Hannes Kirmse Archive - cathwalk.de https://www.thecathwalk.de/tag/hannes-kirmse/ Abendland & Alte Messe Thu, 08 Jul 2021 15:21:32 +0000 de-DE hourly 1 https://wordpress.org/?v=6.5.2 https://www.thecathwalk.de/wp-content/uploads/sites/2/2017/04/cropped-Logo-The-Cathwalk-transparenter-Hintergrund-150x150.png Hannes Kirmse Archive - cathwalk.de https://www.thecathwalk.de/tag/hannes-kirmse/ 32 32 Über „300 Jahre gläubige & ungläubige Theologie“ von Georg May https://www.thecathwalk.de/2017/07/18/300-jahre-glaeubige-unglaeubige-theologie-georg-may/?pk_campaign=feed&pk_kwd=300-jahre-glaeubige-unglaeubige-theologie-georg-may https://www.thecathwalk.de/2017/07/18/300-jahre-glaeubige-unglaeubige-theologie-georg-may/?pk_campaign=feed&pk_kwd=300-jahre-glaeubige-unglaeubige-theologie-georg-may#comments Tue, 18 Jul 2017 10:00:22 +0000 https://network.cathwalkmediengruppe.de/thecathwalk/?p=11663 Eine Buchrezension von Hannes Kirmse Theologie kann als „vorpolitischer Raum“ der Kirche gesehen werden. Wie Ideen und Weltbilder ihre entsprechenden Vordenker haben, so ist auch das, was von der Kirche gesprochen und gepredigt wird, einmal bewußt ersonnen worden. Es treten zahlreiche Akteure auf, die um die rechte Lehre und die korrekte Wiedergabe der Frohen Botschaft […]

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Eine Buchrezension von Hannes Kirmse

Theologie kann als „vorpolitischer Raum“ der Kirche gesehen werden. Wie Ideen und Weltbilder ihre entsprechenden Vordenker haben, so ist auch das, was von der Kirche gesprochen und gepredigt wird, einmal bewußt ersonnen worden. Es treten zahlreiche Akteure auf, die um die rechte Lehre und die korrekte Wiedergabe der Frohen Botschaft bemüht sind, die aber in immer größer werdender Zahl auf jene treffen, die sich zu mehr oder minder offenen Feinden der Kirche, ihrer Tradition und ihres verbindlichen Lehramts erklärt haben. Es finden teils heftige Auseinandersetzungen statt, die man allein durch die Verwendung von Begriffen wie Keuschheit oder Sünde entfachen kann.

Die angeleitete Herausbildung des Glaubens in jedem konkreten einzelnen Getauften wird zusehends schwieriger. Jeder will auf seine Weise mitreden. Laien wollen den Priestern vorschreiben, was und in welcher Weise sie etwas zu sagen haben. Nun finden sich hier eben keine Politiker mit Unternehmensvertretern in den Lobbys in informellen Runden zusammen. Hart auf hart geht es zu in den theologischen Seminaren und Fachkreisen. Nicht nur die Ausdifferenzierung des Wissenschaftsbetriebes hat dazu geführt, daß die Gräben ihre Vertiefung fanden. Das geht über die klassische Gegenüberstellung von Protestantismus und Katholizismus mittlerweile weit hinaus.

Karl Rahner und Uta Ranke-Heinemann

Da ist etwa eine Uta Ranke-Heinemann, die als bis in die 1970er Jahre hinein als katholische Theologin beständig gegen das Papstamt und die kirchliche Sexualmoral gewettert hat. Sie ließ es gipfeln in ihrer Publikation „Eunuchen für das Himmelreich – katholische Kirche und Sexualität“, die mehr Fragen aufwirft als tatsächlich beantwortet. Da ist aber auch ein Karl Rahner, der die theologische Angleichung an den Marxismus suchte. Über den Zerwürfnissen sieht man sich gerade als Laie der Problemstellung ausgesetzt, daß man das dezidiert Katholische nicht mehr auf den ersten Blick für sich und seinen Erkenntnishorizont ausmachen kann.

Was ist überhaupt eine katholische Denkart, was eine genuin protestantische? Darf und kann man die Geister scheiden? Im inner- und außerkirchlichen Konsens haben sich Verwirrung und Gleichgültigkeit breitgemacht. Wenn man sich mit heutigen Theologiestudenten unterhält, erfährt man recht schnell, daß sehr viel von der Welt und ihren Anliegen geredet, aber verhältnismäßig wenig von dem Glauben und seinen Inhalten gesprochen wird. „Die Kirche mag ja gut und schön sein, aber Jesus Christus war schlußendlich für alle gleichermaßen da.“ – So mag die Grundeinstellung vielerorts sein. Doch ist die Lage deshalb hoffnungslos? Stehen die Verteidiger der Kirche und ihres Lehramts nicht schon längt auf gänzlich verlorenen Posten?

Georg Mays Veröffentlichung

Prof. Dr. Georg May

Der 1926 in Niederschlesien geborene Theologe Prof. Dr. Georg May, der seines Zeichens seit 2011 auch apostolischer Protonotar ist, dürfte vielen nicht unbekannt sein. Insbesondere durch seine profunden und glaubensstarken Vorträge ist er immer wieder hervorgetreten. Von ihm verurteilt wird ein von vielen falsch verstandener Ökumenismus, der in immer harscher werdender Schrittfolge auf eine Relativierung und Infragestellung überlieferter, ja geoffenbarter katholischer Lehrinhalte zugeht. Er zeigte beispielsweise auf, wie der Priestermangel, der in nahezu allen deutschen Diözesen beklagt wird, hausgemacht ist. Pastoralpläne und Strukturreformen, so sagt er, mögen zwar ihre Berechtigung haben, aber Priester wollen erbeten werden. Er ist ein unbedingter Fürsprecher des Priesteramtes an sich.

Das unablässige Gebet für Priesterberufungen, so beklagt er, ist vielerorts zum Erliegen gekommen. Es habe eine Glaubensverflachung Einzug gehalten, der nur das fortwährende Bestreben um Glaubensvertiefung entgegengesetzt werden könne. May ist mit seinem Werk „300 Jahre gläubige und ungläubige Theologie“ daran gelegen, einen grundlegenden Beitrag zur erneuten Glaubensvertiefung, zu einer Rückbesinnung auf das Wesentliche zu liefern.

Schonungslose Orthodoxie

Dieses Buch ist schonungslos – gerade aufgrund seines Umfangs. Auf gut eintausend Seiten wird geradlinig aufgezeigt, welchen Herausforderungen der katholische Glaube in der weitreichenden Vergangenheit seit dem Einsetzen der Aufklärung im 18. Jahrhundert ausgesetzt war und es bis heute zum Teil in noch verstärktem Maße ist. Orthodoxie stellt für ihn nichts Verwerfliches dar, bedeutet sie doch schon dem Wortsinn nach die Suche nach dem rechten, ja angemessenen Glauben und nach einer Kontinuität in dessen Interpretation und Anwendung. In seiner Hinführung erweitert der Autor die bereits im Titel genannte Trennlinie zwischen gläubig und ungläubig um die Adjektive „aufbauend“ und „abbauend“. Die Verwendung seiner Sprache ist einleuchtend, handelt es sich doch bei der Theologie um ein ganzes Lehrgebäude, das mühsam Stein für Stein erbaut wurde, um dem Glauben feste und damit verortbare Räume geben zu können.

Die feingliedrige Strukturierung von Mays Opus mit Hauptteilen, Abschnitten, entsprechenden Unterkapiteln und dazugehörigen Paragrafen will der hochkomplexen Architektur des Lehrgebäudes gerecht werden. Sie reicht von den analytischen Grundlagen, in denen der Revisionismus mit seiner Umwertung des aus der Heiligen Schrift Gegebenen und dessen Absichten, sowie auch die Differenzierung von Ultramontanismus, also unbedingter Romtreue und Protestantisierung erläutert wird. Sie geht weiter mit der eingehenden Beleuchtung von protestantischen und katholischen Theologen. Es wird auf den bis 1967 geltenden Antimodernisteneid verwiesen, dessen anschließendes Fehlen Papst Paul VI. durch die Einführung des Credos des Gottesvolkes zu kompensieren versuchte. Der Aufbau gleicht in seiner Abfolge, bis hin zu einer zentralen Conclusio, einem umfangreichen Treppenhaus. Es treffen Neo-Modernismus, eine sogenannte Geschichtlichkeit der Wahrheit und Theologenpluralismus auf Glaubenssinn und den gläubigen Rest. Nun wird schon ersichtlich, daß das Gebäude der genuin katholischen Theologie von vielen ausgehöhlt wurde.

Fremde Stimmen

Stimmen wurden in den Räumen laut von Personen, die sich eigentlich gar nicht wirklich in ihnen aufhalten wollten, denen das Gebäude an sich fremd war. Vieles erscheint als fragil und mit ungläubiger Skepsis überzogen. Der Autor geht in die Tiefe, er will den wirklichen Problemstellungen, mit denen die Kirche in unserer Zeit seit mehreren Jahrzehnten konfrontiert ist, aufrichtig nachsinnen. Trotz seines hohen wissenschaftlichen Anspruchs ist das Buch sehr gut verständlich, was wohl auch auf seine unmittelbare Klarheit zurückzuführen ist. Den Reformator Martin Luther nennt er, wie es bereits Kardinal Walter Brandmüller getan hat, einen „typischen Häretiker“. Daran können für ihn auch nicht die immensen Luther-Publikationen 2017 nichts ändern. May verwendet unbeirrt eine unmißverständliche Sprache, die man sich von so vielen Geistlichen heute wünschen würde.

Verstehen und Tiefe

Es ist dieser Balanceakt zwischen vorzüglicher Lesbarkeit und wissenschaftlicher Präzision, der sein Werk besonders wertvoll werden lässt. Dieses beinhaltet ja eine kenntnisreiche Würdigung von großen Geistern, die der Allgemeinheit bereits längst in Vergessenheit geraten sind. Der Bischof der Diözese Rottenburg, Paul Wilhelm von Keppler (1852 – 1926) wird zitiert, um die Warnzeichen zu verdeutlichen, die bereits zur Jahrhundertwende ausgemacht worden sind: „Der Feind geht umher, um den Samen wieder zu säen, der im verflossenen Jahrhundert so furchtbare Früchte gebracht“.2 Eingehend wird auf die Dokumente des Heiligen Papst Pius X. verwiesen, die und auch dessen Pontifikat selbst aus dem öffentlichen Bewußtsein der Kirche verbannt und in allgemeine Vergessenheit geraten sind. Den Niedergang fasst May in der Dreistufung „ungläubige – halbgläubige – abbauende Theologie“ zusammen.

Er belässt es nicht bei dieser Formel der zerstörerischen Triangulation und macht die Wirkmechanismen dahinter erkenntlich. Da sind jene Theologen, die eine Verzerrung des Erlösers Jesus Christus vorantreiben. Der Gottmensch wird zum Gutmenschen herabgestuft, mit dem die Kirche auf Dauer allerdings nicht viel anfangen kann. Was der Philosoph Norbert Bolz in seinem Essay „Gnadenlose Neuzeit“ hier über die evangelische Amtskirche beklagt – eine im Moralisieren und diffusen Humanitarismus versinkende Kirche – treibt auch Georg May um, wenn es um die römisch-katholische Kirche geht. Die Transzendenz hat einen unheimlichen Bedeutungsverlust erfahren – ein Mißstand, bei dem dann auch der Präfekt der Kongregation für die Liturgie, Kardinal Robert Sarah nicht müde wird, auf ihn aufmerksam zu machen.

Extra ecclesiam non salus est

Leitsatz und Selbstverständnis der Kirche finden wir im „Extra ecclesiam non salus est“ („Außerhalb der Kirche gibt es kein Heil“). Dies konnte durch das Zweite Vatikanische Konzil keinesfalls in Abrede gestellt werden, wie es uns in dessen Bewertung belegt wird. Anders kann dem Heilsanliegen gar nicht entsprochen und anders können die Lehrschreiben nicht verstanden werden. Aber angesichts der vielfachen Verwirrungen, die aus einem progressistischen Verständnis des Zweiten Vatikanums hervorgegangen sind, ist die von Augustinus überlieferte Sentenz „Viele, die drinnen sind, sind draußen, und viele, die draußen sind, sind drinnen“ heute bedeutsamer denn je. Hegel und Feuerbach haben Einzug in den Raum der philosophischen Disziplin der katholischen Theologie gehalten, ohne daß daran erheblicher Anstoß genommen wurde. Liturgische Mißbräuche finden statt und von bischöflicher Stelle wird nicht eingegriffen.

Georg Mays Verdienst

Prof. Dr. Georg Mays Verdienst ist es jetzt, eine klare Trennlinie gezogen zu haben. Er bietet uns eine umfangreiche, verlässliche und wesentliche Orientierungshilfe nicht nur dann, wenn wir uns spezifischen Glaubensfragen ausgesetzt sehen, sondern er schärft damit unser Gewissen, in dem wir der Kirche gegenüber verpflichtet sind. In einem Vorsatz zu „300 Jahre gläubige und ungläubige Theologie“ wird aus einem Brief Papst Benedikts XVI. an den Verfasser zitiert: „Ich möchte Dir … herzlich danken für die Klarheit, mit der Du immer zur katholischen Glaubenslehre gestanden bist und Dich öffentlich eingesetzt hast (7. März 2014).“

Schon nach einer ersten Lektüre des fundierten Nachschlagewerkes und zugleich authentischen Zeugnisses für das Bemühen um die Aufrechterhaltung der römisch-katholischen Lehre, stellen wir fest, daß es sich da um kein bloßes Wort handeln kann, das unter Freunden ausgetauscht wurde. Es stellt den Theologen Georg May, der 2016 seit 65 Jahren Priester ist, heraus. Sein Wirken lässt den Unglauben wie verkrusteten Putz von der Wand des Lehrgebäudes bröckeln.

Das Buch kann hier bestellt werden.

  • 1 Papst Benedikt XVI., Glaube – Wahrheit – Toleranz. Das Christentum und die Weltreligionen (Freiburg 2003), S. 164
  • 2 Paul Kopf, Die Kirche an der Schwelle des 20. Jahrhunderts. Zwei Stimmen zur Jahrhundertwende 1899/1900: Rottenburger Jahrbuch für Kirchengeschichte 18, 1999, 187 – 195. (hier zitiert auf S. 630)

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„Ecce homo!“ – Porträtgemälde von Fürstin Gloria von Thurn und Taxis https://www.thecathwalk.de/2017/04/06/ecce-homo-portraetgemaelde-von-fuerstin-gloria-von-thurn-und-taxis/?pk_campaign=feed&pk_kwd=ecce-homo-portraetgemaelde-von-fuerstin-gloria-von-thurn-und-taxis https://www.thecathwalk.de/2017/04/06/ecce-homo-portraetgemaelde-von-fuerstin-gloria-von-thurn-und-taxis/?pk_campaign=feed&pk_kwd=ecce-homo-portraetgemaelde-von-fuerstin-gloria-von-thurn-und-taxis#respond Thu, 06 Apr 2017 15:07:35 +0000 https://www.thecathwalk.de/?p=10884 Von Hannes Kirmse Man findet sich am 30. März im bayrischen Viertel Berlins bei frühsommerlichem Temperaturen ein. Das Restaurant „Wolff und Eber“ und die angeschlossene Galerie Robert Eberhardt sind in das milde Licht der Abendsonne getaucht. – Damit der Bogen nicht breche, so formulierte es einst Nietzsche in seinen Aphorismen, sei die Kunst da. Die […]

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Von Hannes Kirmse

Man findet sich am 30. März im bayrischen Viertel Berlins bei frühsommerlichem Temperaturen ein. Das Restaurant „Wolff und Eber“ und die angeschlossene Galerie Robert Eberhardt sind in das milde Licht der Abendsonne getaucht. – Damit der Bogen nicht breche, so formulierte es einst Nietzsche in seinen Aphorismen, sei die Kunst da. Die hier stattfindende Vernissage sollte wohl auch diesem Leitspruch gerecht werden, denn hinter der ausgestellten Künstlerin liegt schon so einiges, was einen weiten Bogen an Lebensfülle und Einprägung ausmacht. Zuletzt war sie sich auch nicht zu schade, in der TV-Show „Schlagercountdown“ mit Florian Silbereisen und dem Titel „Märchenprinzen“ aufzutreten. Es geht um keine geringere als Fürstin Gloria von Thurn und Taxis, die an jenem Abend in Berlin ebenso flippig und lebensfroh auftritt, wie man sie bereits aus den 1980er Jahren kennt.

Fürstin Gloria von Thurn und Taxis: Porträts

Beim Betreten der Galerie werden wir von einer Statue des Götterboten Hermes empfangen, die wohl einen Verweis auf die künstlerische Hermeneutik und die hermetische Erlesenheit der hier ausgestellten Werke versinnbildlichen soll. In der Galerie erscheint die Fürstin in einem modischen Schwarz-Weiß-Kostüm und präsentiert zugleich ein Vintage-Stück aus der fürstlichen Brillensammlung. Man sieht: Sie ist ganz sie selbst geblieben. Sie liebt es immer noch aufzufallen. Man sieht ihr an, daß sie hier das Getümmel und Schaulaufen genauso genießt wie das Antreffen alter Bekannter. So ist ihr Bruder und Laudator des Abends, Graf Alexander von Schönburg-Glauchau ebenso zugegen wie der Spiritus Rector, Prälat Wilhelm Imkamp, Starfriseur Udo Walz oder Stil-und-Etikette-Experte Uwe Fenner.

Laudator des Abends, Graf Alexander von Schönburg-Glauchau / Bild: Anita Back
In seinem Begrüßungswort von Gastgeber Robert Eberhardt / Bild: Anita Back

In seinem Begrüßungswort rühmt der 1987 geborene Gastgeber Robert Eberhardt die Porträtgemälde der Fürstin u.a. als einen „Brunnquell des Vergnügens“ und tatsächlich bilden sie einen reichhaltigen Brunnen, dessen Rolle nicht knarrt, wenn man seine Inspiration aus ihm ziehen will. Man entdeckt in ihren Bildern augenblicklich den Menschen, sein Antlitz dabei zusammengedrängt ins Typische und in das ihm eigene Wesen. So entdecken wir in der Galerie Moritz Bleibtreu, Sarah Wagenknecht und Max Raabe genauso porträtiert wieder wie die Granden der katholischen Geistlichkeit: Kardinalpräfekten Gerhard Müller in einem opulenten Triptychon, den Papa Emeritus und Kardinal Brandmüller. Wir sehen hier nicht nur die archetypisch Porträtierten, sondern erkennen auch, wie eminent tragend gerade der Glaube im Leben der Künstlerin geworden ist. Er bietet ihr in der quirligen Turbulenz Rückhalt und zugleich geistige Erfüllung. Die Porträts der Geistlichkeit sind gewiss aus keiner bloßen Laune heraus entstanden, sollen sie doch viel eher eine Referenz und Hommage an die gefundenen Vorbilder im Glauben darstellen. Was den porträtierten Klerus verbindet, ist seine fundierte Geisteshaltung. So gerade Prälat Imkamp, dessen Bildnis auch seinen würdigen Platz in der Galerie gefunden hat, der sich selbst einmal als den „Lautsprecher Gottes“ bezeichnet hat und sich gegen eine sich breitmachende „clerical correctness“ ausspricht: Er zeigt, daß sich die katholische Kirche immer wieder quer zum Zeitgeist stellen muß, um sich zu behaupten, um nicht im banalen Treiben der Weltlichkeit unterzugehen.

Bild: Anita Back

Auch die Gemälde der Fürstin stellen sich als Gesamtoeuvre quer. Sie sind ein Zeugnis davon, daß die Fürstin eben nicht das Leben eines Jedermann lebt. Da trifft linke Politprominenz auf Konservative, tiefsinnige Intellektualität auf Popularität. Die Fürstin spannt mit ihren Werken auch ihren ganz eigenen Bogen, der der Welt in seiner künstlerischen Qualität nicht abgewandt ist. Die Gemälde besitzen keinen ernsten Manierismus, sondern bezeugen in ihrer Farbenvielfalt Fröhlichkeit und Lebendigkeit einer mitten im Leben stehenden Grandezza. So beschreibt Galerist Eberhardt die Ausstellung als Mischung von „Hierarchie und Anarchie, katholischer Bildepiphanie und poppiger Optik“. Was dieser bunten Melange an Porträtgemälden zu eigen ist, ist das fast schon kubistische Hervortreten der Augen. Sie lassen den Menschen herausfordernd, skeptisch, verträumt, in die Welt hinausschauen und wir sehen als Galeriebesucher diese Weltzugewandtheit und Weltläufigkeit in der bildnerischen Okularität.

Bild: Anita Back

Der Kunsthistoriker Fritz Knapp beanstandete in seinem 1923 erschienen Werk „Die künstlerische Kultur des Abendlandes“ das große Wirrsal, das durch doktrinäre Dogmatik und intellektuelle Spekulation auch in die Welt des Stils vorgedrungen sei. Die hier ausgestellten Werke enthalten nichts von dieser schwerfälligen dogmatischen Borniertheit, mit der in strengväterlicher Manier versucht wurde, den menschlichen Geist umzubilden. Sie überzeugen durch ihre Leichtigkeit und Originalität und korrespondieren in dieser Weise mit dem zur Vernissage vorgestellten Gesprächsband „Die Sieben Todsünden“, in dem mit milder Besonnenheit, aber keinesfalls mit Gleichgültigkeit die großen und kleinen Verfehlungen des Menschen besprochen werden. Mit den eindringlichen Blicken ihrer Porträtgemälde gelingt es Fürstin Gloria von Thurn und Taxis, den weiten und reichhaltigen Bogen mit den Höhen und Tiefen ihres bisherigen Lebens festzuhalten und zu bannen.

Fürstin Gloria von Thurn und Taxis / Bild: Anita Back

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Mogador – Stilsicherer Eskapismus https://www.thecathwalk.de/2016/09/18/mogador-stilsicherer-eskapismus/?pk_campaign=feed&pk_kwd=mogador-stilsicherer-eskapismus https://www.thecathwalk.de/2016/09/18/mogador-stilsicherer-eskapismus/?pk_campaign=feed&pk_kwd=mogador-stilsicherer-eskapismus#respond Sun, 18 Sep 2016 08:30:49 +0000 http://thecathwalk.de/?p=7868 Neuer Roman von Martin Mosbach – Eine Buchbesprechung von Hannes Kirmse Der erfahrene Mosebach-Leser mag erahnen, auf welche Art von Reise er sich einlässt. Es ist keine existentielle Sinnsuche à la Hermann Hesse, man wird mit keinem Einsiedler allein gelassen oder mit Hemingways Selbstbehauptung in der Wildnis konfrontiert. Wer mit Martin Mosebach nach Mogador reist, […]

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Neuer Roman von Martin Mosbach – Eine Buchbesprechung von Hannes Kirmse

3465801638411849highresfeu_cover_mosebach_22081_4cDer erfahrene Mosebach-Leser mag erahnen, auf welche Art von Reise er sich einlässt. Es ist keine existentielle Sinnsuche à la Hermann Hesse, man wird mit keinem Einsiedler allein gelassen oder mit Hemingways Selbstbehauptung in der Wildnis konfrontiert. Wer mit Martin Mosebach nach Mogador reist, der tut dies nicht aus einem Bedürfnis der Selbstprüfung oder Selbststeigerung heraus, sondern lässt sich ein auf eine sinnlich ganz andersartige Welt fernab von postmodernem Lärm und Massentourismus.

Patrick Elff, der Held des bei Rowohlt neu erschienen Mosebach-Romans ist ein in dubiose Finanzgeschäfte verwickelter Bankier, der so Hals über Kopf aus seiner Arbeitsstadt Düsseldorf fliehen muss und im 2500 km entfernten, an der marokkanischen Atlantikküste gelegenen Mogador strandet. Es mag auf die Eigenart des Elff-Erschaffers zurückzuführen sein, dass er diesen als einen verkappten Schöngeist zeichnet, der mit Hingabe Philologie studiert hatte und dem so genauso gut eine akademische Laufbahn offen gestanden hätte. Wem die Biographie Mosebachs nicht fremd ist, mag dort einen unterschwelligen Querverweis auf dessen eigenes Schicksal erkennen: Mosebach, der, 1951 geboren, bis 1979 Rechtswissenschaften studierte, hätte sich, wie er selbst einmal bemerkt hat auch als „mittelmäßiger Rechtsanwalt“ niederlassen können. Doch entschied er sich nach dem zweiten Staatsexamen für die Schriftstellerei, was für ihn ein Wagnis bedeutet hat und mit jedem Roman immer wieder neu bedeutet. So kann Elff auch als hypothetisches Gedankenspiel, als eine kritische Auseinandersetzung darüber gedeutet werden, wie es in diesem anderen Milieu des handfesten Geschäftemachens mitunter zugehen kann, was sensitiv gesinnten Menschen wie eben auch Elff sehr schnell zur Pein und Verhängnis werden kann.

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Magisches marokkanisches Mogador

Mosebach spannt einen weiten, facettenreichen Erzählbogen, ist dabei gleichwohl darauf bedacht, diesen nicht zu überspannen und behält für alles das rechte Maß. Sein Refugium findet Elff bei der pythischen Khadija, die ihm die tiefe Welt des Orients zu eröffnen scheint. Ihr vielschichtiger Charakter zeigt sich in ihrem Hang zur Esoterik – Kartenlegen und die gewisse Verbindung zur Welt des Übersinnlichen, sowie zur Prostitution. Elffs Ankunft bei ihr und beginnende Abhängigkeit von ihr wird von dem Anklingen eines Kulturschocks begleitet. Nur mit äußerster Schwerfälligkeit gelingt es ihm, sich in die dort herrschenden Lebensbedingungen einzufügen, doch zerbricht er nicht daran. Selbst wenn man mit Patrick Elff zu den in der marokkanischen Lebenswelt schlummernden Abgründen – Armut, Korruption und Bigotterie – herabsteigt, erscheint dies alles mit der für Mosebach typischen Façon, welche Klonovsky als sein „kalligraphisches Ebenmaß“ bezeichnet hat.1 – Charaktere, Schauplätze und Leitmotive erscheinen behutsam geordnet und harmonisch ineinandergefügt. Was manche seiner Kritiker ihm als „Detailversessenheit“ vorhalten wollen, entspringt doch viel eher dem Bedachtsein auf Ausgeglichenheit, Harmonie und dem immerwährenden Versuch, dem Augenblick dessen maximales künstlerisches Potential abzugewinnen. Die sich durch Bilderreichtum auszeichnende Sprache wird beispielsweise auch gegen Ende seines Romans deutlich, als damit begonnen wird, Elffs Reise zu resümieren: „Die Zeit, die er in Mogador verbracht hatte, würde im Rückblick als Aufenthalt in einer Art Schleuse erscheinen – als eine Nicht-Zeit, eine Saison wie unter Wasser in ungewissem Helldunkel.“

Mosebach hat vielleicht selbst einmal den Schleier um seine Erzählkunst etwas gelüftet, indem er im „Wortschätze“-Interview bekannte: „Wenn ich eine Geschichte schreibe, dann denke ich in musikalischen oder abstrakten farblichen Vorstellungen und ich denke sozusagen symphonisch. Das kommt mir am nächsten für eine längere Erzählung.“2

Mosebach geht es in seinen Erzählungen um das Erfahren während einer Reise. Er offeriert uns Einladungen zum Nachdenken, Sinnieren, Innehalten, Reflektieren und Sich-Finden. – Wo hat man das im Zeitalter von Konsumgesellschaft und Massentourismus noch? – So bleibt zu hoffen, dass er uns noch auf zahlreiche Reisen mitnehmen wird.

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1 http://www.michael-klonovsky.de/adoration/martin-mosebach

2 https://www.youtube.com/watch?v=iwf00UXemj0

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