Freitag, 29. März 2024

Satans Rauch

Zum Apostelfest am 29. Juni 1972 hielt der heilige Paul VI., tief verstört über die Signaturen der Zeit, in der heiligen Messe zum 9. Jahrestag seiner Papstkrönung eine frei vorgetragene Predigt, in der er jene berühmte Redewendung verwendete: „Man möchte sagen, dass durch irgendeinen geheimnisvollen, nein, er ist nicht geheimnisvoll, dass durch einen Riss der Rauch Satans in den Tempel Gottes eingedrungen ist.“ Auf Italienisch: „da qualche fessura sia entrato il fumo di Satana nel tempio di Dio“. Die liturgischen Missbräuche der Nachkonzilszeit führten zu einer Reihe von kritischen Reflexionen von Theologen wie Joseph Ratzinger. Bis heute bleibt dies in Hochgebeten Marke „Eigenbau“ sichtbar. Nach der Zerstörung der Hochaltäre wurden viele Messen ungeniert priesterzentriert gestaltet.

Ein Priesteramtskandidat, der als Mann von Welt erscheinen wollte, fragte den Mainzer Kardinal Hermann Volk zudem, warum er eigentlich liturgische Gewänder tragen solle. Der Bischof antwortete: „Damit Sie darunter verschwinden.“ Doch der Altarraum wurde zur Schaubühne. Neue geistliche Musik hielt Einzug in die Kirchen. Der „Novus Ordo“, die erneuerte Liturgie, war eingeführt worden, und vielerorts herrschte fortan eine neue Unordnung – auch wenn nicht vergessen werden sollte, dass in den 1950er-Jahren und später auch die „Alte Messe“ nicht überall würdig zelebriert wurde. Man denke etwa an deutschsprachige Erläuterungen während der heiligen Messe.

Paul VI. sprach über die Macht des Bösen, nicht nur auf die Liturgie begrenzt. Die Rede von Satans Rauch war für den Papst also weitaus mehr als eine vielsagende Metapher. Schon nach der Publikation der Enzyklika „Humanae vitae“ im Jahr 1968 war der Heilige Vater einer sprungbereiten Feindseligkeit ausgesetzt. In der „Königsteiner Erklärung“ der deutschen Bischöfe wurde ein protestantischer Gewissensbegriff vertreten. Auch von Katholiken wurde der Stellvertreter Christi wurde verhöhnt und verspottet. In der Predigt vom 29. Juni spricht er vom Vertrauensverlust gegenüber der Kirche. Vertraut werde stattdessen dem „ersten besten weltlichen Propheten“ oder auch „der Wissenschaft“. Wer wollte da nicht an prominente Bischöfe der Kirchenprovinz Deutschland denken, die die Lehre der Kirche sogleich mit den von Michel Foucault inspirierten „Humanwissenschaften“ ergänzen und erweitern wollen? Einige sind anscheinend heute der Auffassung, dass etwa die Soziologie der Diversität die einzig wahre Wissenschaft der Gegenwart sein könnte. Auch die kunterbunten säkularen Erneuerungsprogramme des „Synodalen Weges“ sind uns gegenwärtig. Ja, wir leben in einer Zeit der Unterscheidung. Ich traue dem Evangelium Jesu Christi. Sie auch?

Paul VI. sagte weiter: „Man dachte, dass nach dem Konzil ein sonniger Tag in der Geschichte anbrechen würde. Stattdessen ist ein bewölkter Tag angebrochen, ein Tag des Sturms, der Dunkelheit, des Suchens, der Ungewissheit. … Wir versuchen Gräben zu graben, statt sie zuzuschütten.“ (Paul VI.: Segeln im Gegenwind. Dokumente eines bewegten Pontifikates. Hrsg. v. Leonardo Sapienza. Aus dem Italienischen v. Gabriele Stein. Patmos Verlag: Ostfildern 2018, 121) Vielleicht fragen auch Sie sich: Wer agiert heute wirklich als „Traditionis custodes“? Wer schützt die Liturgie und den Glauben der Kirche aller Zeiten und Orte? Wer schenkt Suchenden und Gläubigen ein Obdach und ein geistliches Zuhause?

Paul VI. hat 1972 auf zentrifugale Kräfte im Raum der Kirche aufmerksam gemacht und diese mit dem Bösen in Verbindung gebracht. Was also ist zu tun in Zeiten der Verwirrung? Der selige Mystiker Heinrich Seuse lehrte im 13. Jahrhundert bereits: „Bleibe bei nichts, was nicht Gott ist.“ Das galt damals – und das gilt bis heute. Leitend für all unser Denken, Tun und Beten mag die Weisung des heiligen Apostels Paulus sein: „Leben wir, so leben wir dem Herrn, sterben wir, so sterben wir dem Herrn. Ob wir leben oder ob wir sterben, wir gehören dem Herrn.“ (Röm 14,8)   

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