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Darf ich mich für den Gottesdienstbesuch aufbrezeln? Eine Verbreitung auf dem Felde der Eitelkeit.

Von Franziska Holzfurtner

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Bild: Franziska Holzfurtner

Wenn ich mich Samstag Abend oder Sonntag Früh für die Kirche frisch und fertig mache, dann braucht das für gewöhnlich seine Zeit. Wenn es sich vermeiden lässt, dann würde ich niemals in Jeans, die für mich immer noch unter Alltags- und Arbeitsbekleidung fallen, ungeschminkt oder ungeduscht im Gottesdienst erscheinen.

Im Gottesdienst dann, egal ob es sich um ein Hochfest handelt oder den „gewöhnlichen“ Sonntag, wird mehr als ersichtlich, dass ich mit dieser Einstellung weitgehend alleine bin. Schlabberige Wollhosen und Jeans, Kapuzenpullover, fahle Gesichter, lächerliche Pudelmützen, graue Filzmäntel, Turnschuhe, ausgelatschte Mokassins. In meiner Zeit als Oberministrantin, hatte ich es schwer, Eltern davon zu überzeugen, dass dreckige oder blinkende Turnschuhe genauso wie Gummistiefel, Crocks oder Ugg-Boots (ja, die Schuhe, bei denen „hässlich“ schon im Namen vorkommt) nichts unter der Albe zu suchen haben.

Es geht mir dabei nicht so sehr um ein ästhetisches Urteil im Sinne reiner Geschmacksfragen, es geht um ein Qualitätsargument. Die meisten Gemeindemitglieder investieren am Pfarrfasching sichtlich mehr Zeit und Überlegung in ihr Erscheinungsbild, als an Weihnachten. Ich sage bewusst: Zeit und Überlegung, nicht Geld. Denn ob man sich mit seinem Aussehen Mühe gegeben hat erkennt man auch bei Menschen, die wenig oder gar kein Geld haben. Ob der Anzug, die Bluse, die Hackenschuhe vom C&A, H&M oder vom Flohmarkt sind, ist mir komplett egal. Und ich weiß, dass die aus meiner Gemeinde das alle besser könnten, vom Geburtstag des Pfarrers oder Konzerten in der Kirche, die ihnen bezeichnenderweise eine gehobenere Garderobe wert sind. Ich weiß, dass sie es könnten, also muss ich daraus schließen, dass sie es nicht wollen oder einsehen.

Für mich ist das Anlegen von Sonntagskleidung nicht nur eine Frage der Repräsentativität, es ist Teil dessen, was man unter uns Kulturwissenschaftlern einen „performativen Akt“ nennt. Die Phasen vor Feiertagen sowie die Samstage sind für mich normalerweise Putz- und Arbeitsphasen. Ich mache mein Zeug für die Uni fertig oder erledige die Hausarbeit. Besonders vor Weihnachten und Ostern reitet mich der Putzteufel, zumal ich mittlerweile um Ostern herum auch noch einen Pessachputz zu erledigen habe. Die Arbeit der vorangegangenen Tage hat mich ausgelaugt, ich bin ungewaschen und trage Hausputzklamotten. Ich brauche eine Pause, eine Bremse, einen Schnitt. Also dusche ich, schmeiß die alten Sachen in die Wäsche, feil und lackier mir die Nägel, kurz: stelle den zivilisierten Menschen wieder her, der ich einmal war und erst, wenn ich mich wieder wohlfühle ist Sonntag, ist Feiertag. Offen gestanden: das selbe mache ich auch, bevor ich in die Oper gehe oder ins Konzert.

Für mich ist das Teil des sonntäglichen Rituals und unterdessen klären sich auch wieder die Gedanken und richten sich auf das aus, was kommt (und wir alle wissen ja auch, dass man unter der Dusche die besten Einfälle hat). Wenn ich mir diese Zeit nehme, dann bedeutet dass auch, dass mir der Feiertag, der Gottesdienst wichtig genug dafür ist.

Wie machen das bitte die Leute, deren Vorbereitung daraus besteht, in die Schuhe zu steigen? „Was hab ich heute noch vor? Zahnarzt, Brot kaufen, Kirche…“ So ähnlich zumindest muss das sein.

Natürlich weiß ich, dass die Argumentation – übrigens ähnlich wie bei den Jeans-und-Pullover-Kandidaten in der Oper – dieser Personen eine andere ist: sie wollen sich nicht mit solchen Oberflächlichkeiten aufhalten, sind bewusst demütig und sparsam, wollen nach außen ein Zeichen setzen, dass jeder, auch der Ärmste, in der Kirche willkommen ist, finden, dass Kirche lebendig sein und nicht durch die Steifheit der Sonntagskleidung aus dem Leben gerissen werden sollte, usw., die geneigten Leser kennen die Leier.

Oberflächlichkeit. Ist man oberflächlich, weil man mit allen menschlichen Mitteln versucht und seien sie noch so mangelhaft, sein Bestes zu zeigen?

Schlägt das nicht in die (ver)alte(te) Kerbe, dass Frauen eitel sind und sich nur aufgrund sexuellen Verlangens, Männer des gesellschaftlichen Dünkels wegen schön machen wollen? Daher die mich gelegentlich streifenden abschätzigen Blicke, die etwas Anklagendes haben, daher das bewusste Understatement? Haben wir wirklich noch diese olle, verspießte Moral, dieses viktorianische Bild von Weiblichkeit? Und weiter: bedeuten Schlichtheit und Mäßigung wirklich, dass man sich penetrant alltäglich kleidet?

Ist es nicht Heuchelei, ja mindestens genauso oberflächlich, sich betont ärmlich, scheußlich und uninspiriert zu kleiden, wenn man Besseres im Schrank hat? „Seht her! Ich habe alles zu bieten! Von A- bis D-mut!“?! Ist absichtliche Schäbigkeit nicht die absurdeste und zugleich ekelhafteste, da selbstgerechteste Form von Eitelkeit? Ist das nicht Hohn und Spott gegenüber Personen, die sich wirklich nichts anderes leisten können? Und dienen Kleider, die man zum Gottesdienst trägt nur der Selbstdarstellung, oder sollten sie nicht auch ein Zeichen des Respekts sein, den man einer Situation entgegenbringt?

Das Markusevangelium bietet genau zum Thema angemessene Kleidung ein Gleichnis;

1 Jesus erzählte ihnen noch ein anderes Gleichnis: 2 Mit dem Himmelreich ist es wie mit einem König, der die Hochzeit seines Sohnes vorbereitete.1 3 Er schickte seine Diener, um die eingeladenen Gäste zur Hochzeit rufen zu lassen. Sie aber wollten nicht kommen. 4 Da schickte er noch einmal Diener und trug ihnen auf: Sagt den Eingeladenen: Mein Mahl ist fertig, die Ochsen und das Mastvieh sind geschlachtet, alles ist bereit. Kommt zur Hochzeit! 5 Sie aber kümmerten sich nicht darum, sondern der eine ging auf seinen Acker, der andere in seinen Laden, 6 wieder andere fielen über seine Diener her, misshandelten sie und brachten sie um. 7 Da wurde der König zornig; er schickte sein Heer, ließ die Mörder töten und ihre Stadt in Schutt und Asche legen. 8 Dann sagte er zu seinen Dienern: Das Hochzeitsmahl ist vorbereitet, aber die Gäste waren es nicht wert (eingeladen zu werden). 9 Geht also hinaus auf die Straßen und ladet alle, die ihr trefft, zur Hochzeit ein. 10 Die Diener gingen auf die Straßen hinaus und holten alle zusammen, die sie trafen, Böse und Gute, und der Festsaal füllte sich mit Gästen. 11 Als sie sich gesetzt hatten und der König eintrat, um sich die Gäste anzusehen, bemerkte er unter ihnen einen Mann, der kein Hochzeitsgewand anhatte. 12 Er sagte zu ihm: Mein Freund, wie konntest du hier ohne Hochzeitsgewand erscheinen? Darauf wusste der Mann nichts zu sagen. 13 Da befahl der König seinen Dienern: Bindet ihm Hände und Füße und werft ihn hinaus in die äußerste Finsternis! Dort wird er heulen und mit den Zähnen knirschen. 14 Denn viele sind gerufen, aber nur wenige auserwählt. (Matt. 22, 1-14; Einheitsübersetzung)

Man kann dieses Gleichnis durchaus wörtlich nehmen: Der Mann wird nicht hinausgeworfen, weil er ein ärmliches Kleid trägt – wenn man Leute auf der Straße zusammenfängt, dann muss man auch erwarten, dass man Arme dabeihat, er wird hinausgeworfen, weil er unangemessen gekleidet ist. Unangemessene Kleidung bedeutet: ich habe nicht wirklich vorher nachgedacht, was ich hier mache, es ist mir egal, was der Anlass dieser Veranstaltung ist und eigentlich bin ich mir auch selbst egal. Der Mann weiß ja nicht einmal eine Antwort auf die Frage. Das Evangelium zeigt an der Stelle auch sehr schön, dass die Freude und Feierlichkeit des Sonntags nicht des doppelten moralischen Bodens sauertöpfischer Demut bedarf: wir dürfen uns ruhig freuen und wenn wir ein schönes Gewand haben, dann dürfen wir es auch tragen.

Letztlich frage ich mich, ob all diese Ausreden, bewusste Zurückhaltung, Demut und das ganze Gedöns, ob das nicht nur Ausreden für Gedankenlosigkeit oder, im schlimmeren Fall, für Faulheit sind, wenn sie nicht sogar Ausdruck des Gedankens sind, was besseres, demütigeres und wahrhaftigerereres zu sein, als alle anderen.

Der Sonntagsputz hat seinen Ruf der Spießigkeit, Eitelkeit und Verstaubtheit vollkommen zu unrecht. Auf ihn zu verzichten wäre aus kulturwissenschaftlicher, historischer und auch ästhetischer Sicht, ein herber Verlust.

Franziska Holzfurtner betreibt den Blog Gardinenpredigerin, auf dem sie versucht, liberale, katholische und religionswissenschaftliche Perspektiven zusammenzubringen. Seit diesem Jahr arbeitet sie an ihrer Promotion in Religionswissenschaft.

Der Beitrag Sonntagsputz erschien zuerst auf cathwalk.de und wurde von The Cathwalk verfasst.

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