Freitag, 29. März 2024

Kann ich als Katholik Kapitalist sein?

Diese Frage, ob man als Katholik Kapitalist sein kann, scheint heute bei vielen so genannten konservativen Katholiken gar keine mehr zu sein. Selbst so genannte „papsttreue“ Katholiken sehen sich heute als libertäre Freiheitsapostel, die für „capitalism rulez“ eintreten – so als liege die Alternative zwangsweise im leviathanischen Sozialismus. Freiheit, Fleiß, Leistung seien alles gute Dinge, die durch den Kapitalismus belohnt würden. Kapitalismus sei der Weg ins weltliche Glück und daher unbedingt zu unterstützen. Soll man mit Gordon Gekko ein Credo auf „Greed is Good“ anstimmen?

Das Wort des Herrn gilt auch heute: „Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon. Das alles hörten auch die Pharisäer, die sehr am Geld hingen, und sie lachten über ihn. (Lk. 16, 13 f.). Christus bezeichnet den Mammon als „ungerecht“ (Lk 16,). Wer an eine kapitalistische Verheißung glaubt im Sinne eines weltlichen Himmelreichs durch die Anhäufung von Geld und Gütern, ist näher am Sozialisten als am Christen. Denn er geht auch den Weg den Materialismus und sein Herz hängt mehr an dieser Welt als am ewigen Leben. Der Kapitalist unterscheidet sich vom Sozialisten in der Methode, nicht im Ziel. Sowohl der Kapitalist als auch der Sozialist streben danach, ein irdisches Himmelreich zu errichten. Der Kapitalist möchte dies durch die Privatanhäufung von Geld und Gütern erreichen (Individualismus), der Sozialist durch die gesamtgesellschaftliche Überwindung von Ungleichheit und Unterschieden (Kollektivismus).

Die katholische Soziallehre sieht keinen Platz für eine kapitalistische Weltanschauung, aber einen für eine Marktwirtschaft. Die Mechanismen von Angebot und Nachfrage, Konkurrenz und Wettbewerb dürfen sich nicht auf andere Bereiche des Lebens ausweiten. Oswald von Nell-Breuning sieht im herrschenden Gesetz des Kapitalismus auch eine subversive Kraft, weil dieses Gesetz meist über den reinen Bereich der Wirtschaft hinaus gehe und der gesamten Gesellschaft seinen Stempel aufdrücke: „es macht durch Verneinung jeglicher ständischen Gliederung, Bindung u. Sicherung den gesellschaftl. Platz des einzelnen von seiner in jedem Augenblick in den freien Wettbewerb des Marktes eintretenden, vom Markte zu bewertenden Leistung abhängig (liberal-individualist. Leistungsprinzip).“ So komme es zu einer „Atomisierung u. Labilität der gesamten Gesellschaft und zu seiner unberechtigten Vormachtstellung derjenigen, die eine bessere Marktposition hätten. Die Gesellschaft werde so zur „Markt-Gesellschaft.“

Die Wirtschaft sehe sich nicht mehr als Dienerin der Gesellschaft, sondern als ihre Meisterin. An dieser Stelle erinnert Nell-Breuning an die Sozialenzyklika „Quadragesimo anno“ Pius XI. von 1931 und ihre Kritik an den zerstörten gesellschaftlichen Ordnungen durch den Individualismus.

Nell Breuning warnt insbesondere vor dem „mammonistischen Kapitalismus“, als einer Gesinnung, die alles dem Kapitalprofit unterstelle ohne Rücksicht auf das Gewissen und die Gebote der Gerechtigkeit. Erlaubt sei jedoch die kapitalistische Wirtschaftsweise (vgl. Quadragesimo anno), sie sei „res indifferens“ und nicht „res intrinsecus mala“. Unter den rechtlichen Voraussetzungen von Privateigentum und Vertragsfreiheit sei Kapitalismus nicht normwidrig.

Letztlich, so Nell-Breuning, gehe es nicht um einen „primitiven Anti-Kapitalismus“, der nur die Verhetzung steigere, sondern um sachliche Kritik an Mißständen für den „notwendigen Umbau der heutigen kapitalist. Gesellschaft und Wirtschaft.“ Sein abschließendes Statement hat auch heute Relevanz.

Siehe auch:

Kann ich als Katholik Sozialist sein?

Quelle: Sozialenzyklika von Pius XI., „Quadragesimo anno“ von 1931.

Literatur: Nell-Breuning, Oswald von, in: Lexikon für Theologie und Kirche, Freiburg i.B., 1933.

Siehe auchSozialenzyklika Johannes Pauls II., 1991.

2 Kommentare

  1. Dazu kommt ja noch eine Ökonomie, die das Lebendige auf der Erde ausrottet wie wir es derzeit in einem gigantischen grossen Massensterben in Verbindung mit einem rasant fortschreitenden Klimawandel erleben.

  2. „Die Wirtschaft sehe sich nicht mehr als Dienerin der Gesellschaft, sondern als ihre Meisterin. “
    ………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………………

    Wer, bittsie, ist „die Wirtschaft“?

    Wer ist „die Kirche“, wer „der Staat“?

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

Hat Ihnen der Artikel gefallen?

Mit Ihrer Spende können Sie dafür sorgen, dass es noch mehr davon gibt:

Neueste Artikel

Meistgelesen