Wer sich die vielen Gefahren vor Augen f\u00fchrt, die im Verh\u00e4ltnis von Mann und Frau lauern, k\u00f6nnte fast meinen, M\u00e4nner bzw. Frauen seien Wesen, um die man besser einen gro\u00dfen Bogen machen sollte. Und in der Tat: Versuchungen locken \u00fcberall. \u201eDie Versuchung hat drei Merkmale: Sie w\u00e4chst, steckt an und rechtfertigt sich.\u201c (Papst Franziskus) \u2013 Doch m\u00f6glicherweise ist die Furcht vor der Versuchung gar nicht der richtige Weg, um ihr zu widerstehen. Die beste Methode, um den Nachstellungen des Teufels zu entgehen, ist n\u00e4mlich die Liebe. Wenn ich aber nur \u00e4ngstlich-sch\u00fcchtern und mit verschlossenen Augen durch die Welt renne, entgeht mir jede Gelegenheit zu lieben und mich hinzugehen.<\/p>\n\n\n\n
Blicken wir auf den Herrn! Wie ging Jesus mit den Frauen seiner Zeit um? Etwa mit Maria von Magdala oder der Samariterin am Jakobsbrunnen? Die Antwort lautet: V\u00f6llig unverkrampft \u2013 sehr mutig \u2013 und man k\u00f6nnte sogar sagen: \u201elocker\u201c und unkonventionell. Jesus hat weder Hemmungen mit Maria von Magdala ins Gespr\u00e4ch zu kommen, die als besessene Prostituierte bekannt war, noch mit einer Samariterin, deren Volk mit den orthodoxen Juden befeindet war. Im \u00dcbrigen nimmt er sich einer Ehebrecherin an und rettet ihr in beeindruckender Weise das Leben: \u201eWer von euch ohne S\u00fcnde ist, werfe als Erster einen Stein auf sie\u201c (Joh 8, 7). Damit geht er einen Schritt, der f\u00fcr einen orthodoxen Juden seiner Zeit undenkbar gewesen w\u00e4re. Jesus gibt sich mit S\u00fcndern ab und macht sich damit unrein. Vielmehr noch: Er begegnet ihnen in Liebe und nimmt sie sogar als Gespr\u00e4chspartner f\u00fcr tiefgehende theologische Diskussionen ernst. <\/p>\n\n\n\n
Mit anderen Worten: Jesus hat hohe Achtung vor den Frauen seiner Zeit. F\u00fcr ihn sind Frauen und M\u00e4nner nicht nur gleich viel wert, sondern bed\u00fcrfen auch in gleicher Weise seiner liebevollen Begegnung. Jesus geht unverkrampft und unverbl\u00fcmt auf Frauen zu, spricht mit ihnen und heilt sie. Viele Frauen geh\u00f6ren zu seinen engsten Freunden und m\u00f6glicherweise wird sich auch die eine oder andere in Jesus verliebt haben. <\/p>\n\n\n\n
Doch Jesus kennt seine Sendung \u2013 auch in dieser Hinsicht. \u201eIch bin gekommen, um den Armen eine gute Nachricht zu bringen, den Gefangenen die Entlassung und den Blinden das Augenlicht zu verk\u00fcnden und die Zerschlagenen in Freiheit zu setzen.\u201c (Lk 4, 18) Die Sendung Jesu und seine Liebe sind universal. Seine Liebe geht so weit, dass er sich der ganzen Welt verschenken m\u00f6chte. Darum ist sein Lebensstil auch die Ehelosigkeit.<\/p>\n\n\n\n
Vielleicht kann der beeindruckende Umgang Jesu mit dem anderen Geschlecht auch uns dabei helfen, in diesem Punkt zu wachsen. Gehen wir unverkrampft, offen und interessiert in den Tag und lassen wir uns wirklich mit aller Liebe auf den N\u00e4chsten ein. Wenn wir etwa an einer attraktiven jungen Dame bzw. einem attraktiven Herrn vorbeigehen, so brauchen wir unsere Augen nicht aus Angst verschlie\u00dfen oder uns daf\u00fcr sch\u00e4men, dass wir unser Gegen\u00fcber k\u00f6rperlich attraktiv finden. Danken wir Gott daf\u00fcr, dass er seine Sch\u00f6pfung so sch\u00f6n gemacht hat und uns liebt \u2013 etwa mit einem kleinen Sto\u00dfgebet: \u201eIch danke Dir, Gott, dass Du Deine Sch\u00f6pfung so sch\u00f6n gemacht hast. Im Menschen, der Dein Abbild ist, offenbarst Du uns die Sch\u00f6nheit Deiner Liebe!\u201c<\/p>\n\n\n\n
Freilich sollten wir unsere Sinne auch stets unter Kontrolle haben. \u00c4u\u00dfere Sch\u00f6nheit ist nicht alles im Leben. Lassen wir uns zun\u00e4chst auf die Person ein und lernen sie in ihrer Ganzheitlichkeit kennen. So schwer dies manchem fallen wir: Einer Dame tief in den Ausschnitt zu schauen oder ihr Hinterteil zu begutachten m\u00f6gen animalische Instinkte in uns sein, gehen aber an der W\u00fcrde der menschlichen Person vorbei. Vielleicht kann es daher sogar ratsam sein, zu gewissen Personen zun\u00e4chst Distanz zu halten und sich nicht von ihren k\u00f6rperlichen Reizen \u00fcberfluten zu lassen. Ein Schritt zur\u00fcck, ein Blick auf den Boden und andere Abt\u00f6tungen der Sinne k\u00f6nnen hier sehr n\u00fctzlich sein. Lassen wir uns nicht zu Sklaven unserer Sinne und Triebe machen. Allein die Liebe z\u00e4hlt!<\/p>\n\n\n\n
Nicht nur die Psychologie, sondern auch die Erfahrung lehrt uns, dass sich Liebe im Laufe der Zeit ver\u00e4ndert und weiterentwickelt. Am deutlichsten wird dies etwa bei der Ehe. Wohl kaum jemand wird nach 20 Jahren Ehe dieselben Gef\u00fchle empfinden wie beim ersten Kuss als verliebter Teenager. Liebe befindet sich in einem Reifungsprozess. Es ist ein langer Weg vom Verliebt-Sein bis hin zu jener reifen Liebe, die bereit und belastbar genug ist, um Ehe und Elternschaft zu tragen, die auf einer tiefen Treue basiert.<\/p>\n\n\n\n
Am Anfang jeder Liebesbeziehung stehen die gro\u00dfen Gef\u00fchle. Doch wir alle wissen: Diese Gef\u00fchle verfliegen nach einiger Zeit. Gleich beim ersten gro\u00dfen Streit sind sie m\u00f6glicherweise spurlos verschwunden. Was h\u00e4lt die Beziehung dann noch zusammen? Was bleibt als Grundlage dieser Liebe? \u2013 \u00dcbrigens gibt es sogar einige Paare, die diese sehr emotionale Phase \u00fcberspringen \u2013 etwa solche, die sich bereits von Jugend auf kennen und bei denen tiefes Vertrauen gewachsen ist. Sollte aus dieser Vertrauensbeziehung pl\u00f6tzlich eine Liebesbeziehung werden, spielen sicherlich auch Gef\u00fchle eine gro\u00dfe Rolle. Wesentlich f\u00fcr die Beziehung ist allerdings: Ich kenne den anderen mit seinen St\u00e4rken und Schw\u00e4chen und nehme ihn als Person unbedingt an \u2013 ein tiefes Grundvertrauen und eine innige Kameradschaft, die weniger auf Gef\u00fchlen als auf Erfahrung basiert.<\/p>\n\n\n\n
Wer verliebt ist, der erlebt eine Phase der emotionalen Hochstimmung, des Idealismus und der \u00dcberschw\u00e4nglichkeit, zugleich aber auch eine Phase der Blindheit, der Abh\u00e4ngigkeit und der emotionalen Kurzschl\u00fcsse. Das lateinische Sprichwort \u201eamantes amentes\u201c dr\u00fcckt eine einfache Lebenserfahrung aus: Verliebte Menschen verhalten sich wie verr\u00fcckte Menschen. Diese Erfahrung wird gest\u00fctzt vom medizinischen Befund: Ein verliebtes Gehirn entspricht einem Gehirn im Drogenrausch. Und hier zeigt sich auch eine der gef\u00e4hrlichen Seiten der Liebe: Wie Drogen so macht auch die Liebe abh\u00e4ngig. \u201eDie Liebe ist eine Krankheit, die nur der geliebte Mensch heilen kann.\u201c1<\/a> Menschen, die verliebt sind, neigen zu un\u00fcberlegten Aktionen, eben weil ihre Gef\u00fchlswelt sie in ihrer Freiheit einschr\u00e4nkt.<\/p>\n\n\n\n Die Antwort auf diese Ambivalenz des Verliebt-Seins lautet: Reife. Lasst Eure Liebe reifen! Nehmt Euch viel Zeit f\u00fcreinander. \u00dcberst\u00fcrzt nichts. Lernt Euch erst einmal einander kennen, bevor ihr das erste \u201eIch liebe Dich\u201c \u00fcber die Lippen bringt. \u201eIch bin verliebt in Dich\u201c ist etwas anderes als \u201eIch liebe Dich\u201c. Pr\u00fcft Eure Liebe \u2013 aufrichtig, ehrlich und erwachsen. Geht es Euch nur um Sex? Oder empfindet ihr echte Sympathie f\u00fcreinander, die so weit geht, dass ihr Euer ganzes Leben miteinander verbringen k\u00f6nntet? Nehmt Euch wirklich Zeit und beantwortet gemeinsam diese Fragen, so sehr dies in puncto Ehrlichkeit f\u00fcr einen Verliebten werden k\u00f6nnte: Was bedeutet f\u00fcr mich Liebe? <\/p>\n\n\n\n Wo f\u00fchrt diese Liebe hin? Worin findet diese Liebe ihre Vollendung? Was liebe ich an Dir? Was hasse ich an mir? Worin bestehen unsere Gemeinsamkeiten? W\u00e4re ich bereit mein gr\u00f6\u00dftes Hobby f\u00fcr Dich aufzugeben? W\u00e4re ich bereit meinen Beruf f\u00fcr Dich aufzugeben? Bin ich im Falle eines Konfliktes zwischen uns bereit, meine Bed\u00fcrfnisse und Interessen f\u00fcr Dich zur\u00fcckzustellen? Kann ich verzichten? Bin ich bereit, Dir auch die Treue zu halten, wenn Du erkrankst oder Dich grundlegend ver\u00e4nderst? Bin ich bereit Verantwortung f\u00fcr Dich und unsere Kinder zu \u00fcbernehmen?<\/p>\n\n\n\n Wir merken direkt: Liebe ist mehr als Sympathie, Wohlwollen und \u201eSchmetterlinge im Bauch\u201c. Liebe muss auch Verantwortung tragen und ertragen. Sie muss zur\u00fcckstecken und verzeihen. Sie muss bereit sein zu geben ohne zu nehmen, zu lieben ohne Gegenliebe zu erfahren. F\u00fcr einige kann das zur wahren Herausforderung werden, gerade wenn nach einigen Jahren Ehe die \u201eSchmetterlinge im Bauch\u201c verschwungen sind. Wenn dann ausschlie\u00dflich Sex, nicht aber Liebe Fundament der Ehe war, ist es meist vorbei.<\/p>\n\n\n\n Wenn die Liebe Zeit zum Wachsen hat, so kann sie reifen. Genauso wie neuer Wein (Federwei\u00dfer) oder junger K\u00e4se noch nicht besonders ausdrucksstark und edel sind, so ist auch die junge Liebe oft noch sehr unausgegoren und unreif. Oft geht sie von einem romantisch-idealistischen Verst\u00e4ndnis von Liebe aus, das dann sp\u00e4ter zerbricht. Also: Lassen wir die Liebe reifen, damit sie zart, edel und ausdrucksstark werde.<\/p>\n\n\n\n Und dabei muss reife Liebe noch nicht einmal an ihrer Frische verloren haben. Reifen kann die Liebe nur, wenn sie dabei frisch bleibt. Und frisch bleiben kann die Liebe nur, wenn sie frisch gehalten wird, wenn sie immer wieder erneuert wird und wenn sie im Alltag auch gelebt wird. Wenn Eheleute sich wirklich darum bem\u00fchen, einander in Liebe zu begegnen, diese Liebe in kleinen <\/p>\n\n\n\n Gesten des Alltages bekr\u00e4ftigen und daran arbeiten, dass nichts zwischen ihnen steht, bleibt die Liebe auch noch im Alter frisch. Und so passt ein Wort des d\u00e4nischen Schriftstellers Martin Andersen-Nex\u00f6: Liebe bedeutet nicht, miteinander jung bleiben zu wollen. Sondern: miteinander alt werden wollen. Neurologische Untersuchungen bewiesen sogar, dass bei einigen Paaren auch noch nach 20 Jahren Beziehung derselbe Zustand des Verliebtseins herrscht wie \u201eam ersten Tag\u201c. Wahre Liebe und wahres Gl\u00fcck sind also m\u00f6glich!<\/p>\n\n\n\n Gerade diese Liebe, die die Zeiten \u00fcberdauert, ist die reinste Form der Liebe. Sie sieht das Gegen\u00fcber nicht aus der Brille der \u00c4sthetik, des Egoismus, der Begierde oder eines Nutzenkalk\u00fcls: Wie viel muss ich Dir geben, damit ich m\u00f6glichst viel von Dir zur\u00fcckerhalte? Diese Phasen hat sie l\u00e4ngst hinter sich gelassen. <\/p>\n\n\n\n Mit den Worten des hl. Bernhard von Clairvaux: \u201eWo die Liebe auftaucht, f\u00e4ngt sie alle anderen Triebe ein und \u00fcberf\u00fchrt sie in Liebe.\u201c Und darum k\u00f6nnen sich Liebende auch noch im Alter sch\u00f6n und attraktiv finden \u2013 sowohl innerlich als auch \u00e4u\u00dferlich. \u201eSoviel in Dir Liebe w\u00e4chst, soviel w\u00e4chst die Sch\u00f6nheit in Dir. Denn die Liebe ist die Sch\u00f6nheit der Seele\u201c (hl. Augustinus). Oder mit anderen Worten: Menschen, die sich lieben, sind wie Oldtimer: zeitlos sch\u00f6n!<\/p>\n\n\n\n