Freitag, 19. April 2024

Wozu ist ein Priester da? – Papst Pius XI. über das katholische Priestertum

„Seit dem Tage, da Wir Uns durch den unerforschlichen Ratschluß der göttlichen Vorsehung auf dem höchsten Gipfel des katholischen Priestertums erhoben sahen, haben Wir unablässig Unsere ganz besondere Aufmerksamkeit und Liebe jenen Unserer zahllosen, gottgeschenkten Söhne zugewendet, die, mit dem Charakter des Priestertums geschmückt, den Auftrag erhalten haben, „Salz der Erde und Licht der Welt“ (Matth. 5, 13 14) zu sein; und in noch höherem Grade jenen lieben jungen Männern, die im Schatten des Heiligtums erzogen werden und sich auf diese erhabene Mission vorbereiten.“

So beginnt die Enzyklika von Pius XI.: „Ad catholici sacerdotii“ vom 20. Dezember 1935. In ihrer sagt Pius XI. was das heilige Priestertum ausmacht:

Der Priester ist der, der opfert

„Zunächst also setzte, wie das Konzil von Trient lehrt (sess. 22 , cap.1 ), Jesus Christus beim letzten Abendmahle das Opfer und Priestertum des Neuen Bundes ein: „Zwar hat sich unser Herr und Gott nur einmal durch den Tod auf dem Altare des Kreuzes dem himmlischen Vater darbringen wollen, um dort unsere ewige Erlösung zu wirken. Es sollte aber sein Priestertum durch den Tod nicht ausgelöscht werden. Deshalb hat er beim letzten Abendmahle, in der Nacht, da er verraten wurde, seiner geliebten Braut, der Kirche, ein Opfer hinterlassen, ein sichtbares Opfer, wie es die menschliche Natur verlangt. Durch dieses Opfer sollte jenes einmalige blutige Kreuzesopfer dargestellt werden, und sein Gedächtnis sollte fortdauern bis zum Ende der Welt und uns seine Kraft zur Tilgung all unserer täglichen Sünden zugewendet werden. Er erklärte sich als ewigen Priester nach der Ordnung des Melchisedech. Seinen Leib und sein Blut brachte er unter den Gestalten von Brot und Wein dem göttlichen Vater dar. Unter den Sinnbildern der gleichen Gestalten reichte er sie seinen Aposteln zum Empfange dar, die er damals zu Priestern des Neuen Bundes einsetzte. Ihnen und ihren Nachfolgern im Priestertum befahl er zu opfern, indem er sprach: ¸Tut dies zu meinem Andenken!‘ (Luk. 22, 19; 1 Kor. 11, 24).

Von da an begannen die Apostel und ihre Nachfolger im Priesteramte jene „reine Opfergabe“ zum Himmel zu erheben, durch die nach Weissagung des Malachias (1, 2) der Name Gottes groß ist unter den Völkern und die, nunmehr dargebracht in allen Teilen der Erde und zu jeder Stunde des Tages und der Nacht, unaufhörlich bis zum Ende der Welt sich opfern wird.

Es ist dies eine wahre und nicht bloß symbolische Opferhandlung. Durch die Versöhnung des Sünders mit der göttlichen Majestät übt sie eine reale Wirksamkeit aus, „da Gott, durch diese Opfergabe versöhnt, die Gnade und die Gabe der Buße verleiht und dadurch Verbrechen und Sünden — auch die schwersten — nachlässt“ (Conc. Trid. sess. 22, cap. 2).

Den Grund hierfür gibt dasselbe Konzil von Trient mit den Worten an: „Es ist ein und dieselbe Opfergabe. Derselbe, der sich damals selbst am Kreuze geopfert hat, bringt jetzt durch den Dienst der Priester das Opfer dar. Nur die Art zu opfern ist verschieden“ (Conc. Trid. sess. 22, cap. 2). Daraus erhellt die unaussprechliche Größe des menschlichen Priesters, der Gewalt selbst über den Leib Jesu Christi hat. Er macht ihn auf unsern Altären gegenwärtig und bringt ihn, im Namen Christi selbst, als unendlich wohlgefällige Opfergabe der göttlichen Majestät dar. „Wunderbar ist das, wunderbar und staunenswert“, ruft da voller Berechtigung der hl. Johannes Chrysostomus aus (De sacerdotio 1. 3, c. 4: Migne, P.G. 48, 642).“

Die Ausbildung des Priesters

„Das Seminar müsst ihr daher, Ehrwürdige Brüder, die ihr mit Uns die verantwortungsschwere Leitung der Kirche teilt, wie euern Augapfel behüten. Es ist und muss der Hauptgegenstand eurer Sorge sein. Besonders sorgfältig muss die Auswahl der Obern, der Lehrer und vor allem des Spirituals sein; denn dieser hat ja einen so innigen und wichtigen Anteil an der Bildung der Priesterseele. Gebt euern Seminaren die besten Priester! Fürchtet nicht, sie auch Aufgaben zu entziehen, die scheinbar wichtiger sind, aber in Wirklichkeit nicht verglichen werden können mit dieser grundlegenden und unersetzbaren Tätigkeit. Suchet sie auch anderswo, wo immer ihr für diese hohe Aufgabe wirklich geeignete Männern findet! Männer sollen es sein, die zuerst durch ihr Beispiel, dann durch ihr Wort die priesterlichen Tugenden lehren, und die es verstehen, mit dem Wissen auch den gediegenen, mannhaften, apostolischen Geist einzuflößen. Sie sollen im Seminar Frömmigkeit, Reinheit, Zucht und Studium zur Blüte bringen. Die jugendlichen Herzen sollen sie in kluger Weise nicht bloß gegen die augenblicklichen Versuchungen festigen, nein, auch gegen die weit schwereren Gefahren, denen sie sich später in der Welt ausgesetzt sehen; denn in ihr müssen sie einst leben, „um alle zu retten“ (1 Kor. 9, 22).

Damit die künftigen Priester jenes zeitgemäße Wissen besitzen — wir Wir oben angeführt haben —, ist es von höchster Bedeutung, dass sie nach einer gründlichen Ausbildung in den klassischen Studien auch gut in der scholastischen Philosophie „nach Art, Lehre und Grundsätzen des Doctor angelicus“ (Cod. Iur. Can. can. 1366, § 2) unterrichtet und geübt werden. Diese Philosophia perennis, wie sie Unser großer Vorgänger Leo XIII. genannt hat, ist ihnen nicht nur für die Vertiefung des Dogmas nötig, sondern bewahrt sie auch wirksam gegen alle Arten moderner Irrtümer: sie befähigt ihren Geist, das Wahre vom Falschen genau zu unterscheiden, und verleiht ihnen in den verschiedensten Fragen oder späteren Studien eine Klarheit des Denkens, die dem anderer, die diese philosophische Schulung nicht erhalten haben, weit überlegen ist, auch wenn diese mit einem ausgedehnteren Einzelwissen ausgerüstet sind.“

Kennzeichen einer echten Berufung

„Wer nach dem Priestertum strebt einzig aus dem edlen Beweggrund, sich dem Dienste Gottes und dem Heile der Seelen zu weihen, und dazu gediegene Frömmigkeit, erprobte Reinheit des Lebens und genügendes Wissen — „genügend“ in dem von Uns oben erklärten Sinn — besitzt oder sich ernstlich darum bemüht, der zeigt, dass er von Gott zum Priesterstand berufen ist.

Wer dagegen, vielleicht von unklugen Eltern gedrängt, diesen Stand erwählen wollte wegen der Aussicht auf zeitliche und irdische Vorteile, die er im Priestertum sieht oder von ihm erhofft, wie es in der Vergangenheit häufiger geschah; wer sich gewohnheitsmäßig gegen Gehorsam und Disziplin vergeht, wer wenig Neigung zur Frömmigkeit, wenig Liebe zur Arbeit und wenig Seeleneifer besitzt; besonders aber wer zur Sinnlichkeit neigt und auf Grund einer langen Erfahrung gezeigt hat, dass er sie nicht zu beherrschen versteht; wer endlich ungeeignet ist für das Studium, so dass er voraussichtlich den vorgeschriebenen Studiengang nicht mit genügendem Erfolg machen kann: alle diese sind für das Priestertum nicht geschaffen! Lässt man sie aber doch gleichsam bis zur Schwelle des Heiligtums kommen, so macht man ihnen den Rücktritt immer schwieriger, ja man treibt sie vielleicht sogar an, aus menschlichen Rücksichten die Schwelle des Heiligtums ohne Beruf und priesterlichen Geist zu überschreiten …

Sie haben daher die Pflicht, zumal wenn aus irgend einem Grunde die Obern nicht eingreifen oder sich schwächlich zeigen, ohne Menschenrücksicht die untauglichen und unwürdigen Alumnen auf die Verpflichtung aufmerksam zu machen, zurückzutreten, solange es noch Zeit ist. Sie sollen sich dabei an die sicherere Auffassung halten, die in einem solchen Falle für das Beichtkind auch die wohlwollendere ist, da sie es vor einem Schritt bewahrt, der für es ewig verhängnisvoll sein könnte.

Aufruf zur Heiligkeit

„Damit aber euer Wirken wirklich von Gott gesegnet werde und reiche Frucht bringe, muss es auf Heiligkeit des Lebenswandels gegründet sein. Diese ist, wie Wir oben erklärt haben, das erste und wichtigste Erfordernis für den katholischen Priester. Ohne sie ist der Wert aller andern guten Eigenschaften gering. Mit ihr können auch weniger begabte Priester Wunderbares leisten. Das zeigen (um nur einige Beispiele anzuführen) der hl. Joseph von Copertino und in neuerer Zeit der schon erwähnte demütige Pfarrer von Ars, der hl. Johannes Maria Vianney, den Wir allen Pfarrern zum Vorbild und himmlischen Patron gegeben haben. Darum „schauet“, so rufen Wir euch mit dem Völkerapostel zu, „auf euern Beruf“! (1 Kor. 1, 26.) Diese Erwägung wird euch eine immer größere Wertschätzung jener Gnade geben, die euch mit der heiligen Weihe zuteilt ward, und wird euch anspornen, „würdig des Berufes zu wandeln, zu dem ihr berufen seid“ (Eph. 4, 1).“

Die vollständige Enzyklika: Ad catholici sacerdotii

Zitate entnommen aus:

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