Höher, schneller, weiter, moderner und anders sollte es sein. So das Motto der 60er Jahre. Tradition sollte gebrochen und der Bruch sollte geheiligt werden. „Geist des Konzils“ nennt man die Eigendynamik in der Kirche seit den 60ern, die sich auf Nichts als auf Eitelkeit berufen kann. „68er-Bewegung“ nennt man die gesellschaftliche Entwicklung jener Zeit. Gemeinsam ist ihnen: Sie verfolgten ein subversives Programm, das in der Zerstörung einen großen Aufbruch und eine Befreiung sieht.
Heute hören wir sie in Agonie schreien, sehen die leeren und abgerissenen Kirchen, erleben eine Gesellschaft ohne Orientierung, leiden an einer Zeit ohne Kompass.
Diese Entwicklung ist die natürliche Folge des Gottestodes, der Vertreibung Gottes aus dem kirchlichen und gesellschaftlichen Raum. Was bleibt dann, wenn Gott wegfällt? Ein materialistisches Nichts, das sich auf kalte Ideologien stützen muss, das nicht tragen und nicht trösten kann.
Klingt das unsinnig? Dann lesen wir doch einfach, was die Atheismus-Apostel über unser Leben und unsere Welt sagen:
Jacques Monod, französischer Biochemiker und Nobelpreisträger, sieht in den Erkenntnissen der modernen Naturwissenschaften die Religion als falschen Trost, als Illusion entlarvt. Der Mensch habe seinen Platz „wie ein Zigeuner am Rande des Universums“. Er sieht in der Naturwissenschaft gleichsam eine anti-religiöse Botschaft, die den Menschen seine „totale Verlassenheit, seine radikale Fremdheit“ erkennen lasse. Das Universum sei für seine Musik taub und gleichgültig gegen seine Hoffnungen, Leiden oder Verbrechen. (Jacques Monod, Zufall und Notwendigkeit).
Eine ähnliche Geschichte erzählt Richard Dawkins: „In einem Universum der blinden physikalischen Kräfte und der genetischen Replikation werden einige Menschen verletzt, andere glücklich und du wirst darin weder einen Reim noch einen Grund finden oder irgendeine Gerechtigkeit.“ Es gipfelt im Satz, den man nur im Original wiedergeben kann: „DNA neither cares nor knows. DNA just is. And we dance to its music“ (Richard Dawkins, River out of Eden).
Das sagen die Propheten der Neuen Zeit, die „Wissenschaftler“, die heute ach so populär und doch so leer sind. Nietzsche, Camus und Co geben ihre Philosophie hinzu, am Ende steht das Diktum des Absurden. Atheismus hat ausgedient. Er ist keine Befreiung, keine Alternative. Atheismus ist eine Niederlage. Gehen wir zu den Gewinnern.
Die Tradition ist unsere Antwort
Die Menschheit hat sich nicht selbst erlösen können, weder durch Sex noch durch Drogen. Schon gar nicht durch den Kommunismus und die Politik. Die Heilslehre der 68er und der Konzilsgeister ist krachend zusammengebrochen. Und unter ihren Trümmern bauen junge Menschen das wieder auf, was heilig ist.
Nichts kann damit konkurrieren, vor Gott zu knien, der Israel aus Ägypten befreit und uns auf Golgatha erlöst hat. Kein gesellschaftliches Ereignis kann die Heilige Messe übertrumpfen, in der Gott selbst zu uns kommt. Keine selbstgemachten Rechte können das Naturrecht besiegen, das als ewiges Gesetz in unser Herz geschrieben ist. „Unruhig ist unser Herz, bis es ruht in dir“, schreibt der heilige Augustinus. In unserem Herzen gibt es einen Ort, den niemand füllen kann außer Gott. Je mehr man versucht, die Leere mit Leidenschaften und Lastern zu füllen, desto dunkler wird man.
Immer mehr junge Menschen wachen auf, fragen nach der Wahrheit, nach dem, was wirklich erfüllt und froh macht. Sie landen bei der Tradition, weil sie erfahren, dass dort echte Religion und echte Orientierung zu finden sind. Das moderne Christentum hat außer peinlicher Anbiederung nichts zu bieten. Der traditionelle katholische Glaube hingeben kann die tiefe Sehnsucht des Menschen stillen. Er hat die Heilmittel, die wir brauchen. Er bietet Beichte, die nicht relativiert, Alte Messe, Glaube an die Ehe und das Priestertum und lehrt uns Tugend- und Opferbereitschaft.
Jedes Jahr wächst weltweit die Zahl der jungen Menschen, die zum traditionellen katholischen Glauben Ja sagen – zum Glauben der Apostel, zum Glauben der Heiligen, zum Glauben unserer Großeltern. Diese jungen Menschen sind der christliche Wiederaufbau im 21. Jahrhundert, das Salz der Erde, das Licht der Welt und der Beweis: Gott wirkt auch heute und hat seine Kirche nicht aufgegeben. Die Tradition ist das Te Deum der Gegenwart.
Wer teilt diesen Text fast 400mal. So weltbewegend und aussagekräftig ist er wirklich nicht.
Der Text ist ein schöner Impuls. Wie tragfähig er statistisch belegt werden kann, ist eine andere Frage. Es ist sicher nicht so, dass die doktrinelle und liturgische Tradition die Massenbewegung der Jugend ist. Gesellschaftlich betrachtet ist nur eine Minderheit von Jugendlichen religiös empfänglich. Innerhalb dieses Segments werden sicher mehr junge Menschen von der Trradition als von grauer Durchschnittspfarrei und dortiger neuer Liturgie angezogen. Allerdings stellt man sehr häufig fest, dass Kinder aus Familien, die ausschließlich bei FSSPX praktizieren, spätestens ab dem 18. Lebensjahr nicht mehr in die Kapelle kommen. Diese wenden sich dann zwar meist nicht dem NOM zu, sondern geben jede konfessionelle Glaubenspraxis auf, was dem Mainstream der Gesamtbevölkerung entspricht. Was ich also sagen will, ist erstens, dass Traditionalisten die Glaubensweitergabe nicht besser gelingt als anderen, sondern eher noch schlechter und zweitens, dass man nicht ddm Trugschluss erliegen sollte, das Segment der Jugendlichen, in dem man sich selbst bewegt, für die Jugend als ganze zu halten. Überhaupt – nicht nur religiös – beobachtet man dies: Die Menschen tendieren zunehmend dazu, nur noch ihre eigene Wahrnehmung mit der Realität zu identifizieren. Und noch eine letzte Bemerkung: Auch den ZJ geht der Nachwuchs verloren. Vielleicht geschieht das umso sicherer, desto stärker und geradezu unnatürlich der jeweilige „Glaube“ in einer Gruppe das alles bestimmende Zentrum des Lebens bildet und fast zwanghaft betont ist, ohne wirklich verinnerlicht und deshalb gewissermaßen „locker-entspannt“ integriert zu sein, selbstverständlich-ungezwungen.
Lieber Herr Freiling,
danke für Ihren Kommentar. Ich selbst bin nie bei der FSSPX gewesen, aber kenne einige, die aus dieser Bruderschaft kommen. Was ich oft sehe, ist eine religiöse Grundlage, die auch dann überlebt, wenn man nicht mehr zur Priesterbruderschaft geht. Allerdings möchte ich Tradition ganz klar von Traditionalismus abgrenzen. Traditionalismus lehne ich ab und ich halte ihn für gefährlich, vor allem aus sozial-psychologischen Gedanken, dazu gibt es auch einen Artikel von mir. Ich betrachte die päpstlichen anerkannten Gemeinschaften, die die alte Messe feiern nicht als Traditionalisten, sondern auch Gemeinschaften, die die Tradition betonen.
Die Grundspannung moderne Gesellschaft – katholische Tradition ist natürlich gewaltig. Ganz klar, dass viele weggehen, das ist kaum auszuhalten. Ich habe sehr lange die Anpassungsversuche im amtskirchlichen Kontext miterlebt und halte sie nicht für tragfähig. Letztlich meine ich, dass man sich entscheiden muss: Katholisch oder nicht. Viele werden weggehen und sagen: dann nicht. Wer aber erkannt hat, wer Christus ist, wird bleiben.
@ Melanie: Die „angestmachende pastorale Praxis der vorkonziliaren Kirche“ ist mir altersbedingt unbekannt. Hatten Sie damit negative Erfahrungen?
@ Ignatius: Ihre Auffassung „für jemanden zu beten lässt in diesem Kontext auf selbstgerechte Überhöhung des eigenen Ichs schließen“ könnte man diskutieren. Tatsächlich ist es aber oft so, dass ein argumentativer Austausch zu einer mehr oder weniger „sportlichen“ Nummer wird, ohne dass es gelingt, dem anderen zu vermitteln, was man ihm sagen möchte. Dafür zu beten, dass der andere erfassen kann, was man ausdrücken wollte (wie Herr Jung in seinem Artikel), sollte meines Erachtens nicht pauschal als Selbstgerechtigkeit oder argumentative Ohnmacht gewertet werden.
Hallo Herr Ignatius!
Sie kennen wohl die Attitüde der vorkonziliaren Kirche nicht.
>> Da wird nicht diskutiert! <<
Es gibt nur eine Meinung — und die ist allein richtig.
„Die Heilslehre … der Konzilsgeister ist krachend zusammengebrochen. “
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Hoch geschätzter Herr Jung:
Diese Aussage ist doch nun wirklich un=sinnig!
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Wenn etwas zusammengebrochen ist, dann die angestmachende pastorale Praxis der vorkonziliaren Kirche.
Das Zweite Vatikanische Konzil hat doch Jesus Christus und seine Liebe zu uns wieder in den Mittelpunkt des Glaubens gerückt.
Schade nur, dass inzwischen wieder andere Tendenzen vorherrschen.
Ich bete für Sie.
Das sollte man grundsätzlich füreinander tun. In einem Diskussionsforum sollte man jedoch auf die Argumente anderer eingehen. Nur die Aussage, für jemanden zu beten lässt in diesem Kontext auf selbstgerechte Überhöhung des eigenen Ichs schließen, da man es nicht nötig zu haben scheint, auf die Argumente des anderen einzugehen. Und das sollte man doch können, wenn man meint der andere habe Unrecht – zumindest, wenn man seine Meinung auf tragfähige Argumente baut.
„Das Zweite Vatikanische Konzil hat doch Jesus Christus und seine Liebe zu uns wieder in den Mittelpunkt des Glaubens gerückt.“
Wie denn?
Mit der Fokussierung auf Sozialistisches?
Mit einem Oekumenismus der eher Anbiederung ist, mit Preisgabe eigener Glaubensgrundlagen.
Mit Schickimicki aller Art in Kirchenräumen. Merkt man nicht, dass damit Kirchen entweiht werden, zu Mehrzweckhallen mutieren? Weit hinter einer Haltung von Muslimen oder Juden.