Reformation Archive - cathwalk.de https://www.thecathwalk.de/tag/reformation/ Abendland & Alte Messe Sat, 05 Feb 2022 18:37:43 +0000 de-DE hourly 1 https://wordpress.org/?v=6.5.2 https://www.thecathwalk.de/wp-content/uploads/sites/2/2017/04/cropped-Logo-The-Cathwalk-transparenter-Hintergrund-150x150.png Reformation Archive - cathwalk.de https://www.thecathwalk.de/tag/reformation/ 32 32 Hurra – 500 Jahre tiefste Spaltung der Christenheit! https://www.thecathwalk.de/2017/05/28/hurra-500-jahre-tiefste-spaltung-der-christenheit-dekt2017-evangelischer-kirchentag/?pk_campaign=feed&pk_kwd=hurra-500-jahre-tiefste-spaltung-der-christenheit-dekt2017-evangelischer-kirchentag https://www.thecathwalk.de/2017/05/28/hurra-500-jahre-tiefste-spaltung-der-christenheit-dekt2017-evangelischer-kirchentag/?pk_campaign=feed&pk_kwd=hurra-500-jahre-tiefste-spaltung-der-christenheit-dekt2017-evangelischer-kirchentag#comments Sun, 28 May 2017 16:47:53 +0000 https://www.thecathwalk.de/?p=11280 2017 ist ein ganz besonderes Jahr, vor allem für uns Deutsche. Es ist so besonders, dass wir in diesem Jahr einen zusätzlichen bundeseinheitlichen Feiertag bekommen – den 31. Oktober 2017. Das liegt daran, dass wir viel zu feiern haben: Ein Plakat, das die Welt verändert. Ein Rant zum evangelischen Kirchentag 2017. In diesen Minuten geht eine Großverantstaltung […]

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2017 ist ein ganz besonderes Jahr, vor allem für uns Deutsche. Es ist so besonders, dass wir in diesem Jahr einen zusätzlichen bundeseinheitlichen Feiertag bekommen – den 31. Oktober 2017. Das liegt daran, dass wir viel zu feiern haben: Ein Plakat, das die Welt verändert. Ein Rant zum evangelischen Kirchentag 2017.

Grell orangenes Plakat zum ev. Kirchentag 2017, wie überall in Berlin zu sehen sind.
Grell orangenes Plakat zum ev. Kirchentag 2017, wie überall in Berlin zu sehen sind.

In diesen Minuten geht eine Großverantstaltung zu Ende. Es ist eine Großveranstaltung in meiner Stadt, die Stadt, die schon viele Großveranstaltungen gestemmt hat. Richtig, die Rede ist vom großartigen Berlin. Es war evangelischer Kirchentag 2017. Die ganze Stadt ist gepflastert mit kommerzieller Werbung, überall hängen die orangen Plakate herum, seit Monaten wurde ich von den Veranstaltern in beißenden Farben darauf hingewiesen, dass die evangelischen Kirchen in Deutschland nun 500 Jahre Luther feiern. Also feiert die evangelische Kirche ein ganzes Jahr lang, dass der tiefste und nachhaltigste Riss in der Geschichte der Kirche stattfand. Ein Riss, der bis heute andauert und wohl auch nie mehr zu beheben sein wird. Freikirchliche Laienprediger, gegenüber hochausgebildeten und mit den entsprechenden Würden ausgestatteten Priester.

Die Stadt wird mit Polizei aus allen Bundesländern übersät, die Bahnhöfe sind mit martialisch aussehenden Polizisten gesichert, das war nicht einmal nach dem furchtbaren Attentat im vergangen Dezember so extrem gewesen.

Die Stadt ist geflutet mit Menschen in religiösem Wahn und einer Kirche, die sich nach meinem Geschmack etwas zu weltlich gibt. So wird Angela Merkel in einem „Gottesdienst“ eine Bühne gegeben, Martin Schulz (SPD) durfte im Berliner Dom Wahlkampf machen – Positionen zu den Anschlägen auf Kopten im arabischen Raum habe ich jedoch nichts vernommen. Es werden Resolutionen beschlossen, US Präsidenten a.D. schwingen Reden, Überall in der Stadt rotten sich menschen mit orangefarbenen Kopftüchern und Schlüsselbändern zusammen, die Lebensadern der Hauptstadt sind überfüllt, menschen vom Lande bilden Sprechchöre im ÖPNV.

Es gibt eine wunderbare Plakatserie des Berliner Senats zum Thema Rücksicht, die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) kleben Hinweise in U-Bahnen, Busse und Straßenbahen, dass man nicht zu laut sein soll, andere Fahrgäste nicht belästigen soll und eben Rücksicht nehmen soll. Diese Plakate fehlten. Stattdessen Reklamen für Opernvorführungen, Werbefrimen, die mit Luther werben und überall in der Stadt das Konterfei des Kirchentages: ein schielendes Paar Augen.

Schnappschuss Plakat: Überall Luthers Worte – Martin Luther im Nationalsozialismus
Schnappschuss Plakat:
„Überall Luthers Worte – Martin Luther im Nationalsozialismus“

Irgendwie habe ich das Gefühl, dass Wirtschaft, Senat, Kirchen und auch Kirchentagsveranstalter vergessen haben, dass Berlin eine Stadt ist, in der Menschen leben, wohnen arbeiten. Eine Stadt mit 3,5 Mio. Einwohnern, die mehrere Zehntausend Besucher aufnimmt und aber noch funktionieren soll.

Mich persönlich ärgert auch, dass meine katholische Kirche bei dem Schabernack auch noch mit macht, hilft und sogar das Bistumslogo auf einigen Drucksachen zu finden ist. Schön und gut: Protestanten glauben auch an den einen wahren Gott. aber dennoch haben sie sich von unserer Mutter Kirche abgespalten, essen würdelos Toastbrot und trinken Traubensaft in ihren Andachten. Sie freuen sich der Tatsache, dass sie vor 500 Jahren die heilige Kirche verließen, aufhörten an die Realpräsenz Christi zu glauben, alles ablehnten und ablehnen, an das wir Katholiken, Orthodoxe und auch die Koppten glauben. Stattdessen lesen sie die Bibel wortgenau. Das Buch, das die katholische Kirche zusammen stellte, in ihrer mehrfachübersetzten und zum Teil vereinfachten Form, berufen sich auf diese unscharfen Beschreibungen, fanatisieren sich in Teilen und nennen das dann die reine Lehre.

Einige merken so langsam, dass ihnen in ihrem calvinistischen und staatskirchlichen Verständnis einiges abhanden kam und fangen nun an, Katholisches zu kopieren.

Nebenbei hat der evangelische Kirchentag noch ein ganz anderes moralisches Problem. Der offizielle Anreisepartner ist das Unternehmen Flixbus. Flixbus ist der Konzern, der wegen schlecht bezahlter Subunternehmer in der Kritik steht und gerade ein Quasimonopol im Bereich der Fernbusanbierter aufgebaut, sowie nahezu alle Konkurrenten mit Kampfpreisen auf Kosten der Fahrer und Buseigner vom Markt gedrängt hat. Ist das die Übernahme sozialer und gesellschaftlicher Verantwortung, die der Kirchentag doch in seinen Resolutionen fordert?

Nur wenn ich weiss wo ich her komme, weiß ich wo ich hingehöre. Etwas zu bejahen schliesst etwas gegenteiliges aus. Ich bin Katholik. Punkt. Meine Konsequenz ist, dass ich einfach bei der nächsten derartigen Großveranstaltung das machen werde, was ich und viele andere Einwohner zum 1. Mai und Sylvester auch tuen: Ich verlasse die die Stadt.

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Der Revolutionär https://www.thecathwalk.de/2017/04/23/der-revolutionaer/?pk_campaign=feed&pk_kwd=der-revolutionaer https://www.thecathwalk.de/2017/04/23/der-revolutionaer/?pk_campaign=feed&pk_kwd=der-revolutionaer#comments Sun, 23 Apr 2017 08:30:38 +0000 https://www.thecathwalk.de/?p=11021 Von Dr. Michael Kunze Wer Reform will, erneuert das Bestehende mehr oder weniger behutsam. Martin Luther aber stürzte Kirche, Politik und Gesellschaft seiner Zeit um – mit langanhaltenden Folgen, die auch im Jahr des Reformationsgedenkens nachwirken. DRESDEN. Martin Luther wollte keine Spaltung der Kirche, sondern sie reformieren. So lautet der Tenor bei Kirchenvertretern oder Politikern […]

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Von Dr. Michael Kunze

Wer Reform will, erneuert das Bestehende mehr oder weniger behutsam. Martin Luther aber stürzte Kirche, Politik und Gesellschaft seiner Zeit um – mit langanhaltenden Folgen, die auch im Jahr des Reformationsgedenkens nachwirken.

Die einen widmeten ihm Denkmäler, die andern sahen dunkle Wolken mit dem Wittenberger aufkommen: Martin Luther wurde und wird für vieles instrumentalisiert, legte dafür aber selbst die Grundlagen. Foto: Michael Kunze

DRESDEN. Martin Luther wollte keine Spaltung der Kirche, sondern sie reformieren. So lautet der Tenor bei Kirchenvertretern oder Politikern im Jahr des Reformationsgedenkens. Auch katholische Theologen wie Dirk Ansorge von der Hochschule Sankt Georgen sind von der Reformabsicht des Wittenbergers überzeugt. Die Wirklichkeit vor 500 Jahren legt aber einen anderen Schluss nahe: Luthers Wunsch nach Kirchenreform war bald nach Veröffentlichung seiner 95 Thesen wider den Ablasshandel erschöpft. Dann betrieb er so aus- wie tiefgreifend Spaltung und Revolution statt Wandel und Erneuerung des Bestehenden. Bei Luthers Tod 1546 war das „Heilige Römische Reich Deutscher Nation“ geteilt in ein evangelisches, sich konfessionell weiter zerfaserndes und in ein katholisches Lager. Unzählige hatten den Streit mit ihrem Leben bezahlt – lange vor dem Gemetzel des Dreißigjährigen Krieges.

Der antirömische Affekt lebt weiter

Die religiösen und gesellschaftlichen Konsequenzen bis in Familien hinein währten Jahrhunderte. Ältere kennen noch die mitunter dramatischen Umstände, wenn vor 60, 70 Jahren zum Beispiel eine gemischtkonfessionelle Eheschließung zur Debatte stand. Da haben Eltern Kinder enterbt, sich Familien zerstritten, wurde einander verstoßen. Die Spaltung, die Luther mit Fürstenhilfe einleitete, stellte sich als derart gravierend und nachhaltig heraus, dass es bald 500 Jahre brauchte, um sich Luthers und der Ereignisse des Herbstes 1517 ohne Siegesfeier wider die Altgläubigen in Rom zu erinnern, bei der das katholische Deutschland stets als unsicherer Geselle in nationaler Sache abqualifiziert worden war.

Auch Bismarck hielt das noch so; er ließ wenig unversucht, Katholiken zu unterdrücken – im Kampf gegen Zentrumspartei, Konfessionsschulen, kirchliche Ehe. Der antirömische Affekt hielt sich bis weit ins 20. Jahrhundert. Für eine Vielzahl von Katholiken wirkt er abgeschwächt noch immer, wenn sie sich den Umgang deutscher Medien oder Politiker wie der evangelischen Bundeskanzlerin mit Papst Benedikt XVI. im Zusammenhang mit Holocaustleugner und Ex-Piusbruder Richard Williamson in Erinnerung rufen.

Die politischen Auswirkungen von Deutschlands weltweit einmaliger Spaltung sind das eine, das andere die religiösen. Luther hat die Kirche nicht reformiert; er zwang andere, dies zu tun, nachdem er ihr den Rücken gekehrt hatte und schuf parallel dazu eine neue, die das Gegenteil der katholischen sein sollte. Das wird im Verhältnis zum Papstamt offenbar, das Luther anfangs als Ausdruck menschlichen, nicht aber göttlichen Rechts noch akzeptierte. Es zeigt sich auch darin, welche Rolle Kirche als Institution für Lutheraner spielt. Diese unterscheidet sich grundsätzlich von dem, was sie für Katholiken darstellt. Während sie letzteren als Gottes Werkzeug gilt, mit dem er jetzt, direkt, sichtbar in der Welt handelt, ist sie für Lutheraner organisatorisches Mittel zum Zweck.

Die Katholische Kirche beruft sich für die herausgehobene Stellung des Papstes als Nachfolger des Apostels Petrus auf das Matthäus-Evangelium. Dort stehen Jesu Worte: „Du bist Petrus, und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen, und die Mächte der Unterwelt werden sie nicht überwältigen. Ich werde dir die Schlüssel des Himmelreichs geben; was du auf Erden binden wirst, das wird auch im Himmel gebunden sein, und was du auf Erden lösen wirst, das wird auch im Himmel gelöst sein.

Weihe verändert das Amt

Alles, was sich daraus ergibt, deutet der Form nach auf Dauer hin, dazu auf hohe Autorität. Darauf fußt die katholische Hierarchie. Diese leitet die Stellung der Bischöfe, deren erster der von Rom ist, aus dem Handeln in direkter Nachfolge der Apostel ab. Jesus selbst hat sie in die Welt gesandt. Durch Handauflegen wurde diese besondere Würde von den Aposteln, dem Zwölfer-Kreis um Jesus, an die Bischöfe weitergegeben. Lutheraner hingegen kennen kein Weiheamt; die Abfolge des Handauflegens ist bei ihnen unterbrochen. Denn Luther ging vom Priestertum aller Gläubigen aus, zu dem jeder Getaufte berufen ist. Die Landesbischöfe sind eine junge Notlösung, entstanden nach Untergang der Monarchien in Deutschland. Bis dahin waren die Fürsten Oberhäupter der Landeskirchen, dazu gab es als deren „Aufseher“ Superintendenten, Bischöfe hingegen nicht.

Der evangelische Pfarrer wiederum leitet eine Gemeinde mit dem aus Laien bestehenden Kirchenvorstand gemeinsam. Er ist durch sein Theologiestudium zwar religiös besonders gebildet, erhält aber keine Weihe (aus der sich weitreichende Rechte und Pflichten ableiten) wie sein katholischer Amtsbruder. Lutheraner ordinieren ihre Pfarrer. Das heißt, sie werden gesegnet und ausgesandt, um Gottes Wort zu verkünden und die Sakramente zu verwalten. Luther war der Überzeugung, dass es vor Gott nicht auf Leistung ankommt, da Erlösung nur als dessen Gnadenakt denkbar ist (dem schließen sich Katholiken heute weitgehend an). So verbiete sich ein Priesterstand, der durch Weihe, Gelübde, Lebensform über anderen Gemeindegliedern steht.

Während das lutherische „ecclesia semper reformanda“ betont, dass sich „Kirche immerfort wandeln“ muss, um Jesu Botschaft zeitgemäß zu verkünden, hebt die Katholische Kirche Kontinuität hervor. Sie fürchtet den Bruch mit der Tradition wie der Teufel das Weihwasser. Immer geht es darum, die große Linie aus der Zeit Jesu bis in die Gegenwart weiter zu zeichnen – auch mal kurvig, doch ohne Unterbrechung. Dem Zeitgeist wird mit Skepsis begegnet. Nicht allein die Schrift, Luthers „sola scriptura“ – nur das, was in der Bibel steht –, dient als Richtschnur katholischen Christseins. Die Bibel ist vielmehr einer von weiteren, wenn auch ein wichtiger Stein des Hauses Kirche. Ihre Entstehung ist dabei selbst Folge eines kirchlichen Traditionsprozesses: beispielsweise von Konzilsbeschlüssen oder Glaubensprüfungen und Erkenntnisprozessen der Kirchenväter, die die Aufnahme der vier Evangelien von Matthäus, Markus, Lukas und Johannes ins Neue Testament nach sich zogen, während andere Schriften außen vor blieben (die sogenannten Apokryphen).

Kirchenverständnis gilt als Haupthinderungsgrund für weitere Annäherung

Luther war im Wortsinne Fundamentalist; er warf der Kirche vor, sie habe sich zu weit von ihren Wurzeln entfernt, führende Vertreter hätten sich zu sehr diesseitigen Zwecken ausgeliefert und die Gläubigen gleich mit. Was er am Ablass kritisierte, war die Verknüpfung von weltlicher Leistung, klingender Münze, mit jenseitigem Lohn – getreu dem Motto des Pirnaer Predigers Johann Tetzel: „Wenn das Geld im Kasten klingt, die Seele in den Himmel springt.“ Viele Missstände hat die Katholische Kirche nach und nach abgestellt. Schon auf dem Konzil von Trient (1545-1563), das allerdings Jahrzehnte zu spät kam, wurden grundlegende Reformen eingeleitet.

Diese konnten das sich aus dem unterschiedlichen Kirchen- ergebende abweichende Amtsverständnis bei Katholiken und Protestanten nicht mehr zusammenführen, das heute als Haupthinderungsgrund weiterer Annäherung gilt. Es gibt aber zusätzliche Unterschiede wie die Anzahl der Sakramente. Katholiken kennen sieben dieser sichtbaren Zeichen, die die unsichtbare Wirklichkeit Gottes vergegenwärtigen und die die, denen sie gespendet werden, an dieser Wirklichkeit teilhaben lassen: Taufe, Eucharistie (Kommunion/Abendmahl), Beichte, Firmung, Ehe, Krankensalbung, Priesterweihe. Luther hat nur zwei akzeptiert: Taufe und Abendmahl, auch wenn er die Krankensalbung für einen guten Brauch hielt und die Beichte schätzte. Was beim Abendmahl passiert, deutete er teils abweichend vom katholischen Verständnis.

Was das in der Konsequenz bedeutet, mag eine Begebenheit illustrieren, von der im Januar 2007 der „Wiesbadener Kurier“ berichtete: Dem Frankfurter Stadtdekan Johannes zu Eltz war seinerzeit in der Heiligen Messe aufgefallen, dass jemand eine konsekrierte Hostie stehlen wollte. Zu Eltz suchte dies zu verhindern. Der Zeitung gegenüber gab er an, den Leib Christi, denn darum handelt es sich nach katholischem Verständnis, notfalls mit seinem Leben zu verteidigen. Währenddessen berichtet der Ökumenebeauftragte der als sehr konservativ geltenden Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Sachsens, Peter Meis, gegenüber dem Autor, dass es in seinem Kirchensprengel den Pfarrern überlassen sei, wie sie etwa mit Wein umgehen, der beim Abendmahl übrigbleibt. „In der Regel wird er weggeschüttet“, sagt er. Nur solche Pastoren, die dem katholischen Verständnis sehr nahe stünden, hielten es anders.

Sakrament, ja oder nein, maß Luther jedenfalls daran, ob ein Zeichen von Jesus selbst eingesetzt worden ist und davon die Bibel entsprechend berichtet. Für ihn galt das nur für die genannten beiden. Auch wenn Meis in der Rückschau von einem „erstaunlichen Reformweg“ der Katholiken spricht, nicht erst seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil, sondern seit Trient, bleiben die genannten großen, maßgeblich von Luther inspirierten Unterschiede, die auch dazu führen, dass es Katholiken beispielsweise (anders als in einem Gottesdienst der Orthodoxen) auf Geheiß der eigenen Kirchenführung nicht gestattet ist, am lutherischen Abendmahl teilzunehmen. Während zudem seit einiger Zeit Frauen in immer mehr lutherischen Kirchen auch jenseits Deutschlands Pfarrer werden können, ist ihnen dies in der Katholischen Kirche verwehrt. Maßstab dafür ist, dass Jesus in den Kreis seiner Apostel nur Männer berufen hat, was die Katholische Kirche gerade nicht als Ausdruck zeitbedingter Benachteiligung von Frauen interpretiert.

Auch wenn in diesem Jahr die Errungenschaften Luthers gewürdigt werden – als Bibelübersetzer, Hochdeutsch-Entwickler, Streiter fürs Selberlesen und Kämpfer wider Korruption in der Kirche –, ändert dies nichts daran, dass er die Kirche („weg von Rom“) und Deutschland selbst gespalten hat. Ausgerechnet letzteres wird selten beachtet, gilt er doch gerade jenen als Leumund, die die nationale Einheit in Abgrenzung zum Anderen entgegen dem allumfassenden, katholischen Prinzip besonders beschwören. Dabei scheiterte Luther mit seinem Ansinnen, eine deutsche Nationalkirche zu schaffen und ein Nationalkonzil einzuberufen. Die Bauernmassen, die sich auf die von ihm proklamierte Gewissensfreiheit beriefen, um auch ihre vielfach prekäre politisch-wirtschaftliche Stellung zu verbessern, ließ er mithilfe seiner fürstlichen Unterstützer totschlagen. Er hielt die Aufrührer für vom Teufel besessen.

Innerkirchliche Reformen trieben statt Luther andere voran

Reformen in der Kirche wollten aber andere, Luthers Zeitgenosse Erasmus von Rotterdam etwa, den Luther beschimpfte. Dabei hatte der sich wortgewaltig mit dem Zustand der Klöster oder der aus dem Ruder gelaufenen Heiligenverehrung auseinandergesetzt: „Wir küssen die Schuhe der Heiligen und ihre schmutzigen Schweißtücher“, schrieb er, „ihre heiligsten und wirksamsten Reliquien aber, nämlich ihre Bücher, lassen wir achtlos liegen.“ Doch der Humanist blieb katholisch, obwohl einige seiner Schriften auf dem Index landeten: „In Luthers Kirche hätte ich eine der Koryphäen werden können“, sagte er, „aber ich wollte lieber den Hass ganz Deutschlands auf mich ziehen, als mich von der Gemeinschaft der Kirche zu trennen.“ Während Erasmus außerdem für die menschliche Willensfreiheit eintrat, verwarf Luther diese. Es kommt so nicht von ungefähr, dass der Wittenberger heute manchen Historikern stärker als Exponent mittelalterlichen Denkens gilt, das er eher fortschrieb, denn als Neuerer – was paradox anmutet angesichts all der Veränderungen, die er bewirkte.

Deutlich wird das zum Beispiel im Teufels- und Dämonenglauben, „dem Luther eine Buchstäblichkeit beließ, die seit dem 13. Jahrhundert nicht mehr selbstverständlich war“, schrieb der Mittelalter-Historiker Kurt Flasch. Außerdem fordere uns die Luther-Verehrung auf, Doctor Martinus aus seiner Zeit heraus zu verstehen, so Flasch, was als bewährtes Prinzip moderner historiografischer Forschung gilt. Es führt aber mit Blick auf Luther zu zweierlei Maß. Während man ihm oder Begleitern einiges als „mittelalterlich“ oder zeitgebunden („die wussten es nicht besser, das muss man verstehen“) durchgehen lässt, zeigt sich der kritische Betrachter gegenüber (katholischen) Zeitgenossen vielfach weniger nachsichtig. Dass Luther die Doppelehe des wichtigen Verbündeten und Landgrafen Philipp von Hessen rechtfertigte – „diese wüssten wir nicht zu verurteilen“ –, taugt oft nur als Fußnote. Aus theologischer Sicht war das unglaublich. Aber die Zustände in Rom!

Doch Luther wollte den nachhaltigen Bruch mit der „alten“ Kirche, dafür brauchte er Verbündete. Und nur wer sich von Gott persönlich beauftragt wähnt, konnte, wie er im Jahre 1522, sagen: „Wer meine Lehre nicht annimmt, der möge nicht selig werden.“ Das lässt sich nicht auf einen Nenner bringen mit dem „Alle sollen eins sein“, das Jesus selbst im Johannes-Evangelium forderte. Nur Abweichler in den eigenen Reihen verurteilte er rigider als Römisch-Katholisches: Die „Irrtümer“ des Wegbereiters der Reformierten Kirche, Ulrich Zwingli, hielt Luther für siebenmal schlimmer als die der „Papisten“. Dabei hatte auch der Apostel Paulus, den Luther verehrte, einst an die Gemeinde in Korinth geschrieben: „Ich ermahne euch aber, Brüder, im Namen Jesu Christi, … duldet keine Spaltungen unter euch.“ Vielleicht nicht in erster Absicht, doch in der Konsequenz hatte Luther sein halbes Leben lang an nichts anderem gearbeitet.

Bild: Jakob Gleisberg

Dr. Michael Kunze (*1982) ist Journalist, Autor, Blogger, Zeitzeuge. Beiträge für Hörfunk und Zeitung (u.a. FAZ, FAS sowie Die Tagespost) zu Politik, Kultur/Feuilleton, Wirtschafts- und Wissenschaftsthemen, Lokalem. Interesse an Kunst, Literatur und Mode, klassischer Gitarrenmusik von Hans Neusidler bis John Dowland, Politik, Sakralarchitektur und (katholischer) Theologie. Zuletzt erschien: „Sigmund Neumann – Demokratielehrer im Zeitalter des internationalen Bürgerkriegs“, Berlin 2015.

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Der Ablass – Den gibt’s doch gar nicht mehr! https://www.thecathwalk.de/2016/10/31/der-ablass/?pk_campaign=feed&pk_kwd=der-ablass https://www.thecathwalk.de/2016/10/31/der-ablass/?pk_campaign=feed&pk_kwd=der-ablass#comments Mon, 31 Oct 2016 08:21:18 +0000 http://thecathwalk.de/?p=8513 Von Monsignore Florian Kolfhaus ROM, (CNA Deutsch).- Galileo Galilei habe aus Protest gegenüber der Zensur seiner These, die Erde kreise um die Sonne und nicht umgekehrt, ausgerufen: „Und sie bewegt sich doch!“ Am Ende des Heiligen Jahres, in dem es Papst Franziskus gelungen ist, den Ablass wieder „salonfähig zu machen“, möchte man sagen: „Es gibt ihn […]

Der Beitrag Der Ablass – Den gibt’s doch gar nicht mehr! erschien zuerst auf cathwalk.de und wurde von Cathwalk verfasst.

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Von Monsignore Florian Kolfhaus

ROM, (CNA Deutsch).- Galileo Galilei habe aus Protest gegenüber der Zensur seiner These, die Erde kreise um die Sonne und nicht umgekehrt, ausgerufen: „Und sie bewegt sich doch!“ Am Ende des Heiligen Jahres, in dem es Papst Franziskus gelungen ist, den Ablass wieder „salonfähig zu machen“, möchte man sagen: „Es gibt ihn doch! Den Nachlass zeitlicher Sündenstrafen.“

Wie in keinem anderen Heiligen Jahr zuvor hat der Heilige Vater nicht nur die Bedeutung der Beichte, sondern auch des Ablasses hervorgehoben, der nicht nur an den Heiligen Pforten Roms, sondern an unzähligen Orten der Welt gewonnen werden konnte. So viele Türen, deren frommes Durchschreiten den Gläubigen Nachlass ihrer zeitlichen Sündenstrafen gewährte. Nie zuvor gab es das in dieser Form! Selbst Sträflinge, denen es ja unmöglich ist, das Gefängnis zu verlassen, erhielten – wiederum dank einer großherzigen Entscheidung des Papstes – beim Überschreiten ihrer Zellentür einen Ablass.

Heute gedenken Protestanten in aller Welt des berühmten, wohl eher legendären Thesenanschlag Martin Luthers. Die heilige Pforte evangelischer Christen ist die Tür der Schloßkirche von Wittenberg. An ihr begann die Reformation, die im kommenden Jahr groß gefeiert werden wird. Und so steht auch in den kommenden Monaten wieder der Ablass im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit vieler Christen und Nicht-Christen.

Der Wittenberger Mönch wollte sich gegen den Missbrauch dieser biblisch fundierten und frühkirchlichen Praxis wenden, beginnt aber schon im Jahr 1517 – später wird das noch viel deutlicher werden – die Mittlerrolle der Kirche zwischen Gott und den Menschen zu kritisieren.

Wieso braucht es eine Gemeinschaft, durch die ich Vergebung finde? Genügt es nicht, dass ich Gott um Verzeihung bitte? Ja, ist es nicht sogar schädlich für meine Freundschaft mit Christus, wenn ich Papst und Priester als Mittler seines Heils brauche? Mit Luthers Kritik am Missbrauch des Ablass hebt seine Zurückweisung der sakramentalen Beichte an, als einzigem ordentlichen Weg der Sündenvergebung und der Kirche als „heilsnotwendige“ Gesellschaft, in die ich durch die Taufe und den Glauben eingegliedert werde.

Jedes Schulkind hört von dem reißerischen Werbespruch der damaligen Ablassprediger: „Wenn das Geld im Kasten klingt, die Seele in den Himmel springt!“ Zweifellos war das ein Missbrauch und Ärgernis, das auch von hohen Würdenträgern, etwa dem berühmten Kardinal Cajetan, schon damals kritisiert wurde.

Der Missbrauch einer guten Sache stellt sie selbst nicht in Frage. Niemand würde scharfe Küchenmesser verbieten, obwohl nicht selten damit scheußliche Morde verübt werden. Es kommt auf den rechten und achtsamen Gebrauch an – bei Schneidewerkzeugen nicht weniger als beim Ablass, der ein großartiges Geschenk der Kirche an uns Christen ist.

„Wenn das Geld im Kasten klingt, die Seele in den Himmel springt“

Wir stehen inmitten zweier Jahre, die uns mit dem Thema Ablass – in seiner katholischen Renaissance während der vergangenen Monate und in seiner bekannten Kritik in den kommenden – konfrontieren werden. Was ist aber eigentlich der „Ablass“, diese scheinbar mittelalterliche Frömmigkeitsform, die längst überwunden schien und doch durch Papst Franziskus in ungeahnter Weise gefördert wurde? Das erste, bereits angedeutete Missverständnis ist die Meinung, ein Katholik könnte durch den Ablass, und das heißt in der Vorstellung vieler Menschen, durch eine bestimmte Summe Geld, die Verzeihung seiner Sünden „erkaufen“. Manche denken sogar, er erhalte dann, falls sein Portemonnaie dick genug ist, einen Freibrief zu sündigen, da er ja immer wieder die Münzen im Kasten klingen lassen kann. Ja in manchen Köpfen herrscht die Vorstellung als könne man sich dann geradezu den Preis ausrechnen, der zu begleichen sei, wenn man dreimal nicht in die Kirche geht, einmal den Ehepartner betrügt und immer wieder mal die Kartoffeln aus Nachbars Acker klaut. – „Macht 89,50 Euro. Als guter Kunde bekommen sie beim nächsten Mal eine schwere Sünde gratis erlassen.“ – So ein Blödsinn!  Eine solche Praxis gab es in der Kirche nie! Vergebung der Sünde geschieht – abgesehen von Notsituationen wie etwa Krieg, Seuche oder auch ein persönlicher Unfall – nur im Sakrament der Beichte. Dazu braucht es aber immer Reue und Bekenntnis. Vergebung gegen Barzahlung – nein, das gibt es nicht.

Ablass? – Was ist denn das?

Leider teilen nicht alle die offensichtliche Euphorie des Papstes, die heilige Pforten, und damit „Tore zum Nachlass zeitlicher Sündenstrafe“, wie Pilze aus dem Boden hat sprießen lassen. Es fehlt an Katechesen und Predigten, in denen man versucht,  Katholiken den Ablass zu erklären und ihnen Möglichkeiten zu geben, ihn häufig und gerne zu empfangen. Die meisten Katholiken haben nur vage, oft auch falsche Vorstellungen von dieser Wirklichkeit. Selbst gute Christen, die oft beichten, fragen sich, warum denn Reue, Bekenntnis nicht genügen, alles wieder in Ordnung zu bringen. Ein einfaches Beispiel erklärt, warum der Ablass nicht unwichtig und nebensächlich, geschweige denn falsch und überholt ist.

„Und wer bitte bezahlt die Rechnung?“

Peter und Franz sind Freunde, aber eines Tages kommen sie doch in Streit. Erst beleidigen sich die Jungen, dann beginnen sie zu raufen, wälzen sich über den Boden und schlagen zu. Dabei trifft Peter den Franz so unglücklich, dass er ihm einen Zahn ausschlägt. Autsch! Schlagartig endet der Streit und die beiden laufen verärgert nach Hause. Daheim angekommen, bereut Peter seinen üblen Schlag in das Gesicht des Freundes. Er fährt zu seiner Wohnung und bittet um Verzeihung. Er erkennt ohne lange Diskussion an, dass er zu weit gegangen ist, und dass alles schon damit begann, dass er sich wegen einer Kleinigkeit über den Freund geärgert und ihn darum beleidigt habe. Franz lässt sich von diesem Bekenntnis rühren und erkennt die Reue des Freundes an. Mit blutendem Taschentuch vor dem Mund, stammelt er: „Ist schon wieder gut. Freunde?“ – „Freunde!“

Das, was hier zwischen Peter und Franz geschieht, das ereignet sich in der Beichte. Aus Feinden werden wieder die alten Freunde. Gott vergibt. Immer und immer wieder. Freilich bleibt der Schaden, die Folge der Sünde – in unserem Fall – der ausgeschlagene Zahn. Peter begleitet seinen neu gewonnenen, alten Freund zum Arzt, der die Sache recht schnell in Ordnung bringt.

Wer bezahlt aber nun für die medizinische Hilfe? Eigentlich muss Peter dafür bezahlen, aber so viel Geld bringt er nur bei monatelangem Sparen seines Taschengeldes zusammen. Nehmen wir an, er erzählt die Geschichte ehrlich seiner Mutter, die – als sie sieht, dass Peter schon „gebeichtet“ hat und ehrlich bereut, was er getan hat – sofort bereit ist, die Rechnung zu übernehmen und den Schaden im Namen ihres Sohnes wieder gut zu machen. Freilich stellt sie eine kleine Bedingung: Peter muss als Strafe – er soll ja doch auch irgendwie spüren, dass das kein harmloser Vorfall war, bei dem man mal ein Auge zudrücken kann – einen Monat lang den Müll raustragen. Peter atmet erleichtert auf: „Gerne mach ich das! Das hätte viel schlimmer für mich ausgehen können.“

Sünden provozieren kein schlechtes Karma, aber haben Konsequenzen

Was hier beschrieben wird, ist der Ablass, der Nachlass zeitlicher Sündenstrafen. Alles, was wir tun, hat Folgen – für die schlechten müssen wir geradestehen. Weil wir das aber oft nicht schaffen, greift „Mutter Kirche“ ein. Sie bezahlt für uns aus dem „Schatz der guten Werke Christi und der Heiligen“. Das Bankkonto dieser Frau ist voll – wieder einmal scheint sich alles „nur“ um’s Geld zu drehen! – weil sie so viel von Christus, Maria, den Aposteln und allen Heiligen bis heute geerbt hat mit dem Auftrag, damit Gutes zu tun. Die Kirche, das heißt in der Regel der Papst, verfügt über dieses Konto und teilt davon an alle aus, die darum bitten, das heißt einen Ablass gewinnen wollen. Freilich erwartet sie eine geradezu symbolische Gegenleistung, ein „kleines“ gutes Werk, einen Pfennigbetrag, den wir auf ihr Konto – man könnte auch sagen das Solidaritätskonto – aller Christen einzahlt. Einen vollkommen Ablass, also die volle Übernahme der Folgen meiner Sünde, gibt es daher nur unter fünf Bedingungen:

  1. Beichte – und das bedeutet, wie schon gesagt, Reue und Bekenntnis.
  2. Kommunion – ich muss zu Jesus laufen bzw. ihn zu mir einladen, damit die alte Freundschaft neu und vielleicht sogar noch stärker wieder auflebt.
  3. Freiheit von der Anhänglichkeit an jede Sünde – selbst einer lässlichen. Der Ablass begleicht meine Schulden. Jetzt darf ich keine kleinmütigen Kompromisse machen. Selbst 50 Cent einem Millionär aus dem Geldbeutel zustehlen – sicherlich keine schwere, aber doch eine kleine, lässliche Sünde – muss ich radikal ablehnen. Das ist der schwerste Punkt, an dem besonders deutlich wird, dass der Ablass keine billige Gnade, sondern tiefgreifende Aussöhnung und Wiedergutmachung bedeutet.
  4. Gebet nach Meinung des Heiligen Vaters – Der Papst verwaltet das „Bankkonto der Heiligen“. Er teilt im Ablass davon aus und bittet, gleichsam als kleine Gegenleistung, dass man, in der Regel ein Vater unser und ein Ave Maria, in seinen monatlich bekanntgegeben Anliegen betet. Diese muss man nicht kennen, sondern es genügt „in der Meinung des Heiligen Vaters“ zu beten)
  5. Ein gutes Werk – Das ist die kleine „Strafe“, die die Mutter zur Besserung auferlegt). Solche Werke sind zum Beispiel den Rosenkranz in Gemeinschaft beten, eine halbe Stunde Bibellesen, eine halbe Stunde Anbetung, etc. Oder wie im Heiligen Jahr das Durchschreiten einer Heiligen Pforte. An Allerseelen und den folgenden acht Tagen kann ein Ablass, allerdings nur für die Verstorbenen, gewonnen werden, wenn man als „gutes Werk“ einen Friedhof besucht, und dort für die Seelen der Verstorbenen betet.

Weder Hölle, noch Himmel – ein „Vorzimmer“ zur ewigen Seligkeit

Der Ablass ist die Vergebung zeitlicher Sündenstrafen. Was heißt das? Die Folge der schweren Sünde ist die ewige Trennung von Gott. Das nennen wir „Hölle“. Die Beichte befreit uns von der schweren Schuld und dieser entsetzlichen Konsequenz, das heißt mit der Absolution erlischt auch die ewige Strafe. Es bleibt eine zeitliche Strafe, das heißt eine Folge der Sünde, die irgendwann wieder gut gemacht ist; sei es in diesem Leben, in dem ich mich bemühe als guter Christ zu leben; oder im anderen, das heißt im Fegefeuer. Dort freilich kann der Mensch aktiv nichts mehr für sich tun. Er wird gereinigt. Die Lebenden können aber, so glauben wir Katholiken, den Seelen der Verstorbenen durch unser Gebet und auch durch den Ablass helfen. Wir sind nicht völlig von unseren Lieben getrennt, denn der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs, so Jesus selbst, ist ein Gott der Lebenden und nicht der Toten.

Katholiken können singen „We are family“

Für Martin Luther steht der Mensch allein vor Gott. Für uns Katholiken stehen neben uns die Engel und Heiligen im Himmel aber auch die Menschen auf Erden, die für uns beten. Die „Freiheit eines Christenmenschen“ von allen Mittlern, ist nur schwer durchzustehen und kann manchmal zur schmerzhaften Einsamkeit werden. Die Kirche aber ist eine Familie, deren Mitglieder füreinander einstehen. Sie ist eine Solidargemeinschaft, ein Leib, wie der heilige Paulus sagt, in dem alle leiden, wenn einer leidet; alle sich freuen, wenn einer sich freut. Unsere Gebete sind oft im Plural, weil wir immer mit und für unsere Brüder und Schwestern vor Gott stehen. Diese Dimension wird im Ablass deutlich. Er ist die Versicherung, in die alle einzahlen, und diejenigen davon profitieren, die aufgrund ihrer Sünden und Fehler in Not geraten.

Was ein Ferrari in der Waschstraße mit dem Fegefeuer zu tun hat

Der heutige Reformationstag – Luther wählte bewusst den Vorabend des Allerheiligenfestes, an dem zahlreiche Menschen zum Gottesdienst strömten und damit an der Kirchentüre Halt machten, um seine Thesen zu lesen –  mehr aber noch der 2. November als der Gedenktat „Allerseelen“, das heißt all jener, die sicher in den Himmel kommen werden und dann zu allen Heiligen gehören, jetzt aber noch im Fegefeuer leidvoll erkennen, erinnern uns an den Ablass. Er ist das große Geschenk der Kirche an ihre Kinder, die sie um Hilfe bitten. Wir müssen es nicht alleine schaffen, wieder alles in Ordnung zu bringen. Freilich versteht man ihn nur, wenn man an die Realität des Fegefeuers glaubt, in dem die Seelen schmerzvoll leiden, weil sie angesichts der Schönheit Gottes, all die vielen Flecken erkennen, die sie noch beschmutzen. Das tut weh.

Stellen Sie sich vor, ihr kostbares Auto, ein prächtiger Ferrari, der vollkommen verdreckt ist und daher unmöglich als „Hochzeitswagen“ genutzt werden kann; nein, besser noch – ein Auto empfindet keinen Schmerz – Sie selbst wären voller Ölflecken. Unmöglich, so zu seiner eigenen Hochzeit zu gehen. Kein Wasser, keine Seife, nichts in Sicht. Sie „müssen“ selbst in die Autowaschanlage, in der die harten Bürsten und die brennende Seife sie sauber reibt. Ein hinkender Vergleich, aber es geht darum, dass diese Reinigung im Fegefeuer notwendig (wie sollte man sonst zum Fest gehen?), leidvoll und passiv ist, das heißt die Seele nichts mehr für sich selbst tun kann. Sie kann sich nicht selbst waschen, aber doch erträgt Sie „gerne“ die schmerzhafte Prozedur, um endlich sauber zum Hochzeitsmahl gehen zu können. Sie werden „gefegt“, besser gesagt, gereinigt.

Wir können den Seelen der Verstorbenen helfen. Die „armen Seelen“ können nichts mehr für sich selbst tun. Sie sind Bettler, die von unseren Gebeten profitieren. Sie werden gerettet, wie der heilige Paulus über das Fegefeuer sagt, aber nur wie durch Feuer hindurch (vgl. 1 Kor 3, 12).

Beten wir für die armen Seelen in diesen Tagen, damit sie – die sicher in den Himmel kommen werden – auch für uns vor Gott eintreten. „We are family“ – eine große Familie, die auf Erden streitet, im Fegefeuer leidet und im Himmel triumphiert und feiert.

 

Der Beitrag Der Ablass – Den gibt’s doch gar nicht mehr! erschien zuerst auf cathwalk.de und wurde von Cathwalk verfasst.

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