Donnerstag, 25. April 2024

Kann ich als Katholik Sozialist sein?

Die Frage, ob Christentum und Sozialismus vereinbar sind, stellt sich heute wie damals. Denn viele Christen rennen neo-sozialistischen Programmen hinterher. Also ist es aktueller denn je, für Aufklärung zu sorgen.

Um die Frage nach der Vereinbarkeit von Sozialismus und Christentum zu beantworten, ist es wichtig die Frage zu klären, was die (sozialen) Grundlagen des Christentums und was die des Sozialismus sind. Die Soziallehre des Christentums beruht auf dem Naturrecht. In den Worten Pius‘ XII.: „Das Naturrecht! [„la legge naturale“] Dies ist das Fundament auf dem die Soziallehre der Kirche ruht.“ Jeder Katholik muss daher bei der Unterstützung einer Partei oder Weltanschauung prüfen, ob diese mit dem Naturrecht vereinbar ist. Für Bischof Keller von Münster war das 1957 der Grund zu erklären, dass ein Katholik die SPD nicht wählen könne, weil sie nicht dem Naturrecht folge.

Was ist unter Naturrecht zu verstehen? Thomas von Aquin versteht Naturrecht als secundum rationem – als das, was gemäß der Vernunft ist. Die Vernunft ist das normierende Prinzip der Schöpfungsordnung. Papst Pius XII. sprach in seinen Ansprachen davon, dass es eine eine „absolute[n] Ordnung des Seins und Sollens“ gebe. Die Kirche führe mit diesem Fundament Kämpfe „für die wahre und für die Grundrechte des Menschen.“ Diese Ordnung beinhaltet ewige, unveräußerliche Gesetze, die nicht angetastet werden dürfen. Darunter fallen u.a. das Recht auf Leben mit Beginn der Zeugung, der Schutz und die Förderung der Familie, das Recht auf Privateigentum und das Recht auf wahre Gottesverehrung. Eine Gesellschaft muss nach Meinung Pius‘ XII. so aufgebaut werden, dass es zu einer „ausdrücklichen Anerkennung der Rechte Gottes und seines Gesetzes […] mindestens aber des Naturrechts als des festen Grundes, in dem die Menschenrechte verankert sind“, kommt.

Ist das Christentum nun kompatibel mit Sozialismus? Die schnelle Antwort lautet: Nein. Die ausführliche Antwort lautet: Nein – aber mit Begründung. Und die geht so: Der Sozialismus drängt zum totalitären Gesellschaftssystem, der alle Bereiche umgestaltet, oft ist er eine Art „milde“ Form des Kommunismus. Gustav Gundlach SJ, der 1934 vor den Nazis nach Rom floh, schrieb dazu: „Die nach der Sozialethik wesentl. gesellschaftl. Oganisationsformen, Familie u. Staat, werden im S[ozialismus] teils durch andere Formen ersetzt (freie Ehe, Gemeinschaftserziehung, Kinderrepubliken, kleinere staatsfreie Genossenschafts- u. Gemeinschaftsbildungen)“. Das allein reicht schon, um den Sozialismus als unvereinbar zu erklären. Auf die Abschaffung des Privateigentums und den Kollektivismus, der viele Richtungen des Sozialismus ausmacht, muss man hier gar nicht mehr eingehen.

Das Menschenbild des Sozialismus ist oft utopisch bis naiv. Kultursozialisten „überschätzen“, wie Gundlach schreibt, „die gesellschaftsformende Kraft menschlicher Verstandeseinsicht u. unterschätzen die gesellschaftsspaltenden Kräfte im Willens- und Triebleben.“ Mit anderen Worten kann man christlich sagen: durch die Leugnung der Erbsünde muss man im Sozialismus davon ausgehen, dass der Mensch im Sinne Rousseaus eine Art „edler Wilder“ sei, der nur durch schlechte Erziehung / Gesellschaft böse werde. Ziel des Sozialismus ist daher nicht die Tugendhaftigkeit des Menschen durch Religion und Diziplin, sondern die Befriedigung all seiner Bedürfnisse. Gundlach dazu: „[Den Kultursozialisten] bedeutet S[ozialismus] geradezu Selbsterlösung der Menschheit, Leugnung der Abhängigkeit des Gesellschaftslebens als solchen von Gottes Gnade u. letztlich auch von seinem normierenden Schöpferwillen.“ Die Religion wird so in einer Art Pseudo-Humanismus aufgelöst.

Ziel des Sozialismus ist nach Gundlach die Naturordnung zu ersetzen durch eine voluntaristische (durch den Willen begründete) Vitalität. Wenn man diesen Weg bis zu seinem bitteren Ende geht, steht am Ende die Auflösung der Welt, wie wir sie kennen. Weder Ehe und Familie, noch Mann und Frau, noch der Beginn und das Ende des Lebens sind dann der unantastbaren Würde anheimgegeben. Allein der Wille zur Macht wird entscheiden, wer man ist und was man ist. Erst stürzen Statuen und dann die Gesellschaft.

Siehe auch:

Kann ich als Katholik Kapitalist sein?

Quelle: Pius XII. Ansprache an die Teilnehmer des Internationalen Kongresses für humanistische Studien vom 25. September 1949, mehr dazu hier.

Literatur: Gundlach, Gustav, Sozialismus, in: Lexikon für Theologie und Kirche, Freiburg i.B., 1937.

Siehe auch: Sozialenzyklika Johannes Pauls II., 1991.

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