Martin Luther Archive - cathwalk.de https://www.thecathwalk.de/tag/martin-luther/ Abendland & Alte Messe Sat, 05 Feb 2022 18:37:43 +0000 de-DE hourly 1 https://wordpress.org/?v=6.5.2 https://www.thecathwalk.de/wp-content/uploads/sites/2/2017/04/cropped-Logo-The-Cathwalk-transparenter-Hintergrund-150x150.png Martin Luther Archive - cathwalk.de https://www.thecathwalk.de/tag/martin-luther/ 32 32 Der Revolutionär https://www.thecathwalk.de/2017/04/23/der-revolutionaer/?pk_campaign=feed&pk_kwd=der-revolutionaer https://www.thecathwalk.de/2017/04/23/der-revolutionaer/?pk_campaign=feed&pk_kwd=der-revolutionaer#comments Sun, 23 Apr 2017 08:30:38 +0000 https://www.thecathwalk.de/?p=11021 Von Dr. Michael Kunze Wer Reform will, erneuert das Bestehende mehr oder weniger behutsam. Martin Luther aber stürzte Kirche, Politik und Gesellschaft seiner Zeit um – mit langanhaltenden Folgen, die auch im Jahr des Reformationsgedenkens nachwirken. DRESDEN. Martin Luther wollte keine Spaltung der Kirche, sondern sie reformieren. So lautet der Tenor bei Kirchenvertretern oder Politikern […]

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Von Dr. Michael Kunze

Wer Reform will, erneuert das Bestehende mehr oder weniger behutsam. Martin Luther aber stürzte Kirche, Politik und Gesellschaft seiner Zeit um – mit langanhaltenden Folgen, die auch im Jahr des Reformationsgedenkens nachwirken.

Die einen widmeten ihm Denkmäler, die andern sahen dunkle Wolken mit dem Wittenberger aufkommen: Martin Luther wurde und wird für vieles instrumentalisiert, legte dafür aber selbst die Grundlagen. Foto: Michael Kunze

DRESDEN. Martin Luther wollte keine Spaltung der Kirche, sondern sie reformieren. So lautet der Tenor bei Kirchenvertretern oder Politikern im Jahr des Reformationsgedenkens. Auch katholische Theologen wie Dirk Ansorge von der Hochschule Sankt Georgen sind von der Reformabsicht des Wittenbergers überzeugt. Die Wirklichkeit vor 500 Jahren legt aber einen anderen Schluss nahe: Luthers Wunsch nach Kirchenreform war bald nach Veröffentlichung seiner 95 Thesen wider den Ablasshandel erschöpft. Dann betrieb er so aus- wie tiefgreifend Spaltung und Revolution statt Wandel und Erneuerung des Bestehenden. Bei Luthers Tod 1546 war das „Heilige Römische Reich Deutscher Nation“ geteilt in ein evangelisches, sich konfessionell weiter zerfaserndes und in ein katholisches Lager. Unzählige hatten den Streit mit ihrem Leben bezahlt – lange vor dem Gemetzel des Dreißigjährigen Krieges.

Der antirömische Affekt lebt weiter

Die religiösen und gesellschaftlichen Konsequenzen bis in Familien hinein währten Jahrhunderte. Ältere kennen noch die mitunter dramatischen Umstände, wenn vor 60, 70 Jahren zum Beispiel eine gemischtkonfessionelle Eheschließung zur Debatte stand. Da haben Eltern Kinder enterbt, sich Familien zerstritten, wurde einander verstoßen. Die Spaltung, die Luther mit Fürstenhilfe einleitete, stellte sich als derart gravierend und nachhaltig heraus, dass es bald 500 Jahre brauchte, um sich Luthers und der Ereignisse des Herbstes 1517 ohne Siegesfeier wider die Altgläubigen in Rom zu erinnern, bei der das katholische Deutschland stets als unsicherer Geselle in nationaler Sache abqualifiziert worden war.

Auch Bismarck hielt das noch so; er ließ wenig unversucht, Katholiken zu unterdrücken – im Kampf gegen Zentrumspartei, Konfessionsschulen, kirchliche Ehe. Der antirömische Affekt hielt sich bis weit ins 20. Jahrhundert. Für eine Vielzahl von Katholiken wirkt er abgeschwächt noch immer, wenn sie sich den Umgang deutscher Medien oder Politiker wie der evangelischen Bundeskanzlerin mit Papst Benedikt XVI. im Zusammenhang mit Holocaustleugner und Ex-Piusbruder Richard Williamson in Erinnerung rufen.

Die politischen Auswirkungen von Deutschlands weltweit einmaliger Spaltung sind das eine, das andere die religiösen. Luther hat die Kirche nicht reformiert; er zwang andere, dies zu tun, nachdem er ihr den Rücken gekehrt hatte und schuf parallel dazu eine neue, die das Gegenteil der katholischen sein sollte. Das wird im Verhältnis zum Papstamt offenbar, das Luther anfangs als Ausdruck menschlichen, nicht aber göttlichen Rechts noch akzeptierte. Es zeigt sich auch darin, welche Rolle Kirche als Institution für Lutheraner spielt. Diese unterscheidet sich grundsätzlich von dem, was sie für Katholiken darstellt. Während sie letzteren als Gottes Werkzeug gilt, mit dem er jetzt, direkt, sichtbar in der Welt handelt, ist sie für Lutheraner organisatorisches Mittel zum Zweck.

Die Katholische Kirche beruft sich für die herausgehobene Stellung des Papstes als Nachfolger des Apostels Petrus auf das Matthäus-Evangelium. Dort stehen Jesu Worte: „Du bist Petrus, und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen, und die Mächte der Unterwelt werden sie nicht überwältigen. Ich werde dir die Schlüssel des Himmelreichs geben; was du auf Erden binden wirst, das wird auch im Himmel gebunden sein, und was du auf Erden lösen wirst, das wird auch im Himmel gelöst sein.

Weihe verändert das Amt

Alles, was sich daraus ergibt, deutet der Form nach auf Dauer hin, dazu auf hohe Autorität. Darauf fußt die katholische Hierarchie. Diese leitet die Stellung der Bischöfe, deren erster der von Rom ist, aus dem Handeln in direkter Nachfolge der Apostel ab. Jesus selbst hat sie in die Welt gesandt. Durch Handauflegen wurde diese besondere Würde von den Aposteln, dem Zwölfer-Kreis um Jesus, an die Bischöfe weitergegeben. Lutheraner hingegen kennen kein Weiheamt; die Abfolge des Handauflegens ist bei ihnen unterbrochen. Denn Luther ging vom Priestertum aller Gläubigen aus, zu dem jeder Getaufte berufen ist. Die Landesbischöfe sind eine junge Notlösung, entstanden nach Untergang der Monarchien in Deutschland. Bis dahin waren die Fürsten Oberhäupter der Landeskirchen, dazu gab es als deren „Aufseher“ Superintendenten, Bischöfe hingegen nicht.

Der evangelische Pfarrer wiederum leitet eine Gemeinde mit dem aus Laien bestehenden Kirchenvorstand gemeinsam. Er ist durch sein Theologiestudium zwar religiös besonders gebildet, erhält aber keine Weihe (aus der sich weitreichende Rechte und Pflichten ableiten) wie sein katholischer Amtsbruder. Lutheraner ordinieren ihre Pfarrer. Das heißt, sie werden gesegnet und ausgesandt, um Gottes Wort zu verkünden und die Sakramente zu verwalten. Luther war der Überzeugung, dass es vor Gott nicht auf Leistung ankommt, da Erlösung nur als dessen Gnadenakt denkbar ist (dem schließen sich Katholiken heute weitgehend an). So verbiete sich ein Priesterstand, der durch Weihe, Gelübde, Lebensform über anderen Gemeindegliedern steht.

Während das lutherische „ecclesia semper reformanda“ betont, dass sich „Kirche immerfort wandeln“ muss, um Jesu Botschaft zeitgemäß zu verkünden, hebt die Katholische Kirche Kontinuität hervor. Sie fürchtet den Bruch mit der Tradition wie der Teufel das Weihwasser. Immer geht es darum, die große Linie aus der Zeit Jesu bis in die Gegenwart weiter zu zeichnen – auch mal kurvig, doch ohne Unterbrechung. Dem Zeitgeist wird mit Skepsis begegnet. Nicht allein die Schrift, Luthers „sola scriptura“ – nur das, was in der Bibel steht –, dient als Richtschnur katholischen Christseins. Die Bibel ist vielmehr einer von weiteren, wenn auch ein wichtiger Stein des Hauses Kirche. Ihre Entstehung ist dabei selbst Folge eines kirchlichen Traditionsprozesses: beispielsweise von Konzilsbeschlüssen oder Glaubensprüfungen und Erkenntnisprozessen der Kirchenväter, die die Aufnahme der vier Evangelien von Matthäus, Markus, Lukas und Johannes ins Neue Testament nach sich zogen, während andere Schriften außen vor blieben (die sogenannten Apokryphen).

Kirchenverständnis gilt als Haupthinderungsgrund für weitere Annäherung

Luther war im Wortsinne Fundamentalist; er warf der Kirche vor, sie habe sich zu weit von ihren Wurzeln entfernt, führende Vertreter hätten sich zu sehr diesseitigen Zwecken ausgeliefert und die Gläubigen gleich mit. Was er am Ablass kritisierte, war die Verknüpfung von weltlicher Leistung, klingender Münze, mit jenseitigem Lohn – getreu dem Motto des Pirnaer Predigers Johann Tetzel: „Wenn das Geld im Kasten klingt, die Seele in den Himmel springt.“ Viele Missstände hat die Katholische Kirche nach und nach abgestellt. Schon auf dem Konzil von Trient (1545-1563), das allerdings Jahrzehnte zu spät kam, wurden grundlegende Reformen eingeleitet.

Diese konnten das sich aus dem unterschiedlichen Kirchen- ergebende abweichende Amtsverständnis bei Katholiken und Protestanten nicht mehr zusammenführen, das heute als Haupthinderungsgrund weiterer Annäherung gilt. Es gibt aber zusätzliche Unterschiede wie die Anzahl der Sakramente. Katholiken kennen sieben dieser sichtbaren Zeichen, die die unsichtbare Wirklichkeit Gottes vergegenwärtigen und die die, denen sie gespendet werden, an dieser Wirklichkeit teilhaben lassen: Taufe, Eucharistie (Kommunion/Abendmahl), Beichte, Firmung, Ehe, Krankensalbung, Priesterweihe. Luther hat nur zwei akzeptiert: Taufe und Abendmahl, auch wenn er die Krankensalbung für einen guten Brauch hielt und die Beichte schätzte. Was beim Abendmahl passiert, deutete er teils abweichend vom katholischen Verständnis.

Was das in der Konsequenz bedeutet, mag eine Begebenheit illustrieren, von der im Januar 2007 der „Wiesbadener Kurier“ berichtete: Dem Frankfurter Stadtdekan Johannes zu Eltz war seinerzeit in der Heiligen Messe aufgefallen, dass jemand eine konsekrierte Hostie stehlen wollte. Zu Eltz suchte dies zu verhindern. Der Zeitung gegenüber gab er an, den Leib Christi, denn darum handelt es sich nach katholischem Verständnis, notfalls mit seinem Leben zu verteidigen. Währenddessen berichtet der Ökumenebeauftragte der als sehr konservativ geltenden Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens, Peter Meis, gegenüber dem Autor, dass es in seinem Kirchensprengel den Pfarrern überlassen sei, wie sie etwa mit Wein umgehen, der beim Abendmahl übrigbleibt. „In der Regel wird er weggeschüttet“, sagt er. Nur solche Pastoren, die dem katholischen Verständnis sehr nahe stünden, hielten es anders.

Sakrament, ja oder nein, maß Luther jedenfalls daran, ob ein Zeichen von Jesus selbst eingesetzt worden ist und davon die Bibel entsprechend berichtet. Für ihn galt das nur für die genannten beiden. Auch wenn Meis in der Rückschau von einem „erstaunlichen Reformweg“ der Katholiken spricht, nicht erst seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil, sondern seit Trient, bleiben die genannten großen, maßgeblich von Luther inspirierten Unterschiede, die auch dazu führen, dass es Katholiken beispielsweise (anders als in einem Gottesdienst der Orthodoxen) auf Geheiß der eigenen Kirchenführung nicht gestattet ist, am lutherischen Abendmahl teilzunehmen. Während zudem seit einiger Zeit Frauen in immer mehr lutherischen Kirchen auch jenseits Deutschlands Pfarrer werden können, ist ihnen dies in der Katholischen Kirche verwehrt. Maßstab dafür ist, dass Jesus in den Kreis seiner Apostel nur Männer berufen hat, was die Katholische Kirche gerade nicht als Ausdruck zeitbedingter Benachteiligung von Frauen interpretiert.

Auch wenn in diesem Jahr die Errungenschaften Luthers gewürdigt werden – als Bibelübersetzer, Hochdeutsch-Entwickler, Streiter fürs Selberlesen und Kämpfer wider Korruption in der Kirche –, ändert dies nichts daran, dass er die Kirche („weg von Rom“) und Deutschland selbst gespalten hat. Ausgerechnet letzteres wird selten beachtet, gilt er doch gerade jenen als Leumund, die die nationale Einheit in Abgrenzung zum Anderen entgegen dem allumfassenden, katholischen Prinzip besonders beschwören. Dabei scheiterte Luther mit seinem Ansinnen, eine deutsche Nationalkirche zu schaffen und ein Nationalkonzil einzuberufen. Die Bauernmassen, die sich auf die von ihm proklamierte Gewissensfreiheit beriefen, um auch ihre vielfach prekäre politisch-wirtschaftliche Stellung zu verbessern, ließ er mithilfe seiner fürstlichen Unterstützer totschlagen. Er hielt die Aufrührer für vom Teufel besessen.

Innerkirchliche Reformen trieben statt Luther andere voran

Reformen in der Kirche wollten aber andere, Luthers Zeitgenosse Erasmus von Rotterdam etwa, den Luther beschimpfte. Dabei hatte der sich wortgewaltig mit dem Zustand der Klöster oder der aus dem Ruder gelaufenen Heiligenverehrung auseinandergesetzt: „Wir küssen die Schuhe der Heiligen und ihre schmutzigen Schweißtücher“, schrieb er, „ihre heiligsten und wirksamsten Reliquien aber, nämlich ihre Bücher, lassen wir achtlos liegen.“ Doch der Humanist blieb katholisch, obwohl einige seiner Schriften auf dem Index landeten: „In Luthers Kirche hätte ich eine der Koryphäen werden können“, sagte er, „aber ich wollte lieber den Hass ganz Deutschlands auf mich ziehen, als mich von der Gemeinschaft der Kirche zu trennen.“ Während Erasmus außerdem für die menschliche Willensfreiheit eintrat, verwarf Luther diese. Es kommt so nicht von ungefähr, dass der Wittenberger heute manchen Historikern stärker als Exponent mittelalterlichen Denkens gilt, das er eher fortschrieb, denn als Neuerer – was paradox anmutet angesichts all der Veränderungen, die er bewirkte.

Deutlich wird das zum Beispiel im Teufels- und Dämonenglauben, „dem Luther eine Buchstäblichkeit beließ, die seit dem 13. Jahrhundert nicht mehr selbstverständlich war“, schrieb der Mittelalter-Historiker Kurt Flasch. Außerdem fordere uns die Luther-Verehrung auf, Doctor Martinus aus seiner Zeit heraus zu verstehen, so Flasch, was als bewährtes Prinzip moderner historiografischer Forschung gilt. Es führt aber mit Blick auf Luther zu zweierlei Maß. Während man ihm oder Begleitern einiges als „mittelalterlich“ oder zeitgebunden („die wussten es nicht besser, das muss man verstehen“) durchgehen lässt, zeigt sich der kritische Betrachter gegenüber (katholischen) Zeitgenossen vielfach weniger nachsichtig. Dass Luther die Doppelehe des wichtigen Verbündeten und Landgrafen Philipp von Hessen rechtfertigte – „diese wüssten wir nicht zu verurteilen“ –, taugt oft nur als Fußnote. Aus theologischer Sicht war das unglaublich. Aber die Zustände in Rom!

Doch Luther wollte den nachhaltigen Bruch mit der „alten“ Kirche, dafür brauchte er Verbündete. Und nur wer sich von Gott persönlich beauftragt wähnt, konnte, wie er im Jahre 1522, sagen: „Wer meine Lehre nicht annimmt, der möge nicht selig werden.“ Das lässt sich nicht auf einen Nenner bringen mit dem „Alle sollen eins sein“, das Jesus selbst im Johannes-Evangelium forderte. Nur Abweichler in den eigenen Reihen verurteilte er rigider als Römisch-Katholisches: Die „Irrtümer“ des Wegbereiters der Reformierten Kirche, Ulrich Zwingli, hielt Luther für siebenmal schlimmer als die der „Papisten“. Dabei hatte auch der Apostel Paulus, den Luther verehrte, einst an die Gemeinde in Korinth geschrieben: „Ich ermahne euch aber, Brüder, im Namen Jesu Christi, … duldet keine Spaltungen unter euch.“ Vielleicht nicht in erster Absicht, doch in der Konsequenz hatte Luther sein halbes Leben lang an nichts anderem gearbeitet.

Bild: Jakob Gleisberg

Dr. Michael Kunze (*1982) ist Journalist, Autor, Blogger, Zeitzeuge. Beiträge für Hörfunk und Zeitung (u.a. FAZ, FAS sowie Die Tagespost) zu Politik, Kultur/Feuilleton, Wirtschafts- und Wissenschaftsthemen, Lokalem. Interesse an Kunst, Literatur und Mode, klassischer Gitarrenmusik von Hans Neusidler bis John Dowland, Politik, Sakralarchitektur und (katholischer) Theologie. Zuletzt erschien: „Sigmund Neumann – Demokratielehrer im Zeitalter des internationalen Bürgerkriegs“, Berlin 2015.

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Vergossene Liebe – Der Monat des kostbaren Blutes https://www.thecathwalk.de/2016/07/17/vergossene-liebe-der-monat-des-kostbaren-blutes/?pk_campaign=feed&pk_kwd=vergossene-liebe-der-monat-des-kostbaren-blutes https://www.thecathwalk.de/2016/07/17/vergossene-liebe-der-monat-des-kostbaren-blutes/?pk_campaign=feed&pk_kwd=vergossene-liebe-der-monat-des-kostbaren-blutes#comments Sun, 17 Jul 2016 05:00:15 +0000 http://thecathwalk.de/?p=6678 Von Monsignore Florian Kolfhaus / CNA Deutsch ROM,(CNA Deutsch).- Der heilige Johannes XXIII. war ein großer Verehrer des kostbaren Blutes. Diese Andacht scheint überholt – nicht nur, weil das traditionell am 1. Juli gefeierte Fest des kostbaren Blutes aus dem Kalender gestrichen wurde. „Blut zu verehren“ erscheint wenigstens sonderbar oder weckt Assoziationen an „blutrünstig“, also an […]

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Von Monsignore Florian Kolfhaus / CNA Deutsch

Der österreichische Aktionskünstler Herman Nitsch hat mit eben diesen Bildern auf provokante, oft unerträgliche und blasphemische Weise gespielt. Vor versammeltem Publikum hat er literweise Tierblut vergossen, Messgewänder damit beschmiert und als ekelhaften Höhepunkt seiner Performance Schweine gekreuzigt. Die „aufgeklärten“ Zuschauer, die sich nicht nur ihres vermeintlichen Kunstsinns, sondern auch ihrer jeder Übelkeit trotzenden Mägen zu rühmen glaubten, waren begeistert: „Das ist Kult!“ – Und in gewisser Weise – wenn auch entsetzlich pervertiert – haben sie Recht. „Vergossenes Blut“ ist Kult – genau das ist das innerste Zentrum der heilige Messe: Christi Blut vergossen zur Vergebung der Sünden.

Es ist schon bemerkenswert, dass selbst viele Katholiken die Eucharistie letztlich für ein Gemeinschaftsmahl im Gedenken an den Meister halten, der Brot und Wein austeilt, damit seine Jünger ihn und einander nicht vergessen, während manche Künstler auf schockierende Weise den Opfercharakter des heiligen Geschehens am Altar aufgreifen und für ihre Performance missbrauchen. Nach der Wandlung ist im Kelch kein Wein mehr, sondern jenes Blut, das auf Golgotha vergossen worden ist und – wie es „The Passion“ von Mel Gibson so eindrücklich zeigt – den Soldaten, der die Seite Jesu durchbohrte, am ganzen Leib „befleckte“, um ihn und die Menschheit von jeder Befleckung zu reinigen. Fast alle Religionen, die ein Opfer kennen, bringen auch Blut dar als Sinnbild für das eigene Leben, das Gott angeboten wird. Dramatisch mussten die Juden erleben, wie mit der Zerstörung des Tempels aus einer Opfer- eine bloße Wort- beziehungsweise Buchreligion, aus einer auf das Haus Gottes in Jerusalem hin orientierte Gemeinde, eine Synagoge geworden ist.

Was das erwählte Volk auf dramatische Weise erleiden musste, erleben manche unserer Pfarreien aufgrund eigener Entscheidungen und Unterlassungen: das Verschwinden des Opfers, wenigstens im Wissen und im Glauben ihrer Mitglieder. Das Wort wird zum alleinigen Mittelpunkt, nicht die Darbringung von Jesu Leib und Blut. Damit aber läuft die Kirche Gefahr, das zu verlieren, was das Zweite Vatikanische Konzil als „Mitte und Höhepunkt“ ihres Lebens bezeichnet. Ein guter Freund hat mir von einem jüdischen Gelehrten erzählt, der ihm gesagt habe: „Ich habe den Eindruck, dass evangelische Christen in der Feier ihrer Gottesdienste Erben der Synagoge sind, während bei Euch Katholiken darüber hinaus immer noch der Tempel da ist. Und tatsächlich sind Eure Kirchen nicht nur Versammlungsräume, sondern Haus Gottes – wie das Heiligtum in Jerusalem – in dem, wie ihr glaubt, Gott wohnt und das Opfer seines Sohnes dargebracht wird.“ Er hat Recht!

Vergossenes Blut. Vergebliche Liebe?

„Wissen Sie, was ich nie habe begreifen können? Dass unser Herr, der unendlich gut ist und uns grenzenlos liebt, von den  Menschen so wenig geliebt wird!“ Das war die brennende Frage des heiligen Antonius Maria Claret, der damit immer wieder die ihm anvertrauten Menschen zur Entscheidung herausgefordert hat. „Warum wird das Opfer nicht geliebt?“ könnte man heute fragen und damit durchaus die mehrfache Bedeutung dieses Wortes ernst nehmen. Sein und mein Opfer, seine und meine Hingabe, Jesu Messe und „meine Messe“.

Martin Luther, der in diesen Monaten vor Beginn des Reformationsgedenkens immer wieder in den Medien erwähnt wird, hat um die Frage gerungen „Wie kriege ich einen gnädigen Gott?“. Dieser Gedanke treibt heute kaum noch jemanden um, ja oft scheint es, dass man in der Verkündigung ganz bewusst die Rede von den „letzten Dingen“ – Tod, Gericht, Himmel, Hölle, Fegefeuer – vermeidet. Der heilige Petrus schreibt, dass wir Christen „mit dem kostbaren Blut des Lammes ohne Fehl und Makel erkauft sind“. Diesen Satz kann man nicht verstehen, wenn man sich nicht fragt, was mich nach dem Leben auf Erden erwartet oder – das ist noch wichtiger – wovon mich Jesus erlöst hat.

Christus hat uns vom Sklavenmarkt frei gekauft, um uns als Freunde, nicht als willenlose Knechte ins Vaterhaus zu holen. Er hat den Preis bezahlt – mit seinem Blut. Ja, in seinen Augen sind wir es wert, dass er Tag für Tag den Kelch der heilige Messe füllt, um ihn als Bezahlung für uns erneut auszugießen.

Kein Preis zu hoch

Die heilige Messe ist Kult! Beginnt man zu verstehen, was am Altar geschieht, dann ist die Feier des Opfers Christie nicht mehr vielleicht langweilig erscheinende Liturgie, sondern ergreifendes Geheimnis. Was Nitsch pervertiert hat, um damit zu schockieren und zu provozieren, das wird in der eucharistischen Liturgie als „Geheimnis der Liebe“ gefeiert. Im Verborgenen der Gestalten von Brot und Wein – weil Jesus nicht provozieren, schockieren und abschrecken möchte – vergießt der Herr sein Blut. Die heilige Messe ist Kult, aber keine Show. Liebe ist nicht nur Romantik, Halleluja und Herzflimmern, sondern auch Hingabe und Treue, Opfer und Schmerz. Wo der wahre Begriff der Liebe verschwindet – „Wir versuchen´s mal miteinander, aber wenn’s der eine dem anderen zu schwer macht, dann trennen wir uns.“ – da verschwindet auch das Opfer. Und auch der Umkehrschluss gilt: Wo man nicht mehr um das Opfer weiß, erkaltet die Liebe. Das „vergossene Blut“ Christi ist seine über uns „ausgegossene Liebe“.

Das Wort Gottes ist nicht vorrangig jenes geschriebene, das in der Bibel steht – auch wenn es unfehlbar Jesus bezeugt – sondern Er selbst ist es, wahrer Gott und wahrer Mensch aus Fleisch und Blut. Dieses Ewige Wort des Vaters ist in der Konkretheit der Gestalten von Brot und Wein auf unserem Altar. Niemand der liebt, begnügt sich mit Fotos und Briefen des Geliebten, so wertvoll sie ihm auch sind, sondern sucht die wirkliche Begegnung. „Für euch vergossen“ heißt es in den Wandlungsworten. „Für mich“ gibt Christus sein kostbares Blut, sein Herzblut. Ist er der teure Preis, den es für meine Sünden zu bezahlen galt, so ist er auch – das ist die andere Seite ein und derselben Medaille – „mein Schatz“ verborgen im Kelch. Er ist der Preis, der für mich entrichtet wurde; er ist aber auch der Preis, den ich gewinne, wenn ich ihm vom Sklavenmarkt folge und nicht meine eigenen Wege gehe.

Die Andacht zum kostbaren Blut, die dem Papa buono, dem guten Papst Johannes XXIII. so wichtig war, ist keine überkommene Form der Frömmigkeit. Sie ist – ähnlich wie die Verehrung des Herzens Jesu – ganz konkreter Ausdruck des Bekenntnisses zu Jesus, dem einen und einzigen Erlöser, der sein Blut als Opfer vergossen hat. Er ist die Liebe, die liebt und geliebt werden will – nicht als abstrakte, platonische Idee, sondern als Freund, „begreifbar“ und doch unbegreiflich im Geheimnis der Eucharistie, im Mysterium seines Fleisches und Blutes.

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Mythos Hexenverbrennungen: Fünf Irrtümer, die Sie beachten sollten! https://www.thecathwalk.de/2016/06/26/mythos-hexenverbrennungen-fuenf-irrtuemer-die-sie-beachten-sollten/?pk_campaign=feed&pk_kwd=mythos-hexenverbrennungen-fuenf-irrtuemer-die-sie-beachten-sollten https://www.thecathwalk.de/2016/06/26/mythos-hexenverbrennungen-fuenf-irrtuemer-die-sie-beachten-sollten/?pk_campaign=feed&pk_kwd=mythos-hexenverbrennungen-fuenf-irrtuemer-die-sie-beachten-sollten#comments Sun, 26 Jun 2016 14:00:11 +0000 http://thecathwalk.de/?p=6066 Von Josef Bordat „Es gibt wohl kein Thema, über das soviel Unfug geschrieben wird, wie über die Hexenverfolgung.“ CLAUDIA SPERLICH Geschichtsbilder werden gemacht. Anders geht es ja auch gar nicht, schließlich kann Niemand die Zeit zurückdrehen, um sich persönlich von historischen Gegebenheiten ein eigenes Bild zu machen. Rekonstruktionen (vor allem räumliche) prägen also unser Bild […]

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Von Josef Bordat

„Es gibt wohl kein Thema, über das soviel Unfug geschrieben wird, wie über die Hexenverfolgung.“

CLAUDIA SPERLICH

Geschichtsbilder werden gemacht. Anders geht es ja auch gar nicht, schließlich kann Niemand die Zeit zurückdrehen, um sich persönlich von historischen Gegebenheiten ein eigenes Bild zu machen. Rekonstruktionen (vor allem räumliche) prägen also unser Bild vom Vergangenen. Wenn diese falsch sind, weil sie auf fehlerhaften Annahmen basieren, ist das Bild, das wir haben, ein falsches. Besonders bei Themen, die bis heute emotional aufgeladen sind, setzen sich die Bilder durch, die das Befinden der Mehrheit bedienen. Ob sie wahr sind, ist zweitrangig.

Die fehlerhaften Darstellungen in populärwissenschaftlichen Medienberichten und die daraus folgenden Fehlurteile basieren dabei zum Teil auf waschechten Fälschungen. Ein gutes Beispiel dafür ist das Thema „Hexen“. Oft ist zu hören und zu lesen: „Die (katholische) Kirche hat im Mittelalter Millionen von Frauen in Europa als Hexen verbrannt, bevor die Aufklärung kam und dem Spuk ein Ende bereitete.“ In dieser Aussage stecken fünf Fehler.

Die meisten Hexenverbrennungen gab es in der Frühen Neuzeit

Erster Fehler: Die Zeit. Die meisten Hexenverbrennungen gab es in Europa nicht im Mittelalter, sondern in der Frühen Neuzeit; die letzte Hexe wurde in Deutschland 1775 verbrannt – die Aufklärung war da schon ein Jahrhundert lang der Hauptstrom europäischer Geistesgeschichte.

Zweiter Fehler: Die Opfer. Es waren nicht „8 oder 9 Millionen Opfer“, wie die NS-Propaganda vermutete, sondern – nach derzeitigem Forschungsstand – etwa 50.000. In 350 Jahren europäischer Hexenverfolgung (1430-1780). Die Christenverfolgung führt übrigens jedes Jahr zu mehr als doppelt so vielen Opfern. Es wundert daher schon, dass man als katholischer Christ wesentlich häufiger auf die Hexenverfolgung angesprochen wird, die seit einem Vierteljahrtausend der Vergangenheit angehört (jedenfalls soweit es eine europäische, „christlich“ motivierte war), als auf die Christenverfolgung, die jetzt stattfindet. Die Opfer waren darüber hinaus nur in Deutschland mehrheitlich Frauen, sonst war das Geschlechterverhältnis zahlenmäßig mindestens ausgeglichen, z. T. waren die Männer in der Mehrzahl; in Island waren 90 Prozent, in Estland 60 Prozent der Opfer Männer.

Dritter Fehler: Die Täter. Rund die Hälfte der 50.000 Opfer lebte auf dem Gebiet des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation. Wenn man davon ausgeht (und davon darf man aufgrund der Quellenlage wohl ausgehen), dass die Opfer zahlenmäßig zwischen protestantischen und katholischen Gebieten des Reichs ungleich verteilt waren – zu Lasten der protestantischen Gebiete –, dann hat die Katholische Kirche die Verantwortung für etwa 10.000 Todesopfer.

Interessant ist auch der Zusammenhang von Inquisition und Hexenverbrennungen: Nur an einigen hundert der über drei Millionen Hexenprozesse (Schuldspruchquote: 1,5 Prozent) war die Inquisition beteiligt. Die Hexenprozesse fanden in der Tat vor weltlichen Gerichten statt. Die Inquisition interessierte sich nämlich hauptsächlich für Ketzer, nicht für Hexen. Im katholischen Spanien hat es keine Hexenverfolgung gegeben – wegen der Inquisition. Auch in Italien sorgte die Inquisition dafür, dass so gut wie keine Hexe verbrannt wurde. In Rom – dem vermeintlichen Zentrum des Grauens – wurde nie eine Hexe oder ein Zauberer verbrannt. Die Katholische Kirche hat die Hexenverfolgung niemals offiziell bejaht.

Der Hexenhammer

„Ja, aber der ,Hexenhammer‘!“ Oft wird unterschlagen, wie es eigentlich zu dem berüchtigten „Hexenhammer“ (Malleus Maleficarum, 1486) kam. Heinrich Kramer (Institoris) schrieb ihn, weil er in Innsbruck erfolglos einen Hexenprozess angestrengt und kurz darauf des Landes verwiesen wurde. Von wem? Vom Bischof Georg Golser. Der „Hexenhammer“ ist eine Reaktion darauf gewesen. Die Bulle, auf die sich Kramer in Innsbruck berief, Summis desiderantes affectibus (1484), enthielt im Übrigen die Aufforderung, verdächtige Personen ernsthaft zu prüfen und bei bestätigendem Ergebnis zurechtzuweisen, zu inhaftieren und zu bestrafen – nicht aber, sie zu verbrennen. In der Praxis hat das den Hexenwahn eher gemindert als befördert. Kirchenrechtlich hat die „Hexenbulle“ übrigens nie Bedeutung erlangt, maßgebend war immer der Canon episcopi, der Hexenglaube als Einbildung ablehnte und bis zur Kirchenrechtsreform von 1918 im maßgeblichen CIC enthalten war; „Summis desiderantes affectibus“ taucht dagegen in keinem Verzeichnis auf. Wie gesagt:

Die Katholische Kirche war gegen die Hexenverfolgung – im Gegensatz zu Luther und Calvin. Martin Luther war ein Verfechter der Hexenverfolgung, denn er war überzeugt von der Möglichkeit des Teufelspaktes und des Schadenszaubers. In einer Predigt vom 6. Mai 1526 sagte er über Hexen und Zauberer: „Sie schaden mannigfaltig. Also sollen sie getötet werden, nicht allein weil sie schaden, sondern auch, weil sie Umgang mit dem Satan haben.“ – Fairerweise muss man aber sagen, dass sowohl katholische wie auch protestantische Theologen gegen den Hexenwahn angekämpft haben. Neben Jesuiten wie Spee und Laymann etwa Johann Weyer (Konfessionszugehörigkeit umstritten, wahrscheinlich Konvertit) und der reformierte Anton Praetorius.

Der Schwerpunkt der Hexenverfolgung ist in Afrika

Vierter Fehler: Der Ort. Der Schwerpunkt der Hexenverfolgung lag nicht in Europa, sondern liegt im heutigen Afrika: „Die intensivste Hexenverfolgung“, so schreibt der Theologe Richard Schröder in Abschaffung der Religion? Wissenschaftlicher Fanatismus und die Folgen (2008), „fand 2001 statt“, und zwar im „östlichen Kongo“. Dort hat sie alles andere als „christliche“ Gründe. Es gibt Schätzungen, die im Zusammenhang mit Hexenkulten im heutigen Afrika von mehreren tausend Opfern jährlich ausgehen. Dieser Umstand ist hierzulande meist unbekannt.

Fünfter Fehler: Das Ende. Interessant ist auch, wie der Hexenwahn – in Europa! – sein Ende fand. Noch einmal Schröder: „Durch die Aufklärung, sagt man. Das stimmt so nicht. Er kam nämlich schon im 17. Jahrhundert weithin zum Erliegen.“ Es gab nämlich massiven Widerstand. „Die Gegner waren Theologen und Juristen, die sich als Christen verstanden.“ Einer davon war der schon erwähnte Friedrich Spee von Langenfeld. 1631 erscheint sein Hauptwerk, die Cautio criminalis („Rechtliches Bedenken wegen der Hexenprozesse“), die nur wenige Woche nach Erscheinen vergriffen ist. In diesem Buch entlarvt er die Hexenprozesse als Farce und die Vollstreckung der Urteile als Mord. Im Zentrum der Kritik steht die Anwendung der Folter, die damals zur Wahrheitsfindung eingesetzt wurde. Spee hält Folter zwar auch für moralisch verwerflich („Kein deutscher Edelmann würde ertragen können, daß man seinen Jagdhund so zerfleischte. Wer soll es da mit ansehen können, daß ein Mensch so vielmals zerrissen wird?“), doch zunächst für juristisch untauglich, weil sie in der Rechtspraxis zur fehlerhaften Beweisaufnahme führe. Friedrich von Spee war übrigens katholisch.

Mangelndes Richtigstellungsinteresse der historischen Forschung

Wie kommt es aber, dass ein Satz mit fünf Fehlern zum „Basiswissen“ des „aufgeklärten“ Deutschen gehört? Nun, dafür ist wohl mangelndes Richtigstellungsinteresse innerhalb der historischen Forschung in Deutschland verantwortlich. Interessant in dem Zusammenhang, dass offenbar erst 1975 durch die Arbeiten von Norman Cohn und Richard Kieckhefer geklärt wurde, dass die von Etienne Leon de Lamothe-Langon in seiner Histoire de l’Inquisition en France (1829) beschriebenen Massenprozesse und -hinrichtungen im Zuge der Hexenverfolgung im Frankreich des 14.[sic!] Jahrhunderts frei erfunden waren, wie die Mediävistin Jenny Gibbons in einem interessanten Artikel darlegt.

Nachdem die Forschungskommunität anderthalb Jahrhunderte lang keinen Anstoß daran nahm, dass der Verfasser der „Inquisitionsgeschichte in Frankreich“ keine Belege für seine Behauptungen anführt und keine Quellen nennt, ist nun deutlich herausgearbeitet worden, dass man für weitreichende Behauptungen, wie etwa die, dass an einem einzigen Tag 400 Hexen ermordet worden seien, Behauptungen anführen und Quellen nennen sollte. Diese Klärung erfolgte erst, als die Fiktion de Lamothe-Langons längst in der Geschichtsschreibung tradiert war und infolgedessen als unumstößliches Faktum die Stammtische erobert hatte. Wir erinnern uns: Geschichtsbilder werden gemacht.

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