Freitag, 29. März 2024

Rezension: „Unterschütterlich im Glauben. Die Autobiografie von Erzbischof Fulton J. Sheen“

Kann man Autobiographien ernst nehmen? „Die biographische Wahrheit ist nicht zu haben“, schrieb Sigmund Freud. Wer Biograph werde, verpflichte sich zur Lüge, zur Verheimlichung, Heuchelei, Schönfärberei und selbst zur Verhehlung seines Unverständnisses, so der berühmte Arzt. Freud war ein Zyniker und Pessimist. Das Landgericht München nicht. In einem Zivilprozess vor einigen Jahren wurde gerichtlich entschieden, dass Autobiographien als Sachbücher gelten, weil sie beanspruchten, tatsächlich Geschehens wiederzugeben.

Wie steht es nun um die Autobiographie von Erzbischof Sheen? Können wir ihr glauben? Fulton Sheen wäre nicht Fulton Sheen, wenn er nicht genau um die Skepsis gegenüber Autobiographien wüsste und sie gleich zu entkräften versuchte. Klug beginnt deshalb sein Buch. Es gebe drei verschiedene Blickwinkel auf das Leben: „1. wie ich es sehe 2. wie andere es sehen 3. wie Gott es sieht.“

Seine eigentliche Autobiographie sei vor 2000 Jahren geschrieben worden – in drei Sprachen. Gemeint ist damit das Kreuz Christi, auf dem INRI in Griechisch, Lateinisch und Hebräisch stand. Die Kreuzigung, die Erlösungstat des Gottessohnes, ist der Grund für jede priesterliche Existenz. Die fromme Referenz soll nicht darüber hinwegtäuschen, dass „Unerschütterlich im Glauben“ natürlich Sheens Autobiographie ist. Es ging Sheen darum, dass wir gleich zu Beginn merken, dass wir ihn nur mit Christus verstehen werden.

„Treasure in Clay“ – Schatz in Ton[gefäßen] lautet der Titel der Autobiographie im Original. Das ist ein Zitat aus dem 2. Korintherbrief 4, 7: „Diesen Schatz tragen wir in Tongefäßen; so wird deutlich, dass das Übermaß der Kraft von Gott und nicht von uns kommt.“ Genau so sah sich Sheen: als Tongefäß, als zerbrechlichen Krug, der durch die Weihe Christus in sich trage. Genau diese Spannung wollte er ausdrücken: die Hohe „Würde und Berufung zum Priestertum“ auf der einen und die „Gebrechlichkeit der menschlichen Natur“ auf der anderen Seite.

Erzbischof Sheens Autobiographie ist im Kern auch genau das: Das Lebenszeugnis eines Gottesmannes, eines Verkünders Christi. Es wird keine schmutzige Wäsche gewaschen, es werden keine alten Rechnungen beglichen. Vielmehr wollte Sheen ein letztes Mal Zeugnis ablegen von dem Ignis ardens, dem brennenden Feuer, das ihn einheizte. Seine Autopbiographie ist ein geistliches Buch, die letzte Ansprache des größten Medienapostels der 50er-Jahre.

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Im zweiten Kapitel „Das Modellieren des Tons“ beschreibt Sheen eindrücklich, wie er aufgewachsen ist: Geboren wurde er am 8. Mai 1895, in El Paso, Illionis. Seine Eltern besaßen ein Eisenwarengeschäft. Das brannte ab und die Familie zog auf einen Bauernhof. Sheen kannte die harte Arbeit auf dem Bauernhof, erfuhr eine christliche Erziehung und seine Eltern beteten jeden Tag den Rosenkranz. Interessant ist, dass Sheen nicht der amerikanischen Versuchung erlag und Arbeit anpreist, sondern sie biblisch korrekt als „Sündenstrafe“ betrachtete – wenn auch als notwendige. Allerdings sah er auch Gewinn in einer Tracht Prügel für die „Entwicklung des Charakters“.

Warum ist Sheen Priester geworden? Interessanterweise erzählte er, dass sein Bischof ihn schon als Messdiener eine Prophezeiung gegeben habe, die so seltsam und konkret ist, dass sie echt klingt. Mehr sei an dieser Stelle nicht verraten. Dann liest man so einiges über die thomistische Ausbildung, die es damals noch gab.

Sehr interessant für alle Konzilskritiker ist Sheens Stellungnahme zum Konzil. Er nahm selbst daran teil und war mit den Spannungen vertraut. Sheen schrieb: „Als das Vatikanische Konzil beendet war und sogar schon vor seinem Ende nahmen die Bischöfe zwei Extreme wahr, die sich in ihren Diözesen unter den Priestern, Ordensleuten und Laien zeigten. All das war auf ein Missverständnis des Wortes ‚Welt‘ zurückzuführen.“ Es folgen interessante Analysen, aber eine generelle Konzilskritik bietet das Buch nicht.

Am Ende kommen noch einige geistliche Impulse. Mit einem beachtlichen Satz schließt Sheens Autobiographie: „[Gottes] größtes Geschenk war jedoch, dass er mich zum Kreuztragen aufforderte, wo ich seine andauernde Selbstoffenbarung erfahren habe.“

Lohnt sich die Lektüre? Auf jeden Fall! Vor allem für junge und verwirrte Priester, die in ihrer priesterlichen Identität unsicher sind, lohnt sich das Zeugnis dieses beispielhaften Priesters und Bischofs.

Der große Fernsehprediger starb am 9. Dezember 1979 in New York City. Schon früh gab es den Wunsch nach einem Heiligsprechungsverfahren. Der Streit unter US-Bischöfen hat es immer wieder verschoben. 2002 wurde es eröffnet. Seit 2012 zählt Sheen zu den „Ehrwürdigen Diener Gottes“.

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Literatur: Unterschütterlich im Glauben. Die Autobiografie von Erzbischof Fulton J. Sheen

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