Leiblichkeit Archive - cathwalk.de https://www.thecathwalk.de/tag/leiblichkeit/ Abendland & Alte Messe Fri, 15 Feb 2019 17:27:36 +0000 de-DE hourly 1 https://wordpress.org/?v=6.5.2 https://www.thecathwalk.de/wp-content/uploads/sites/2/2017/04/cropped-Logo-The-Cathwalk-transparenter-Hintergrund-150x150.png Leiblichkeit Archive - cathwalk.de https://www.thecathwalk.de/tag/leiblichkeit/ 32 32 Liebt einander! – Teil 1 https://www.thecathwalk.de/2016/11/08/liebt-einander/?pk_campaign=feed&pk_kwd=liebt-einander https://www.thecathwalk.de/2016/11/08/liebt-einander/?pk_campaign=feed&pk_kwd=liebt-einander#respond Tue, 08 Nov 2016 10:22:03 +0000 http://thecathwalk.de/?p=7753 Von Georg Dietlein Im vorangehenden Abschnitt (Die Zukunft hängt an der Liebe [1][2][3][4]) haben wir ganz generell unser Verhältnis zu unserer eigenen Leiblichkeit und Geschlechtlichkeit betrachtet. Wir sind zu der Einsicht gelangt, dass Gott uns unsere Geschlechtlichkeit geschenkt hat, damit wir aus uns herauszutreten und anderen Zeichen unserer liebenden Hingabe schenken. Unsere Sexualität ist kein […]

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Von Georg Dietlein

Im vorangehenden Abschnitt (Die Zukunft hängt an der Liebe [1][2][3][4]) haben wir ganz generell unser Verhältnis zu unserer eigenen Leiblichkeit und Geschlechtlichkeit betrachtet. Wir sind zu der Einsicht gelangt, dass Gott uns unsere Geschlechtlichkeit geschenkt hat, damit wir aus uns herauszutreten und anderen Zeichen unserer liebenden Hingabe schenken. Unsere Sexualität ist kein Relikt eines „Urmenschen“ in uns, das allein deshalb im Laufe der Evolution nicht abgestorben ist, damit die Menschheit nicht ausstirbt. Der Sinn unserer Sexualität ist weder allein unsere Fortpflanzung noch unsere Lustgewinnung. Wie wir im ersten Buch der Heiligen Schrift lesen, gehörte die Bipolarität von Mann und Frau bereits von Anfang an zum Schöpfungswerk Gottes dazu.

Bereits vor dem Sündenfall waren Adam und Eva geschlechtlich. Obwohl sie unsterblich waren, schenkte ihnen Gott die Fähigkeit, sich zu vermehren – nicht allein zur Selbsterhaltung der Menschheit, sondern vor allem als Ausdruck der Liebe. Geschlechtlichkeit und Sexualität sind von Anfang an als etwas sehr Positives konnotiert. Gott erschuf den Menschen als Mann und Frau – und er sah, dass es gut war. Die Zweiheit von Mann und Frau, ihre Abhängigkeit voneinander und ihre Erfüllung im miteinander und ineinander gehört zur göttlichen Schöpfungsordnung dazu. Mann und Frau sollen sich finden. Sie sollen sich aneinander verschenken. Ausdruck ihrer sich verschenkenden, verbindlichen und endgültigen Liebe ist schließlich die geschlechtliche Gemeinschaft von Mann und Frau.

Der Natur des Menschen ist nicht die Einsamkeit, sondern die Zweisamkeit eingeschrieben. Gott will nicht, dass der Mensch selbstbezogen oder egomanisch bleibt. Vielmehr will er das Miteinander, Zueinander und Aufeinander hin der Menschen sehen. So lesen wir im zweiten Schöpfungsbericht: „Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei“ (Gen 2, 18). Gott will den Menschen nicht nur als Hüter seiner Schöpfung haben. Er will ihm auch Anteil an seinem eigenen Wesen schenken, das die Liebe ist. Der Mensch soll mehr sein als ein Tier. Er soll nicht nur essen, trinken und sich vermehren können. Das, was den Menschen vom Tier unterscheidet, ist seine Fähigkeit zur Liebe.

Darum unterscheidet sich die Sexualität des Menschen auch fundamental von der Sexualität des Tieres. Tiere „schlafen“ nicht „miteinander“. Ihre geschlechtliche Gemeinschaft ist niemals Ausdruck von Freiheit oder sich verschenkender Liebe. Tiere können ihre Sexualität noch nicht einmal lenken, steuern oder abschalten. Als triebgesteuerte Wesen folgen sie ihrem natürlichen Paarungs-, Balz- oder Brunftverhalten. Sie haben feste Rhythmen, Zyklen und Formen der Begattung. Die Sexualität des Tieres dient allein der Arterhaltung und ist niemals Ausdruck freier und echter Liebe.

Anders ist es beim Menschen. Zwar gehört auch der Sexual- und Selbsterhaltungstrieb zur Natur des Menschen. Seine Sexualität kann er allerdings frei steuern. Er kann sich frei dafür und dagegen entscheiden. Der Sexualtrieb des Menschen beherrscht oder versklavt ihn also nicht. Und im Gegensatz zum Essen und Trinken kann der Mensch – zumindest als einzelner – auch ohne Sex überleben. Sex beruht also immer auf der freien Entscheidung zweier Personen füreinander. Ihr wohnt ein besonderes Element der Freiheit inne: „Ich habe mich für Dich entschieden.“ Die Sexualität des Menschen ist daher niemals allein Mittel zur Fortpflanzung und zur Triebbefriedigung, sondern immer auch Ausdruck der sich selbst bindenden Freiheit, die im Optimalfall echte Liebe ist.

YOLO – You only live once?

Liebe als sich selbst bindende Freiheit? Weniger Gefühl als eine ganz bewusste Entscheidung für etwas und jemanden? Klingt gut, ist aber gar nicht so einfach! Wir leben heute in einer Welt, in der das Motto „You only live once“ zum Maßstab geworden ist. Das Leben ist eine ewige Premiere. Jede Sekunde muss genutzt werden. Was ich im hier und heute verpasse, habe ich für immer verpasst. Mein Leben bietet mir unendliche Möglichkeiten – und: Man lebt nur einmal!

Diese Denkweise macht es jungen Menschen heute immer schwerer, sich zu entscheiden und sich für eine längere Zeit zu binden. Entscheidungen und Bindungen sind immer Früchte von Freiheit, begrenzen diese Freiheit aber auch. Freiheit wäre nichts wert, wenn ich sie nicht gebrauche, wenn ich mich nicht entscheide. Gleichzeit führt der Gebrauch der Freiheit, die Entscheidung, immer zu einem Minus an Freiheit. Dies zu Ende gedacht bedeutet aber: Gerde endgültige Bindungen und Beziehungen – die scheinbare Unfreiheit – sind die höchste Form und die schönste Frucht menschlicher Freiheit. Hier hat sich die Freiheit verwirklicht und für eine Ausgestaltung ihrer selbst entschieden.

Ganz genauso ist es bei der menschlichen Liebe. Gott hat den Menschen aus Liebe und zur Liebe erschaffen. Jeder einzelne von uns ist ein Gedanke Gottes. Gott hat uns um unserer selbst willen geschaffen und uns mit der Freiheit ausgestattet, die notwendig ist, um seine Liebe mit Gegenliebe zu beantworten. Unsere Freiheit ist auf die Liebe hin ausgerichtet – die Liebe zu Gott und die Liebe zu anderen Menschen. In unserer Freiheit können wir uns jeweils für oder gegen die Liebe entscheiden. Das Entscheidende ist, dass wir uns entscheiden. Unsere Leiblichkeit hat uns Gott nicht geschenkt, damit wir einander ausprobieren und konsumieren wie Objekte. Liebe ist eine verbindliche Entscheidung. Wenn ich mich an jemanden mit Leib und Seele verschenke, so erwarte ich, dass diese Liebe auch ehrlich erwidert wird und ich nicht missbraucht werde. Nur wer verbindlich liebt, liebt wirklich.

Die Wahrhaftigkeit der Liebe

Und damit sind wir bei der Frage nach der Wahrhaftigkeit unserer Liebe. Eigentlich können wir uns diese Frage in jeder Lebenslage und mit Blick auf jede Person stellen: Mit welcher Liebe lieben wir unseren Ehepartner, unsere Kinder, unsere Eltern, unsere Geschwister, unsere Freunde, unsere Feinde, unseren Nächsten? Hier geht es immer um die Reinheit, Wahrhaftigkeit und Echtheit unserer Liebe! – Halten wir einen Augenblick inne und stellen uns diese Frage: Ist unsere Liebe wirklich echt, ehrlich und wahrhaftig? Geht es mir wirklich um das Du, um die Freiheit und das Wohlergehen meines Gegenübers? Oder stelle ich meine eigenen Träume, mein Verlangen, meine Wünsche und Erwartungen in den Vordergrund? Liebe ich Dich oder liebe ich nur Deine Geschenke und oberflächlichen Vorzüge?

Ein interessanter Ort, um sich die Frage nach der Echtheit unserer Liebe zu stellen, sind Discotheken. Unter vielen Jugendlichen geht es hier recht freizügig und zügellos zur Sache: Paare, die sich bisher kaum kennen und doch eng umschlungen tanzen. In Amerika ist diese „Tanzart“ noch viel weiter verbreitet und gehört zum Standardprogramm in der Disco: Der Herr schmiegt sich von hinten an „seine“ Dame an, die in rhythmischen Bewegungen ihre Hüfte kreisen lässt und mit ihrem Hintern an sehr privaten Stellen des Herrn reibt – eine Form imitierten Geschlechtsverkehrs. Das ganze nennt man dann „Grinding“ („reiben“), „Booty Dancing“, „Freak Dancing“ oder „Perreo“ (von spanisch „perro“, d.h. Hund). Den „Perreo“ tanzen übrigens nicht nur verliebte oder verheiratete Tanzpartner, sondern auch Jugendliche, die sich gerade erst auf der Tanzfläche begegnet sind. Der „Intimtanz“ geht – gerade zu fortgeschrittener Stunde – oft mit ganz bestimmten Hintergedanken einher und ist dann der erste Schritt auf dem Weg ins Bett.

Für mich war außerdem eine interessante Erkenntnis, wie in Discotheken zu fortgeschrittener Stunde die „Intervallszeit“ sinkt, also die Zeitspanne zwischen der ersten Begegnung zweier Menschen – meist auf der Tanzfläche – und ihrem ersten Kuss. Meist ging die Initiative dazu vom männlichen Teil aus. Die Antwort der Dame erfolgte meist eher schüchtern, notgedrungen oder unwillig. So ein Kuss muss sich natürlich entwickeln. Schließlich kam mir die „Intervallszeit“ in den meisten Fällen aber doch sehr gering vor. Die Jugendsprache hat für solche Situationen der Enthemmung ganz eigene Vokabeln: „schmusen“, „züngeln“, „knutschen“, „rumlecken“, „rummachen“, „fummeln“. In diesen Worten drückt sich im Kern aus, worum es beim sog. „Rummachen“ eigentlich geht: weniger um Liebe als um das Spiel, um das Sammeln neuer Erfahrungen und das Auslieben und Ausleben eigener Phantasien und Träume.

Soweit so gut. Der Austausch von Küssen und Zärtlichkeiten ist ja an sich eine wunderbare Sache – soweit und solange sie ernst gemeint sind. Aber spätestens dann, wenn das Mädchen, mit dem ich getanzt, geflirtet und „rumgemacht“ habe, wirklich echtes Interesse an mir zeigt, ergibt sich ein größeres Problem: Für mich war das ganze möglicherweise nur ein Spiel, ein Experiment oder eine nette Erfahrung. Meine Tanzpartnerin hingegen hat meine Liebkosungen, Zärtlichkeiten und Küsse als Ausdruck meiner Liebe verstanden – und nicht als „Selbsthilfe“ zur Triebbefriedigung. Die Konsequenz ist offensichtlich: Ein solcher Abend hinterlässt nicht nur Sehnsucht, Liebeskummer und enttäuschte Erwartungen, sondern auch tiefe Verletzungen. Ich selbst habe eine Person, die von der Echtheit meiner Liebe ausgegangen war, nicht nur angelogen und „verarscht“, sondern auch zum Objekt der Triebbefriedigung degradiert. Ich habe mein Gegenüber von Grunde auf belogen und bloß ihre Leiblichkeit, nicht aber ihre Ganzheit als Person ernst genommen. Im Grunde hätte ich sagen können und – aus Gründen der Ehrlichkeit – sagen müssen: „Du als Person interessierst mich eigentlich gar nicht. Das einzige, was mich an Dir interessiert, ist Dein Körper.“ – Wer so etwas sagt, hat Lieben eindeutig verlernt. Er ist nur noch Sklave seiner Triebhaftigkeit.

Liebe braucht Ganzheitlichkeit und Verbindlichkeit

Wenn zu später Stunde (fast) alles erlaubt ist, ergibt sich ein weiteres Problem, nämlich das der unverbindlichen „Liebe“: übereiltes oder zumindest kaum ernst gemeintes Küssen – Berührungen und Zärtlichkeiten, die mehr Spiel und Experiment als Zeichen wahrer Liebe sind – möglicherweise sogar noch verbunden mit der Einladung, eine gemeinsame Nacht der Unverbindlichkeit und „Freizügigkeit“ zu verbringen. Jugendliche nennen diesen Vorgang „abschleppen“ bzw. „klarmachen“ und bringen damit eine tiefliegende Wahrheit zum Ausdruck: Eigentlich geht es mir nicht um die Freiheit des anderen, sondern um Sex ohne Beziehung und ohne Bindung. Letztlich möchte ich mein Gegenüber nur konsumieren – wie eine Tüte Chips oder eine Flasche Cola.

Das Traurige hierbei ist nicht einmal die Unverbindlichkeit, mit der hier „geliebt“ wird. Viel erschütternder ist, dass hier noch nicht einmal geliebt wird. Lieben kann ich eine Person nur ganz – mit Leib und Seele. Begehre ich ihren Leib, liebe ich die Person als solche nicht. Wahre Liebe liebt eine Person immer um ihrer selbst willen, nicht etwa wegen ihrer attraktiven Figur oder anderer Vorzüge. Ein guter Maßstab dafür ist etwa folgende Frage: Will ich wirklich die Freiheit und das Wohlergeben dieser Person? Oder möchte ich sie nur für meine eigenen Zwecke und Bedürfnisse vereinnahmen? Konsumieren wir uns ausschließlich? Oder lassen wir uns wirklich aufeinander ein?

Liebe will die Freiheit des anderen

Oder aus einem anderen Blickwinkel: Wie sieht die reine, ehrliche und wahrhaftige Liebe auf zwei Personen, die sich gerade verliebt küssen – wenn sich der Teufel zu Wort meldet: „Schau mal, die da hättest Du auch haben können!“ – Die reine, ehrliche und wahrhaftige Liebe will immer die Freiheit des anderen. Sie ist glücklich, wenn das Gegenüber glücklich ist.

Sie leidet, wenn das Gegenüber leidet. Und darum liebt sie die Freiheit der anderen Person selbst dann, wenn diese ablehnend ausfällt, wenn die andere Person nicht viel mit mir zu tun haben möchte und mir „einen Korb gibt“. Das fällt nicht immer leicht. Nichts ist schlimmer als enttäuschte und verschmähte Liebe. Verliebt-Sein kann man nicht einfach abstellen. Es bleibt eine Sehnsucht, die nie in Erfüllung gehen wird. Zum Heulen!

Wer jemanden liebt, möchte ihn am Liebsten in seine Arme schließen und nie mehr loslassen. Wahre Liebe umfasst eben nicht nur die freimachende Liebe, sondern auch, wenn sich zwei Liebende einmal gefunden haben, die begehrende Liebe. Wer sich liebt, möchte sich am liebsten nie wieder trennen und für immer zusammensein. Im Verhältnis zwischen Eltern und Kindern tritt noch eine weitere Form von Liebe hinzu: die aufopferungsvolle und sich verzehrende Sorge der Eltern um ihre Kinder, die den Kindern im Interesse um ihr Wohlergehen auch einmal einen Wunsch abschlagen muss.

Am deutlichsten wird die Liebe der Eltern zu ihren Kindern etwa dann, wenn sie ihr eigenes Leben aufs Spiel setzen, um das Leben ihrer Kinder zu retten. Hierzu ein ganz alltägliches Beispiel: Was wird eine Mutter tun, wenn sich ihr Kind plötzlich von der Hand losreißt und auf eine vielbefahrene, lebensgefährliche Straße losläuft? Sie wird ihrem Kind hinterherlaufen – und wenn sie es eingeholt hat, wird sie es an sich drücken und möchte es nie wieder loslassen.

Bei der Liebe zwischen Mann und Frau läuft das alles etwas anders. Keiner von beiden hat das Erziehungsrecht bzw. die Erziehungspflicht über den anderen, so dass die Grundlage der Beziehung absolute Freiheit ist. Wenn einem Jungen sein Mädchen – aus welchen Gründen auch immer – wegläuft, so darf er ihr zwar hinterherlaufen, festhalten und an sich reißen darf er sie allerdings nicht. Hier finden Liebe und Verliebt-Sein ihre Grenzen an der menschlichen Freiheit. Einem Verliebten mag dies auf den ersten Blick vermutlich nicht einleuchten. Liebe macht blind. Liebe versetzt uns – auch medizinisch nachweisbar – in einen Rauschzustand, in dem wir – zwanghaft – beinahe alles tun würden, um die geliebte Person für uns zu gewinnen bzw. um ihr etwas Gutes zu tun. Wir könnten die Welt umarmen!

Doch Liebeseifer, Eifersucht und Liebeskummer in allen Ehren – wer liebt, muss auch loslassen können. Sonst wird Liebe krankhaft und vereinnahmend. Zwar gibt es auch eine gesunde Form von Liebeseifer, die uns dazu treibt, hinter unserem Geliebten bzw. unserer Geliebten „hinterherzulaufen“ – genauso wie Gott uns Menschen als „Mitliebende“ möchte und uns bis zur letzten Sekunde unseres Lebens hinterherlaufen wird.1 Gleichwohl gibt es hier auch Grenzen. Im letzten Moment respektiert die Liebe die endgültige Entscheidung des anderen, auch wenn diese negativ ausfällt. Wahre Liebe will immer die Freiheit des anderen, auch wenn dies gerade mit Blick auf die Liebe zwischen Mann und Frau sehr schwer fallen kann.

Wer sagt dem anderen am Ende einer Beziehung schon gerne „Alles Gute für Dein weiteres Leben“? Eine Trennung fällt immer sehr schwer. Tiefe Gefühle, Protest, Wut, Rachsucht und Depressionen gehen oft damit einher. Doch auch damit muss die Liebe „klarkommen“. Letztlich gehört dieser Schritt zur Konsequenz von Liebe und Hingabe dazu: Liebe geht so weit, dass sie dazu bereit ist, zurückzustecken, loszulassen und neu anzufangen. Und darum ist es so wichtig, auch nach einer gescheiterten Beziehung den anderen wieder als Person anzusehen, ihm nicht nachzustellen, seine Freiheit zu achten und ihn vor allem nicht zum Objekt zu machen, auf das ich Wut und Rache projiziere. Das fällt nicht immer einfach, ist aber der Anspruch der Liebe, den wir erlernen können.

Mit Blick auf die Endlichkeit und Begrenztheit des menschlichen Lebens müssen sich zwei Verliebte – so sehr diese Perspektive aus dem Blick rücken mag – übrigens stets darauf einstellen, dass diese Liebe eines Tages – zumindest in dieser Form – durch den natürlichen Tod eines Menschen zu Ende gehen wird. Das ist die große Zumutung der Liebe: Sie, die eigentlich die Unendlichkeit und Unbedingtheit des anderen will, muss lernen, die Endlichkeit und Bedingtheit des anderen anzunehmen – und den anderen gerade unter diesen Prämissen zu lieben. Liebe ist völlig verrückt, könnte man da denken.

Aber kommen wir noch einmal zurück zum Blick in die Diskothek: Wo ein Junge vorprescht, ein Mädchen antanzt und schließlich darauf losküsst, kann von Liebe kaum die Rede sein. Wirklich lieben kann ich eine Person eigentlich erst dann, wenn ich sie auch kenne – im Kontext einer Diskothek: wenn ich wenigstens ihren Namen weiß! Darum kann man sich auch erst nach einigen persönlichen Treffen wirklich ehrlich küssen. Ansonsten wird der Kuss – ein intimes Zeichen meiner Liebe, das ich eigentlich immer nur einer Person schenken kann – seines Sinngehaltes beraubt. Vielmehr noch: Der voreilige Kuss wird zur Lüge. Er verhindert das Wachstum wahrer Liebe und wird daher zum „Beziehungskiller“.

Er überrumpelt die Freiheit des einen und beweist, dass der andere den Zusammenhang von wahrer Liebe und echter Freiheit noch nicht verstanden hat. In dem Falle bleibt der erste Kuss auf der Ebene des Verliebt-Seins und ist möglicherweise gar nicht bereit, bis hin zu jener sich entäußernden und verzehrenden Liebe zu gehen. Was würden wir zu einem Jugendlichen sagen, wer sich von einem zum nächsten Mädchen über die Tanzfläche „durchtanzt“ und „durchknutscht“? Das kann er doch nicht ernst meinen! Und ebenso muss die Liebe mit ihren körperlichen Ausdrucksformen wachen: erst eine freundschaftliche Umarmung, später vielleicht eine zärtliche Berührung, die zum ersten Kuss führen kann. Wer sich küsst, signalisiert damit nach außen: Unsere Liebe ist gefestigt.

Wir sind ein Paar! Wer in diesem Punkt übereilt vorprescht, kann es mit der Liebe eigentlich gar nicht ernst meinen, denn wahre Liebe nimmt immer die Freiheit des anderen in den Blick, lässt sie sich entfalten und akzeptiert sogar die ablehnende Entscheidung des anderen. Wer eher auf schnelle Entscheidungen ohne viel Spielraum steht und seinen Partner vor die Alternative „das erste Mal Sex“ oder „Schluss machen“ stellt, ist allein auf die körperlichen Vorzüge des Gegenübers aus. Er möchte sie ausprobieren, austesten, vielleicht auch ausnutzen. An der Person als solcher hat er aber doch weniger Interesse. Er möchte sich eben nicht unbedingt an sie verschenken, sondern stellt die Beziehung unter eine Bedingung. Gerade aber das hat nichts mehr mit Liebe zu tun.

Keine Person sollte sich ausprobieren, austesten oder ausnutzen lassen müssen. Liebe bedeutet ja gerade die Wertschätzung einer Person um ihrer selbst willen. Das heißt: diese Person ohne Bedingungen und Hintergedanken anzunehmen – egal, was die Zukunft bringt – egal, wie die Person sich beim „ersten Mal“ im Bett verhalten wird. Insofern muss jeder, der eine Beziehung und später die heilige Ehe eingeht, ein Stück weit „die Katze im Sack“ kaufen. Doch Verliebte sehen dieses gegenseitige Sich-Überantworten nicht mehr als Risiko, sondern als lebenslanges Abenteuer in unbedingtem Vertrauen und bedingungsloser Hingabe.

1 Vom seligen Johannes Duns Scotus (13./14. Jahrhundert) stammt der schöne Satz: „Deus vult condiligentes“ (Opus Oxoniense III d. 32 q. 1 n. 6) – „Gott will Mitliebende“. Gott, der seinem dreifaltigen Wesen nach in sich selbst die Liebe ist, der uns von Anfang an geliebt hat und uns immer noch liebt, möchte uns Menschen mit seiner Liebe ansprechen und uns in seine Liebesgemeinschaft gleichsam „hineinziehen“. Wie viel Leid, Schmerz und Liebeskummer muss Christus wohl erleben, da wir seine unbegreifliche und unendliche Liebe nicht liebevoll erwidern?

Georg Dietlein (* 1992) ist katholischer Journalist und Publizist. Er begann sein Studium der katholischen Theologie an den Universitäten Bonn und Köln bereits als Schüler im Alter von 13 Jahren. Mit 15 Jahren veröffentlichte er sein erstes Buch. 2013 schloss er sein Studium der Betriebswirtschaftslehre an der Universität zu Köln mit einer Arbeit zum kirchlichen Management ab. Zur Zeit beendet er sein Studium der Rechtswissenschaften an der Universität zu Köln.

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Die Zukunft hängt an der Liebe – Teil 4 https://www.thecathwalk.de/2016/04/21/die-zukunft-haengt-an-der-liebe-4/?pk_campaign=feed&pk_kwd=die-zukunft-haengt-an-der-liebe-4 https://www.thecathwalk.de/2016/04/21/die-zukunft-haengt-an-der-liebe-4/?pk_campaign=feed&pk_kwd=die-zukunft-haengt-an-der-liebe-4#comments Thu, 21 Apr 2016 11:32:49 +0000 http://thecathwalk.de/?p=2994 Von Georg Dietlein Um den Angriffen des Teufels auf Augenhöhe entgegentreten zu können, ist ein gefestigtes geistliches Leben besonders wichtig. Das Gebet ist gleichsam der Gegenpol zu unseren unreinen Gedanken. Das Gehirn verträgt kein Vakuum. Kommen in uns unreine Gedanken auf, so ist es die einzige erfolgsversprechende Lösung, diese mit dem Gedanken an Jesus Christus […]

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Von Georg Dietlein

Um den Angriffen des Teufels auf Augenhöhe entgegentreten zu können, ist ein gefestigtes geistliches Leben besonders wichtig. Das Gebet ist gleichsam der Gegenpol zu unseren unreinen Gedanken. Das Gehirn verträgt kein Vakuum. Kommen in uns unreine Gedanken auf, so ist es die einzige erfolgsversprechende Lösung, diese mit dem Gedanken an Jesus Christus zu überwinden. Frieren wir unsere Gefühle und Assoziationen für einen kurzen Moment ein, führen wir uns vor Augen, was für erbärmliche und hilfsbedürftige Menschen wir eigentlich sind – und dann denken wir an Jesus: Alleine können wir den Kampf nicht bestreiten. Doch seine Gnade genügt uns.

Je stärker wir im Glauben und im Gebet stehen, desto höher sind die Mauern unserer inneren Festung, die der Satan erst einmal überwinden muss: „Wer das Gebet übt, bleibt nicht lange in der Sünde. Denn entweder wird er das Gebet oder die Sünde lassen, weil Gebet und Sünde nicht nebeneinander bestehen können“ (hl. Teresa von Avila). Besonders schön ist es etwa im Bereich der heiligen Reinheit, wenn wir regelmäßig Zuflucht bei Maria suchen und den heiligen Rosenkranz oder zumindest häufig das Ave Maria beten. Gehen wir wirklich ein Bündnis mit Maria ein! So könnten wir unseren Tag gleich mit einem Gebet zu Maria beginnen, um 12.00 Uhr beim Engel des Herrn innehalten, auch während unserer Arbeit an Maria denken und unseren Tag vor dem Schlafengehen mit einem Gebet zu Maria beenden.

Das geistliche Leben als Abwehrkraft

Besonders gerne bete ich persönlich am Ende des Tages noch die Komplet, das Nachtgebet der Kirche. Die Komplet lädt dazu ein, den Tag Revue passieren zu lassen und die Nacht Gott anzuvertrauen. Wer die Komplet als Teil des Stundengebets der Kirche beten möchte, findet die entsprechenden Texte im Internet1 – wer mag sogar als Anwendung für das Handy.2 Und wer auch nach einem Nachtgebet immer noch nicht einschlafen kann, dem empfehle ich, etwas Musik zu hören, die von Jesus handelt: Anbetungsmusik, Musik aus Taizé oder ein schönes Kirchenlied. Diese Musik macht unsere Gedanken rein und lässt Christus im Unterbewusstsein unserer Gedanken für die Nacht Platz nehmen. Wenn selbst die letzte dunkle Stelle unserer Seele mit dem Licht Christi erfüllt ist, hat der Teufel keine Chance mehr, sich unserer zu bemächtigen: „Herr, das Licht Deiner Liebe leuchtet auf, strahlt inmitten der Finsternis für uns auf.“

Bereits der heilige Petrus mahnte seine Schüler zum unerbittlichen Kampf gegen den Teufel, machte ihnen aber zugleich Mut, denn diesen Kampf dürfen wir mit der Gnade Gottes kämpfen: „Seid nüchtern und wachsam! Euer Widersacher, der Teufel, geht wie ein brüllender Löwe umher und sucht, wen er verschlingen kann. Leistet ihm Widerstand in der Kraft des Glaubens! Wisst, dass eure Brüder in der ganzen Welt die gleichen Leiden ertragen müssen! Der Gott aller Gnade aber, der euch in Christus zu seiner ewigen Herrlichkeit berufen hat, wird euch, die ihr kurze Zeit leiden müsst, wieder aufrichten, stärken, kräftigen und auf festen Grund stellen“ (1 Petr 5, 8 – 10).

Jeder Mensch ist aus einem anderen Holz geschnitzt. Jeder hat seine eigenen schlechten Gewohnheiten und Macken. Jeder reagiert anders auf die Versuchungen des Teufels. Doch bei all dem dürfen wir sicher sein: Wenn wir unsere Hände in die des himmlischen Vaters legen, wenn wir uns ihm ganz hingeben, so wird auch er uns nicht im Stich lassen. Lust kommt und geht. Begierden steigen und fallen. Versuchungen bedrängen uns und weichen wieder. Doch Gott allein ist ewig.

Lesen wir zum Abschluss einen Abschnitt aus einer Predigt des heiligen Josemaría Escrivá:

Ein reines Leben ohne die Hilfe Gottes zu führen, ist unmöglich. Gott will, dass wir demütig sind und Ihn um seine Hilfe bitten. Du musst vertrauensvoll die Mutter Gottes anflehen, hier und jetzt, ohne den Lärm von Worten, in der von Gott erfüllten Einsamkeit deines Herzens: Meine Mutter, sieh mein armes Herz, es begehrt so töricht auf… Wenn du mir nicht hilfst… Und sie wird dir beistehen, es rein zu bewahren und den Weg zu gehen, auf den Gott dich gerufen hat.

Meine Kinder: Demut, Demut. Lernen wir, demütig zu sein. Um die Liebe lebendig zu erhalten, muss man klug und wachsam sein und darf sich nicht von Furcht beherrschen lassen. Viele geistliche Klassiker vergleichen den Teufel mit einem tollwütigen Hund, der an der Kette liegt. Wenn wir uns ihm nicht nähern, kann er uns nicht beißen, mag er auch ständig bellen. Wenn ihr in eurem Herzen demütig bleibt, werdet ihr ganz sicher die Gelegenheiten meiden und den Mut haben zu fliehen; und jeden Tag werdet ihr von neuem die Hilfe des Himmels anrufen, um auf diesem eurem Pfad weiter voranzuschreiten als Menschen, die wirklich lieben.3

Gewissenserforschung

Wie gehe ich mit meinem eigenen Leib um? Achte ich ihn als Tempel des Heiligen Geistes? Begreife ich meine eigene Leiblichkeit als Geschenk Gottes? Achte ich auf äußere Ordnung, Sauberkeit und sittliche Kleidung? Bemühe ich mich um die Gesundheit meines Leibes?

Wie drücke ich durch meine Leiblichkeit Zuneigung, Liebe und Hingabe aus? Bin ich aufrichtig und ehrlich mit Zeichen der körperlichen Zuneigung, mit Zärtlichkeiten und Küssen? Meine ich das, was ich durch meinen Leib ausdrücke, auch ernst?

Bemühe ich mich um die heilige Reinheit meines Leibes? Bewahre ich mir die innere Freiheit von allen Dingen, die mich körperlich und geistig abhängig machen und mich versklaven können? Kämpfe ich an gegen jede Form von Sucht und gegen meine schlechten Gewohnheiten?

Bin ich in meiner Leiblichkeit nur auf mich selbst bezogen? Wie ist mein Verhältnis zu Selbstbefriedigung und Pornographie? Bereue und bekenne ich meine (schweren) Sünden zeitnah im Sakrament der Versöhnung – bevor ich die heilige Eucharistie empfange?

Leiste ich den Versuchungen des Teufels Widerstand? Halte ich Abstand zu unsittlichen Personen und Orten? Meide ich zweifelhafte Filme, Zeitschriften und Vergnügungen? Gehe ich verantwortungsvoll mit Radio, Fernsehen und Internet um?

1 stundenbuch.katholisch.de.

2 Die App heißt „Stundenbuch“ (dicendum) und wurde vom Deutschen Liturgischen Institut und vom Katholischen Pressebund e.V. entwickelt.

3 Josemaría Escrivá, Freunde Gottes, 2. Aufl., Köln 1980, Nr. 180.

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Die Zukunft hängt an der Liebe – Teil 3 https://www.thecathwalk.de/2016/04/18/die-zukunft-haengt-an-der-liebe-3/?pk_campaign=feed&pk_kwd=die-zukunft-haengt-an-der-liebe-3 https://www.thecathwalk.de/2016/04/18/die-zukunft-haengt-an-der-liebe-3/?pk_campaign=feed&pk_kwd=die-zukunft-haengt-an-der-liebe-3#comments Mon, 18 Apr 2016 14:30:56 +0000 http://thecathwalk.de/?p=2980 Von Georg Dietlein Wer regelmäßig Pornographie konsumiert und sich in der Sucht der Selbstbefriedigung verfangen hat, gehört nicht verurteilt oder verteufelt. Vielmehr muss ihm geholfen werden. Nicht nur Christen und Katholiken, sondern auch Ungetaufte sprechen ungern über ihr Verhältnis zu Pornographie und Selbstbefriedigung. Irgendwie ist uns das peinlich. Es ist uns peinlich, dass wir uns […]

Der Beitrag Die Zukunft hängt an der Liebe – Teil 3 erschien zuerst auf cathwalk.de und wurde von Cathwalk verfasst.

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Von Georg Dietlein

Wer regelmäßig Pornographie konsumiert und sich in der Sucht der Selbstbefriedigung verfangen hat, gehört nicht verurteilt oder verteufelt. Vielmehr muss ihm geholfen werden. Nicht nur Christen und Katholiken, sondern auch Ungetaufte sprechen ungern über ihr Verhältnis zu Pornographie und Selbstbefriedigung. Irgendwie ist uns das peinlich. Es ist uns peinlich, dass wir uns auf ein solch tiefes Niveau herablassen und letztlich nur Sklave unserer eigenen Triebe geblieben sind.

Viele Menschen würden sich gerne aus den Schlingen von Selbstbefriedigung und Pornographie befreien, sind dazu allein allerdings nicht in der Lage. Ausnahmen werden bald zu regelmäßigen Lastern – und diese zu „eingefleischten“ Gewohnheiten, die man nur noch sehr schwer los wird. Der Apostel Paulus gibt uns dazu mit auf den Weg: „Lass dich nicht vom Bösen besiegen, sondern besiege das Böse durch das Gute!“ (Röm 12,21) – Mit anderen Worten: Gegen das Böse kommen wir nicht aus uns selbst heraus an. Wir brauchen ein Heilmittel, nämlich das Gute.

Erst wenn wir mit dem Guten gegen das Böse ankämpfen, kann es uns gelingen, dieses Böse zu überwinden. Darum sollten wir auch weniger darauf schauen, was wir eigentlich nicht tun sollten. Gewöhnen wir uns den krampfhaften und ängstlichen Blick auf Sünde und Schuld ab und starren wir nicht hoffnungslos auf das Ideal von Verzicht, Opfer, Enthaltsamkeit und Jungfräulichkeit. Wenn wir immer wieder über Selbstbefriedigung und Pornographie nachdenken, wird uns das Böse bald wieder in seinen Bann ziehen und uns überfallen. Vielmehr sollten wir darüber nachdenken, wie wir die Lücke füllen könnten, die dadurch entsteht, dass wir das Böse aus unserem Herz verbannen, es gleichsam aus unserem Herz „herausschneiden“. Diese Lücke kann man nicht mit Ge- und Verboten füllen. Halt gegen kann uns im Kampf gegen die Sünde allein: unsere unbedingte Hingabe an Jesus Christus und die Menschen – und die dazu erforderliche Gnade Gottes.

Abwendung vom Bösen durch Hinwendung zum Guten

Doch was bedeutet das konkret? – An erster Stelle sollten wir daran arbeiten, immer mehr aus uns herauszugehen, uns an andere Menschen zu verschenken und sie aufrichtig zu lieben. Wer sich wirklich in der Sucht von Selbstbefriedigung und Pornographie verfangen hat, der braucht „Ersatz“, der sucht nach etwas, das ihn wirklich erfüllt, befriedigt und ihm Halt gibt – und das ist die Liebe. Wir alle wissen, wie erfüllend und glücklich machend es sein kann, sich an andere zu verschenken. Wer einen ganzen Tag lang auf Kinder aufgepasst, wer lange Zeit kranke, alte und pflegebedürftige Menschen gepflegt, wer regelmäßig Ratsuchenden geholfen und Schüler in besonderen Lebenslagen betreut hat, der hat erfahren: Wer sich ganz gibt, der verliert nicht, sondern erhält mindestens das Doppelte zurück. Es gibt nichts Erfüllenderes als das Wissen darum, dass nicht nur wir selbst glücklich sind, sondern auch unser Gegenüber. Darum ist der erste Weg, um aus der Selbstbeschäftigung mit sich und seiner eigenen Sexualität herauszukommen, jener, den Blick vom Ich zum Du zu wenden und sich selbst in kleinen Taten der Hingabe und der tätigen Nächstenliebe zu verschenken.

Sich von der Gnade führen lassen

Doch dies alles bleibt ohne Frucht, wenn wir allein versuchen, uns selbst zu helfen. Niemand kann sich selbst helfen. Wer dies versucht, erliegt der hoffnungslosen Versuchung der Eitelkeit und des Stolzes. Gott allein kann uns helfen. Und: Er wird uns helfen. So beten wir in der Osternacht: „Denn niemand macht Fortschritte im Guten, wenn ihn nicht Deine Gnade führt.“

Wo beginnt das Wirken der göttlichen Gnade? – In den Sakramenten! Sie helfen uns dabei, uns von der Macht des Todes und der Sünde zu lösen und wieder mit der Liebe Christi in Berührung zu kommen. In unserem Leben werden wir immer wieder die Erfahrung machen, dass wir fallen, selbst in Momenten, in denen wir dies gar nicht einmal vermuten. Schlimm ist dabei noch nicht einmal die Niederlage, sondern das Liegenbleiben. Wer nach einer Niederlage sofort wieder aufsteht, sich besinnt, die eigene Schuld einsieht, bereut, im Sakrament der Beichte bekennt, büßt und sich bessert, der zieht aus der Niederlage so viel Kraft und Gnade, dass die Niederlage schließlich nicht zum Sieg des Teufels, sondern zum Sieg Christi wird. Besonders wichtig dabei ist das sakramentale Leben. Wer von der Sucht der Sünde loskommen möchte, sollte sich zunächst einem Priester anvertrauen, mit dem er sich alle zwei Wochen zur geistlichen Leitung und Beichte trifft.

Das Sakrament der Versöhnung ist dabei nicht nur der Ort, um für das Vergangene Vergebung zu erlangen, sondern auch im Künftigen besser zu werden. Dabei hilft uns die göttliche Gnade. Die Beichte ist wirklich nicht der Ort, vor dem man sich fürchten muss, sondern ein Geschenk, auf das man sich freuen kann. Wer wirklich demütig und selbstkritisch in sich geht, die eigenen Sünden voll Reue eingesteht und noch in der Beichte den ehrlichen Entschluss fasst, der Macht der Sünde abzuschwören, ist auf dem richtigen Weg. Er wird frohen Herzens und beschenkt mit so vielen Gnadengaben aus dem Beichtstuhl gehen! Freilich wird auch der reuige und zur Besserung entschlossene Sünder immer wieder vom Teufel in Versuchung geführt werden. Da gibt es einerseits die Rechtfertigungsversuche der Sünde: „Das ist doch alles gar nicht so schlimm. Das merkst Du doch. Du willst es doch auch …“ – und andererseits die Verzögerungsversuche: „Du kannst doch auch morgen noch damit anfangen, an Dir zu arbeiten. Heute doch nicht …“.

Wer den Mut hat, im Sakrament der Versöhnung demütig mit seinen Sünden vor Gott zu treten, diese offen auszusprechen und um Vergebung für seine Schuld zu bitten, der wird von Gott reichlich belohnt: Seine Demut im Umgang mit der eigenen Schuld wird in Starkmut im Kampf gegen den Teufel gewandelt, seine Abwendung vom Bösen in die Hinwendung zum Guten, seine Tränen in Freude.

Leistet Widerstand in der Kraft des Glaubens!

Oft ist es ratsam, sich von einem erfahrenen Priester geistlich ein wenig an die Hand nehmen zu lassen und sich regelmäßig zu treffen, unabhängig davon, ob es im sechsten Gebot Niederlagen gab: Was kann ich tun, um nicht erst gar nicht in Versuchung zu geraten? Was kann ich tun, um den Versuchungen des Satans zu widerstehen? Was kann ich präventiv unternehmen, um nicht in eingefleischte Gewohnheiten zurückzufallen?

Um den Kampf gegen den Teufel auch zu gewinnen, müssen wir ihn bereits weit vor den Mauern unserer Seele aufnehmen und nicht erst an den Festungsmauern selbst. „Gleichgewichtskünste am Rande des Abgrunds sind schlecht.“1 Wer sich auf unreine Gedanken und Phantasien einlässt und diese fortspinnt, ist bald nicht mehr Herr seiner selbst. Der Teufel nutzt auch den kleinsten Spalt in den Mauern unserer Seele, um sich unseres Herzens zu bemächtigen. So nimmt jeder Verstoß gegen das sechste Gebot stets seinen Anfang in unseren Gedanken und in unserer Phantasie. Vielmehr noch: Sexualität entwickelt sich immer zunächst in unserem Kopf. Begierde, Lust und Trieb sind zunächst psychische Dimensionen, die in einem zweiten Schritt auch in unserer Leiblichkeit zum Ausdruck kommen. Die frohe Botschaft dieser Einsicht lautet: Wir können unsere Sexualität, unsere Triebhaftigkeit und unsere Leiblichkeit beherrschen, solange wir unsere Gedanken beherrschen. Lassen wir uns hingegen von unseren Gedanken steuern und treiben, werden wir Sklave unserer Sexualität, unserer Triebhaftigkeit und unserer Leiblichkeit.

Ersticken wir unreine Gedanken und Phantasien bereits an der Wurzel! Lassen wir den Teufel auch nicht den kleinsten Schritt weit in unsere Seele eindringen, denn ansonsten wird er versuchen, sich unserer gesamten Seele zu bemächtigen. Unsere inneren Widerstandskräfte sind begrenzt. Hat es der Teufel einmal geschafft, sich in unsere Gedanken einzumischen, ist es ihm ein Leichtes, weiter in unser Herz vorzudringen und von dort aus unseren ganzen Körper zu infizieren. Dazu ein ganz konkretes Beispiel: Wer beim Surfen im Internet oder in sozialen Netzwerken wie facebook auf ein sexuell aufreizendes Bild stößt, ist gut damit beraten, weiterzuklicken, unmittelbar die Internetseite zu wechseln oder den Internetbrowser einfach für einen Moment zu schließen. Wer sich hingegen von dem anziehenden Bild leiten lässt – man möchte doch nur mal gucken … – und schließlich weiterklickt, gerät schnell außer Kontrolle. Gehen wir erst gar nicht auf Internetseiten, die uns in Versuchung führen könnten oder die sogar pornographisches Material beinhalten, damit sich nicht zunächst unsere Gedanken und dann unser Herz verfängt! Allzu schnell verselbständigt sich die Versuchung und erobert schließlich unser ganzes Herz. Leisten wir dem Eindringling Widerstand in der Kraft des Glaubens!

Die Erfahrung der Versuchung und des Scheiterns haben schon die engsten Freunde Jesu, die zwölf Apostel gemacht, als der Herr sie bat, ihn in den Garten Getsemani zu begleiten und dort auf ihn zu warten und für ihn zu beten. Die Szene im Garten Getsemani ist für Jesus keine unbedeutende Szene. Es ist der Abend des Gründonnerstages. Der Herr, von Judas verraten, steht kurz vor seiner Verhaftung und seiner Passion: „Meine Seele ist zu Tode betrübt. Bleibt hier und wacht!“ (Mk 14, 34) Gerade in diesem wichtigen Moment versagen die Jünger Jesu und schaffen es nicht einmal, für einen guten Freund eine Stunde lang zu wachen und zu beten. Als der Herr von seinem Gespräch mit dem Vater zurückkommt, findet er die Apostel schlafend: „Wacht und betet, damit ihr nicht in Versuchung geratet. Der Geist ist willig, aber das Fleisch ist schwach.“ (Mk 14, 38) Sicherlich hatten die Apostel die gute Absicht, wirklich wach zu bleiben und für Jesus zu beten. Doch der Teufel führte sie in Versuchung, eroberte ihre Gedanken und ließ sie schließlich fallen. Wer dem Teufel auch nur im Kleinsten nachgibt, ist schnell nicht der Herr seiner selbst. Aus dem „Ich mache nur mal kurz die Augen zu“ oder „Ich mache mal kurz ein Nickerchen“ wurde so der Schlaf der Apostel.

Um gar nicht erst zu Fall zu kommen, müssen wir präventiv tätig sein. Es wäre Sünde sich Gefahren auszusetzen, von denen wir wissen, dass wir ihnen unter Umständen nicht widerstehen können. Meiden wir etwa solche Orte, Zeiten, Medien und Personen, von denen wir wissen, dass sie unsere heilige Reinheit – die Reinheit des Herzens, der Sinne und des Leibes – gefährden könnten. Haben wir den Mut, feige zu sein, und folgen wir unseren Freunden etwa einmal nicht, wenn sie vorhaben, sich im Kino einen Film anzuschauen, von dem bekannt ist, dass er mit „schlüpfrigen“ und sexuell eindeutigen Szenen aufgeladen ist. In Zeiten des Internets können etwa auch Internetfilter für Computer und Handy hilfreich sein. Auch weitere individuelle Gefahren – Drogen, Alkohol, Fernsehen, Zeitschriften, Trägheit und Zerstreuung – sollten identifiziert und durch gute Vorsätze bekämpft werden. Oft sind sie das Einfalltor für den Teufel, der sich dann schnell unserer Sinne beraubt. In einem Buch las ich von dem beeindruckenden Zeugnis eines Ehepaares, das sich dazu entschlossen hatte, die allzu sexy Titelseite der jeweiligen TV-Programmzeitschrift einfach abzureißen.2 Ein guter Tipp, um nicht im Geiste Ehebruch zu begehen …

Schließlich geht es in heiklen Momenten darum, eine akute Versuchung zu versuchen und nicht als schöne Gelegenheit aufzufassen, noch einmal in alte Gewohnheiten zurückzufallen. Vielmehr wird hier unsere kraftvolle Absage an Satan, Sünde und Tod gefordert. Fangen wir früh genug an, Nein zu sagen – und entlarven wir den Teufel als „Vater der Lüge“ (Joh 8, 44), die Sünde als den Weg ins Unglück und die Versuchung als trügerisches Nebellicht! Sagen wir dem Teufel ins Gesicht: „Das, was Du von mir willst, entspricht nicht der Liebe Jesu Christi.“

Fortsetzung folgt.

1 Josemaría Escrivá, Freunde Gottes, 2. Aufl., Köln 1980, Nr. 186.

2 Randy Alcorn, Behüte dein Herz. Warum es wichtig ist, mit Sexualität richtig umzugehen, Bielefeld (Christliche Literatur-Verbreitung) 2014, S. 66. Auch online verfügbar: http://clv-server.de/pdf/256153.pdf.

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Georg Dietlein (* 1992) ist katholischer Journalist und Publizist. Er begann sein Studium der katholischen Theologie an den Universitäten Bonn und Köln bereits als Schüler im Alter von 13 Jahren. Mit 15 Jahren veröffentlichte er sein erstes Buch. 2013 schloss er sein Studium der Betriebswirtschaftslehre an der Universität zu Köln mit einer Arbeit zum kirchlichen Management ab. Zur Zeit beendet er sein Studium der Rechtswissenschaften an der Universität zu Köln.

Der Beitrag Die Zukunft hängt an der Liebe – Teil 3 erschien zuerst auf cathwalk.de und wurde von Cathwalk verfasst.

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Der Beitrag Die Zukunft hängt an der Liebe – Teil 1 erschien zuerst auf cathwalk.de und wurde von Cathwalk verfasst.

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Von Georg Dietlein

„Betthütermoral“ – „Schlafzimmerkontrolle“ – nicht mehr zeitgemäß – lebensfern und rückschrittlich – all dies sind Vokabeln, die immer wieder mit Blick auf die Sexualmoral der katholischen Kirche fallen. Menschen in einer zweiten zivilen Ehe („wiederverheiratete Geschiedene“), künstliche Verhütung, Geschlechtsverkehr vor bzw. außerhalb einer zivilen oder kirchlichen Ehe, „alternative“ Sexualpraktiken, offen und ganz bewusst ausgelebte Homosexualität – alles dies sind doch ganz alltägliche und vor allem normale Zustände in Deutschland – so denken viele. Was hat mir da die Kirche mit ihrer „verstaubten“ Sexualmoral zu geben?

Es wäre ziemlich töricht, diese Frage, die der katholischen Kirche ja täglich gestellt wird, mit einer Liste von Ge- und Verboten zu beantworten – oder aber haarscharf abgrenzen zu wollen, was denn nun davon lässliche oder schwere Sünde ist. Aus pastoraler Sicht wäre dies zumindest eine verpasste, wenn nicht die letzte verpasste Chance. So wichtig und wesentlich das Wort „Wahrheit“ ist: Jesus Christus hat seine Kirche nicht dazu berufen, irgendeine abstrakte Wahrheit in die Welt zu rufen, die in Glaubens- und Moralsätzen schriftlich festgehalten wurde. Vielmehr soll die Kirche die persönlichste aller Wahrheiten in die Welt tragen, nämlich Jesus Christus selbst, der Wahrheit in Liebe und Liebe in Wahrheit ist. In erster Linie ist die Kirche daher auch weder Moralapostel noch Moralanstalt. Sie soll den Menschen näher zu Christus bringen, ihn mit Christus bekannt und vertraut machen, ihn in die Freundschaft mit ihm einführen. Alles andere – auch die Moral der Kirche – sind letztlich Konsequenzen dieser Freundschaft mit dem Herrn. Das Handeln folgt aus dem gelebten Glauben: „Wenn ihr mich liebt, werdet ihr meine Gebote halten“ (Joh 14, 15).

Worum es eigentlich geht

Wie soll die Kirche nun mit Christen umgehen, die die Lehre der Kirche zwar kennen, aber nicht danach leben? – In erster Linie sollte sie Orientierung geben – und dabei auch Sünder nicht verurteilen. Freilich gehört zur Orientierung auch einmal das klare Wort, wie der Umgang Jesu mit der Ehebrecherin zeigt: „Auch ich verurteile dich nicht. Geh und sündige von jetzt an nicht mehr!“ (Joh 8, 11) Zunächst geht es aber darum, für echte Werte wie Liebe, Treue, Glück, Partnerschaft, Ehe und Familie zu sensibilisieren. Vom heiligen Franz von Sales stammt der Satz: „Gott sieht nicht so sehr darauf, was geschieht, sondern auf die Art, wie es geschieht.“ Für ihn zählt die wahre, echte und treue Liebe.

In der Regel kommen junge Menschen von selbst darauf, dass es diese wahre, echte und treue Liebe ist, um die es im Leben geht. Spätestens nach der ersten gescheiterten Beziehung oder nach der ersten betrogenen Liebe stehen beide oder zumindest einer der Partner vor der Frage: Wie finde ich Glück und Erfüllung in meinem Leben? Geht es wirklich nur um Sexualität? Was bedeutet Treue? Lebe ich eigentlich nur mich selbst – oder bin ich bereit, mich „ein für allemal“, ein Leben lang an eine Person zu verschenken? Welche Bedeutung spielen Kinder für mich? Bin ich bereit, meine Liebe fruchtbar werden zu lassen und meine Beziehung für neues Leben zu öffnen?

Die Kirche hat viel zu bieten – gerade jungen Menschen, die Glück und Erfüllung suchen, die auf „die Liebe fürs Leben“ aus sind. Und gerade darum ist die kirchliche Moral nicht negativ und unzeitgemäß, sondern positiv und nach wie vor aktuell – wenn auch durchaus anspruchsvoll. Die Kirche mutet dem Menschen viel zu, weil sie ihm viel zutraut. Und sie traut ihm viel zu, weil Gott ihm viel zutraut, der ihn als sein Abbild erschaffen hat. Der Mensch ist dazu fähig, sich einmal nicht in den Vordergrund zu stellen, sondern sich ein Leben lang treu an eine Person zu verschenken und mit ihr das „Abenteuer Leben“ zu wagen – in jeder Hinsicht. Wenn junge Menschen diesen positiven Blick der Kirche auf die menschliche Geschlechtlichkeit verstanden haben, bedarf das sechste Gebot gar keiner Erläuterung mehr. Dann geschieht alles aus reiner Liebe und nichts aus Zwang.

Heilige Reinheit

Soweit so gut. Dennoch hat die Kirche auch in puncto Sexualität keine Wischi-Waschi-Regeln, sondern zeigt klare Grenzen auf. Und diese bereiten vielen Zeitgenossen ernste Probleme. Hier geht es etwa um Pornographie, Selbstbefriedigung, Sex vor bzw. außerhalb der Ehe und praktizierte Homosexualität. Gerade in der jüngeren Generation bemühen sich nur noch wenige Katholiken und auch generell wenige Menschen darum, danach zu leben, was ihnen die Kirche gebietet. Dies liegt gerade mit Blick auf das sechste Gebot („Du sollst nicht die Ehe brechen“) nicht nur daran, dass das, was die Kirche von den Menschen verlangt, recht anspruchsvoll ist, sondern auch daran, dass unsere Gesellschaft heute in besonderer Weise „sexualisiert“ und mit sexuellen Reizen auf- und übergeladen ist.1

Doch Jugendliche suchen gerade in der Reifephase ihres Lebens nach einer klaren und wegweisenden Orientierung im Umgang mit Sexualität – und finden diese immer seltener. In der Clique ist es möglicherweise gar nicht so einfach eine eigene Meinung zur hohen Würde der Sexualität zu entwickeln zu bewahren, wenn Gleichaltrige gemeinsam Pornos schauen und der der „Coolste“ ist, wer als erster ein Mädchen „flachgelegt“ und sein „erstes Mal“ erlebt hat. In diesem Punkt herrscht allerdings auch viel Wunschdenken. Viele reden leichtfertig über Sex und prahlen mit Dingen, die sie so eigentlich nie erlebt haben. Ablesen kann man daraus: Jugendliche möchten ihre Sexualität entdecken und erste Erfahrungen machen. Sie wünschen sich ein erfülltes Sexualleben und suchen nach einer Orientierung, die auch wirklich trägt. Aber ist es wirklich damit getan, möglichst schnell mit der ersten Freundin / dem ersten Freund Sex zu haben, sich später wieder zu trennen und ein gebrochenes Herz zurückzulassen? Die Initiative „Wahre Liebe wartet“ gibt hierauf eine Antwort: „Du bist zu kostbar, um wie ein Apfel von Verschiedenen angebissen und nachher weggeworfen zu werden.“ Bei Sex geht es in erster Linie nicht um Vergnügen, Spaß und Lust, sondern um: Liebe, gegenseitiges Vertrauen, Verbindlichkeit und Offenheit für neues Leben, das aus jedem, selbst dem „geschützten“ Geschlechtsverkehr hervorgehen kann.

Dass das gar nicht so leicht ist, erfahren Jugendliche in ihrem Alltag. Viele haben sich eben keine Gedanken über die Würde ihres Leibes gemacht und versuchen ihre Altersgenossen im Rahmen der Gruppendynamik mit zu ziehen: „Stell Dich nicht so an. Wir hatten alle schon unser erstes Mal. Jetzt bist Du an der Reihe …“

Übrigens: Nicht erst seit gestern haben Menschen Probleme mit ihrer Sexualität und mit der Heiligkeit des Leibes. So mahnte bereits der heilige Paulus im ersten Jahrhundert, in dem in einigen Kulturkreisen Prostitution gleichsam normal war: „Oder wisst ihr nicht, dass euer Leib ein Tempel des Heiligen Geistes ist, der in euch wohnt und den ihr von Gott habt? Ihr gehört nicht euch selbst, denn um einen teuren Preis seid ihr erkauft worden. Verherrlicht also Gott in eurem Leib!“ (1 Kor 6, 19f.)

Der unreine Blick

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„Ihr habt gehört, dass gesagt worden ist: Du sollst nicht die Ehe brechen. Ich aber sage euch: Wer eine Frau auch nur lüstern ansieht, hat in seinem Herzen schon Ehebruch begangen“ (Mt 5, 27).

Wie es um mein Verhältnis zur Würde des menschlichen Leibes steht, kann ich etwa daran ablesen, wie ich folgende Frage des alltäglichen Lebens beantworte: Wie blicke ich als (un)verheiratete Person auf das andere Geschlecht? Fixiere ich mich gleich auf körperliche Merkmale oder habe ich meinen Blick im Griff? – Möglicherweise habe ich spontan Interesse diesen Menschen kennen zu lernen. Aber was denke ich mir dabei? Habe ich wirklich Interesse an der Person als solcher? Oder habe ich mein Gegenüber bereits zum Objekt meines Ego, meiner Lust und meiner Selbstsucht gemacht? Hier zeigt sich die klare Alternative zwischen Egoismus und Hingabe.

Dazu ein kleines Beispiel mitten aus dem Alltag: Immer wieder lädt der Sommer dazu ein, luftigere Kleidung an den Tag zu legen. Besonders junge Damen machen gerne extensiv davon Gebrauch. Nicht nur in puncto Kleidungsstil und Freizügigkeit hat unsere Gesellschaft seit den 1970er-Jahren einen massiven Wandel vollzogen. Was früher noch der (längere) Rock war, ist mittlerweile der Minirock, dessen Saum oberhalb des Knies der Trägerin endet. Hier geht es natürlich in erster Linie nicht um Frischluft, sondern vor allem um „Sexappeal“, zumal der Minirock meist so geschnitten ist, dass er besonders körpernah anliegt und die Konturen der Frau zum Ausdruck bringt. Einige Damen gehen sogar noch weiter und zeigen nicht nur nackte Oberschenkel, sondern entblößen auch gerne einmal einen kleinen Ausschnitt ihres Hinterteils oder ihrer weiblichen Scham („Hot Pants“). Gleiches gilt für den weiblichen Busen, der im erotischen Dekolleté und im tiefem Ausschnitt präsentiert wird. „High Heels“ mit Absätzen von über 10 cm bringen Brust – Blickfang Nr. 2 – und Po – Blickfang Nr. 1 – dann noch einmal richtig in Form.

Die Innensicht der Dame, die sich so kleidet, ist die eine Sache. Sie wird wohl wissen, was sie damit vorhat und welche Blicke sie ernten will. Und sie wird sie auch ernten. So mancher Mann dreht sich angesichts der attraktiven Passantin um und gafft der leicht bekleideten Dame hinterher. Minirock-Trägerinnen sollte man aber auch nicht allzu viel unterstehen. Vielleicht greift die Dame auf freizügigere Kleidung zurück, weil sie es heute einfach für normal hält – oder aber aus einer Gruppendynamik bzw. Erwartungshaltung heraus, der die Dame gerecht werden möchte.

Die entscheidende Frage lautet: Wie gehen wir damit um? Lassen wir uns von unseren Trieben beherrschen und sehen uns – wie viele unserer Zeitgenossen – an ihrem Körper satt? Oder aber beherrschen wir unsere eigenen Triebe und schenken ihr ein freundliches Lächeln, ohne bestimmte Körperteile in den Blick zu nehmen? Machen wir uns nichts vor: Jeder muss damit kämpfen, seine Sinne unter Kontrolle zu haben. Insofern müssen wir uns gar nicht schämen, wenn uns das nicht immer leicht fällt. Das Entscheidende ist, dass wir uns wirklich aufrichtig darum bemühen zu kämpfen und den Kampf gegen die Versuchungen des Teufels möglichst früh aufnehmen. Wer sich an jeder leicht bekleideten Dame „aufgeilt“, braucht sich später nicht zu wundern, wenn er Probleme im Umgang mit seiner eigenen Sexualität bekommt. Die Gedanken sind das Schlachtfeld des Teufels.

Angesichts der zahlreichen Versuchungen des Alltages sollten wir uns aber auch nicht vor der Welt verstecken. Wichtig ist, dass wir nicht einfach nur vor dem Bösen fliehen, sondern das Böse mit dem Guten bekämpfen. Ganz konkret: „Betet ohne Unterlass!“ (1 Thess 5, 17) Wenn wir etwa an einer hübschen jungen Dame vorbeigehen, so haben wir die Chance, für sie und ihre heilige Reinheit zu beten. Wohl kaum ein anderer wird dies tun. Doch unser Gebet ist Beweis dafür, dass wir wirklich verstanden haben, was wahre Liebe bedeutet.

In der Bergpredigt hören wir von einer „krassen“ Verschärfung des sechsten Gebotes durch den Herrn: „Ihr habt gehört, dass gesagt worden ist: Du sollst nicht die Ehe brechen. Ich aber sage euch: Wer eine Frau auch nur lüstern ansieht, hat in seinem Herzen schon Ehebruch begangen“ (Mt 5, 27). Dieses neue Gebot Jesu, das letztlich im Liebesgebot gründet, wird für viele von uns eine Herausforderung sein, möglicherweise sogar eine Zumutung, können wir doch unsere Sinne, Gefühle und Triebe nicht einfach abschalten. Wir leben in einer sexualisierten Welt – und nicht nur auf offener Straße begegnen wir halbnackten Damen. Doch Jesus mutet uns sein „neues Gebot“ zu, weil er uns vertraut und uns letztlich nur helfen möchte, uns von unserer Selbstsucht zu lösen.

Wir können uns gut vorstellen, wie die kleine Geschichte, von der Jesus berichtet („Wer eine Frau auch nur lüstern ansieht“), enden könnte. Handelt es sich hier um eine verheiratete Frau, läuft der unreine Blick des Mannes ohnehin ins Leere – oder aber in die schwere Sünde. Wer sich nicht auf die Gebote Gottes einlassen möchte, ist im letzten Moment auch bereit, sich selbst mit seinen eigenen Interessen über das Glück und den Ehebund anderer zu stellen. Doch der fehlgeleitete Blick des Mannes, von dem der Herr berichtet, gefährdet letztlich nicht nur die eheliche Treue und die heilige Reinheit der „angegafften“ Frau, sondern schließlich auch das Wohlergehen des Mannes. Wer sich zum Sklaven seiner eigenen Gefühle, Regungen und Triebe macht und machen lässt, der Blick schließlich nicht mehr auf Christus, sondern nur noch auf sich selbst.

Er wird zu seinem eigenen Gefangenen und zum Süchtigen seiner selbst. Wir können uns gut ausmalen, dass der Mann, von dem im Evangelium die Rede ist, letztlich nicht glücklicher sein wird als seine Zeitgenossen. Ganz im Gegenteil: Der Mann versteigt sich in etwas hinein, das möglicherweise gar nicht in Erfüllung gehen wird. Ob die Dame ebenso Interesse an ihrem Beobachter hat, wird sich zeigen. Ob der Mann wohl mit der (negativen) Entscheidung der Frau so glücklich sein wird? Er bleibt gefangen in einer Welt aus Wunschträumen und Phantasien seiner Selbstsucht.

An dieser Stelle zeigt sich übrigens eine interessante Grundstruktur der Sünde: Die Sünde will nicht die Freiheit, sondern die Unfreiheit. So ist es dem unreinen Blick letztlich egal, ob das „Objekt der Begierde“ etwas will oder nicht will. Hier unterscheidet sich die Sünde auch von der Liebe: Die Liebe liebt ohne Hindergedanken und Erwartungen. Sie ist selbstlos und übersteigt sich selbst. Sie will eigentlich nur das Wohl des anderen, seine Freiheit und sein Glück. Darum nimmt sich die Liebe auch selbst zurück und ist bereit zum Verzicht. Dies alles ist der unreine Blick des Mannes nicht: Er begehrt, er möchte besitzen, er möchte beherrschen, er will eigentlich gar nicht das Wohl des Gegenübers, sondern strebt nur nach Befriedigung. Darum bedeutet der unreine Blick auch „Ehebruch im Herzen“: Wer eine Frau so ansieht, hat sie schon längst ihrer Würde als Person beraubt, im Herzen erniedrigt und missbraucht.

1Vgl. dazu Gabriele Kuby, Die globale sexuelle Revolution. Zerstörung der Freiheit im Namen der Freiheit, Kißlegg 2012.

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