „Wahrheiten“ in der Unabhängigkeitserklärung von 1776 proklamiert wurden, so unselbstverständlich waren und sind sie oft. Das galt auch für Augustinus Tolton (Rufname: Augustus). Er wurde nicht als freier und gleicher Mensch geboren, sondern als Sohn von Sklaven aus Missouri. Dass Tolton als Mensch gleich geschaffen und mit Rechten ausgestattet war, wurde nicht von staatlichen Dokumenten, sondern von katholischen Missionaren anerkannt: 1854, im Jahr seiner Geburt wurde er in der St. Peter’s Church getauft. Im Glauben fand er die Hoffnung und Bejahung, die ihm erst staatlich und später gesellschaftlich verwehrt wurde.

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Ein wichtiger Wandel, raus aus seinem Geburtsschicksal als Sklave, war das Jahr 1861. Der Sezessionskrieg zwischen Nord- und Südstaaten brach aus und in der Hoffnung auf Freiheit floh seine Mutter mit Augustus und seinen Geschwistern ins benachbarte Illinois. Ob die Flucht gelingen sollte oder nicht, ein Ziel blieb bestimmend: Nie wieder Sklave sein! In einer Nacht- und Nebelaktion, unter Schüssen von Soldaten, ohne Gewähr am Leben zu bleiben, gelang die Flucht: Hannibal in Illinois, ein unscheinbarer Ort in den Nordstaaten, wurde zum sicheren Hafen. Toltons Vater war bereits früher geflohen, um im Krieg auf der Seite der Nordstaaten zu kämpfen.

„Glauben Sie wirklich, dass ich Priester werden könnte?“

Kein Krieg wird ohne Tote bezahlt. Auch Toltons Vater musste diesen Preis zahlen. 1865 endete der Krieg mit dem Sieg der Nordstaaten. Augustinus war nun endgültig ein freier US-Bürger. Aber gleichzeitig auch arm, Halbwaise und ungewollt bei vielen weißen Mitbürgern. Er lebte mit seiner Familie in Quincy, Illinois. Seine Schulzeit war von Mobbing und Ablehnung geprägt. Tolton war der einzige schwarze Schüler. Viele Mitschüler und deren Eltern wollten einen schwarzen Klassenkameraden nicht akzeptieren. Akzeptanz und Unterstützung fand er bei zwei Priestern, die auf seinem Weg sehr wichtig waren: Father Schaeffermeyer und Father McGirr.

Augustinus zeigte schon früh eine ausgeprägte Frömmigkeit und Anzeichen einer Berufung zum Priester. Als Tolton 16 Jahre alt war, fragte Father McGirr Tolton daher ganz direkt: „Augustinus, wie würdest Du gerne Priester sein?“ Ganz erstaunt über diese Frage, antwortete Augustinus: „Sie meinen, Herr Pastor, ich kann Priester werden? Ich bin schwarz und ich kann sein, was Sie sind? Herr Pastor, glauben Sie wirklich, dass ich Priester werden könnte?“ „Ich wüsste nicht, warum nicht“, erwiderte Father McGirr ohne zu zögern und ebnete damit den Weg zum ersten schwarzen Priester der Vereinigten Staaten. Aber es sollte kein einfacher Weg werden. Auf die Berufung folgten Jahre des Durchhaltens, der Enttäuschung und Zurückweisung. Alle Priesterseminare und missionarischen Klöster in den USA lehnten ihn ab. Stattdessen arbeitete er in einer Tabakfabrik, um über die Runden zu kommen. Um dennoch irgendwann Priester werden zu können, wurde er von Priestern privat unterrichtet.

„Wenn Gott will, dass du Priester wirst, wirst du Priester werden“, ermutigte ihn Father Schaeffermeyer stets und betone die Wichtigkeit der Geduld. Weitere Jahre vergingen. Dann schließlich, 1880, nach etwa 10 Jahren des Hoffens, Bangens und Zweifelns, gab es ein Priesterseminar, das nicht antwortete: „Wir sind nicht bereit“, sondern: „Wir nehmen Augustinus Tolton als Seminaristen auf.“

Rom: die Rettung

Das Priesterseminar Collegium Urbanum de Propaganda Fide in Rom nahm ihn auf. Der Kontakt war durch amerikanische Franziskaner zustande gekommen. Als Toltons Mutter diese freudige Nachricht hörte, sagte sie zu ihrem Sohn: „Augustinus, vergiss nie die Güte des Herrn“. Am 12. März 1880 wurde Augustinus im Priesterseminar der Propaganda Fide willkommen geheißen. Das Seminar war international, für die Mission bestimmt, so dass Augustinus nicht auffiel. Nach sechs Jahren Ausbildung wurde er am 24. April 1886 in der Lateranbasilika zum Priester geweiht. Einen Tag später feierte Tolton seine erste Messe im Petersdom. Wenige Tage danach wurden die Neu-Priester von Papst Leo XIII. empfangen.

„Amerika braucht schwarze Priester“

Augustinus Tolton dachte, dass er nach Afrika gesandt werden würde. Es gab keine schwarzen Priester in den USA und Afrika schien die beste Lösung zu sein. Aber es kam anders. Einen Tag vor der Priesterweihe kam Kardinal Parocchi, Kardinalvikar Roms, zu Tolton und teilte ihm mit, dass es eine Änderung gebe. Im Gespräch habe Kardinal Simeoni, Präfekt der Propaganda Fide, gesagt: „Amerika braucht schwarze Priester. Amerika wird das aufgeklärteste Land genannt. Wir werden sehen, ob es diese Ehre verdient. Wenn die Vereinigten Staaten auch nie einen schwarzen Priester gesehen haben, müssen sie nun einen sehen.“ Augustinus war nicht glücklich, stimmte aber zu und wurde zurück in die USA gesandt.

Im Juli 1886 erreichte er New York und am 25. desselben Monats wurde er offiziell als Pastor von St. Joseph in Quincy (damals Bistum Alton, heute Bistum Springfield, Illinois), eingeführt. Es wurden keine leichten Jahre. Zwar erfuhr er auch Unterstützung und viele hießen ihn willkommen, aber es gab ebenfalls Rassismus und Ablehnung. Später wechselte er zum Erzbistum Chicago. Father Tolton fiel nicht nur wegen seiner Hautfarbe, sondern auch wegen seiner besonderen Priesterkleidung auf. Da er ein Päpstliches Priesterseminar besuchte, war er mit dem Päpstlichen Haus verbunden und trug ein schwarzes Birett mit roten Quasten sowie eine schwarze Soutane mit rotem Zingulum.

Father Tolton tat alles was er konnte, um als Priester seinen Dienst zu tun: Er ermutigte und stärkte die Menschen, die zu ihm kamen, predigte enthusiastisch und ertrug Schmähungen geduldig. In seiner schwierigen Mission war er oft allein. Das bezeugen die Worte von Caecilia Hubbard Barnett, die Tolton noch zu Lebzeiten kannte: „Er fühlte sich ungewollt von den anderen Priestern. Daher blieb er allein, spielte sein Akkordeon und las viele Bücher. Er war ein Gelehrter. Neben Englisch sprach er Italienisch, Deutsch und Französisch.“

Am 9. Juli 1897, nachdem Tolton von Exerzitien zurückgekehrt war, viel er in der Hitze Chicagos tot um. „Father Tolton is dead“ „Pastor Tolton ist tot“, titelten die Zeitungen einen Tag später. Es war an diesem Tag über 40 Grad heiß, Tolton erschöpft vom jahrelangen Einsatz für Gott und Gemeinde. Er wurde noch ins Krankenhaus gebracht. Es diagnostizierte als Todesursache „Hitzschlag.“

Prozess zur Heiligsprechung Toltons

Das Erzbistum Chicago hat den Prozess zur Heiligsprechung Toltons eingeleitet. Zu den Gründen äußerte sich der kürzlich verstorbene Kardinal George OMI:

„Er wurde angenommen und nicht angenommen. Es ging ihm in Chicago besser als In Quincy, Süd-Illinois, aber es war hart. Und dennoch: Inmitten der ganzen Umstände strahle er Freude aus und das hat mich davon überzeugt: Es ist vielleicht Zeit, dass Tolton zum Heiligen in der katholischen Kirche erklärt wird, zum heiligen Priester, der trotz des ganzen Leidens Freude ausstrahlte, nie zornig war und beharrlich darin, andere Menschen verstehen zu helfen wer Christus ist.“

So Gott will, dauert es nicht mehr lange, bis auf der ganzen Welt gebetet werden kann: „Heiliger Augustinus Tolton, bitte für uns.“

Quelle/ Literatur:

Hemesath SSF, Caroline, From Slave to Priest. The inspirational story of Father Augustine Tolton (1854-1897), San Francisco 2006 (Hier erhältlich).

1 Kommentar

  1. Es ist für einen Priester gar nicht so schlecht, nicht „one of the guys“ zu sein. Wenn man „umstritten“ ist, dann ringt man um jede Predigt.

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