Thomas von Aquin Archive - cathwalk.de https://www.thecathwalk.de/tag/thomas-von-aquin/ Abendland & Alte Messe Fri, 22 Jul 2022 10:01:08 +0000 de-DE hourly 1 https://wordpress.org/?v=6.5.2 https://www.thecathwalk.de/wp-content/uploads/sites/2/2017/04/cropped-Logo-The-Cathwalk-transparenter-Hintergrund-150x150.png Thomas von Aquin Archive - cathwalk.de https://www.thecathwalk.de/tag/thomas-von-aquin/ 32 32 Die Kirche braucht die Tradition https://www.thecathwalk.de/2019/03/11/die-kirche-braucht-die-tradition/?pk_campaign=feed&pk_kwd=die-kirche-braucht-die-tradition https://www.thecathwalk.de/2019/03/11/die-kirche-braucht-die-tradition/?pk_campaign=feed&pk_kwd=die-kirche-braucht-die-tradition#respond Mon, 11 Mar 2019 19:31:08 +0000 https://www.thecathwalk.de/?p=17408 In der katholischen Tradition wird die Kirche auch als „Braut Christi“ bezeichnet. Allein schon deswegen ist klar, dass Christus seine Kirche niemals verlassen und aufgeben wird. Jede Sorge um die Kirche kann sich daher nur um ihr Blühen Gedanken machen, nicht aber um ihren Untergang – der ist unmöglich. Wer aber will, dass die Kirche […]

Der Beitrag Die Kirche braucht die Tradition erschien zuerst auf cathwalk.de und wurde von Josef Jung verfasst.

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In der katholischen Tradition wird die Kirche auch als „Braut Christi“ bezeichnet. Allein schon deswegen ist klar, dass Christus seine Kirche niemals verlassen und aufgeben wird. Jede Sorge um die Kirche kann sich daher nur um ihr Blühen Gedanken machen, nicht aber um ihren Untergang – der ist unmöglich.

Wer aber will, dass die Kirche blüht, kommt an der Tradition nicht vorbei. Warum? Weil die Tradition eine Quelle der Offenbarung ist. Es gibt zwei Quellen der Offenbarung: Schrift und Tradition. Das Konzil von Trient spricht von der Tradition als „den ungeschriebenen Überlieferungen, welche von den Aposteln aus dem Munde Christi selbst empfangen, oder (2 Thess 2,14) von diesen Aposteln, unter Eingebung des Heiligen Geistes, gleichsam von Hand zu Hand überliefert worden und bis zu uns gekommen sind“. Daher sieht das Konzil Gott als Urheber der Bibel und der Tradition.

Tradition meint nicht einfach jede Gewohnheit in der Kirche, sondern, wie das Konzil von Trient lehrt: „Überlieferungen … welche den Glauben [und] die Sitten betreffen“.   – Artikel „Tradition“, kathpedia.com.

Gott wirkt in der Geschichte und der Kirche von Anfang von. So sagt der Katechismus: „Die Überlieferung [oder Tradition], von der wir hier sprechen, kommt von den Aposteln her und gibt das weiter, was diese der Lehre und dem Beispiel Jesu entnahmen und vom Heiligen Geist vernahmen. Die erste Christengeneration hatte ja noch kein schriftliches Neues Testament, und das Neue Testament selbst bezeugt den Vorgang der lebendigen Überlieferung.“ – Katechismus der katholischen Kirche.

Das Christentum ist keine Buchreligion, sondern eine inkarnatorische. Das Christentum ist die größte Hoffnungsreligion der Menschheitsgeschichte, es ist die Religion in der Gott selbst Mensch wird, um uns alle zu erlösen und zu befreien. Christus ist zum neuen Adam geworden, um unser Schicksal auf ewig zu ändern.

Weil Gott Mensch geworden ist, ist er in Zeit, Raum und Geschichte eingegangen. Die Tradition ist nun genau die lebendige Fortführung des inkarnatorischen Geschehens: Gottes Herrlichkeit breitet sich immer weiter aus. Sie entfaltet sich in der Geschichte, ohne dabei zu brechen oder zu stürzen.

Die Tradition in der Theologie

Man kann Theologie nicht einfach erfinden, wie es einige postmoderne Ansätze meinen, die vergessen haben was Wahrheit ist. Theologie ist nur dann wahr und kein dummes Geschwätz, wenn sie sich ganz als Beschäftigung mit der Offenbarung Gottes versteht. Theologie ist nicht „ich will“, „ich fühle“, „ich meine“. Theologie ist die „Wissenschaft des Gottesheils, das in Jesus offenbar wurde“ (Bernhard Welte). Theologie erschließt sich nur, wenn man glaubt und hört.

Was in der Tradition vorhanden ist, ist eine Theologie, die den Glauben vernünftig macht. Die Tradition hat jene Metaphysik und Frömmigkeit vorzuweisen, die ein intellektuell vertretbarer Glaube braucht. Thomas von Aquin hat mit der Scholastik einen theologischen Weg aufgezeigt, der alles andere übersteigt. In der Scholastik vermählen sich griechische Philosophie mit christlichem Glauben. Am Ende steht eine Theologie, die allen Stürmen standhält – und durch jeden Zweifel tragen kann.

Von Thomas von Aquin stammt der Satz: „omne verum a quocumque dicatur a Spiritu Sancto est“ – Jede Wahrheit, von wem auch immer sie gesprochen wird, ist vom Heiligen Geist“. Dieser Satz macht eindrücklich klar, dass der aufrechte Christ niemals Angst vor der Wahrheit haben muss. Wir glauben, dass die Wahrheit uns befreit (Joh. 8,32) und wir glauben an einen Gott, der der Weg, die Wahrheit und das Leben ist (Joh. 14,6).

Die Tradition ist notwendig für den Glauben

In der Tradition wird nun jene Wahrheit offenbar, die sonst verborgen geblieben wäre, die wir aber von Gott erhalten haben und für unseren Glauben brauchen. Was im Glauben geworden ist, kann nicht einfach aufgegeben und über den Haufen geworden werden. Der Glaube darf nicht einfach der eigenen Vorstellung preisgegeben werden. Was wir glauben, haben wir empfangen. Was wir im Glauben empfangen haben, müssen wir bewahren.

Unsere Gebete, unsere Liturgie, unser religiöses Leben ist nicht unserem Belieben anheimgestellt. Der Glaube ist wahr, wenn er der Schrift und der Tradition entspricht – weil er sich dann auf die Offenbarung Gottes berufen kann. Er ist falsch, wenn er sich selbst zum Maßstab macht – weil er sich dann nicht auf Gott, sondern nur aufs Ego berufen kann.

Tradition ist das, was trägt, was sich bewährt hat. In der Tradition sind wir mit allen Heiligen der Kirche verbunden – angefangen bei den Aposteln bis hinein in unsere Gegenwart und Zukunft.

Es ist nicht verwunderlich, wenn heute Kirchen abgerissen und Seminare geschlossen werden: Wenn die Fundamente zerschlagen werden, stürzt alles ein. Es braucht die Umkehr, die Umkehr zur Tradition.

Siehe auch: Die Tradition ist die Zukunft der Kirche

Der Beitrag Die Kirche braucht die Tradition erschien zuerst auf cathwalk.de und wurde von Josef Jung verfasst.

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Die heilige Maria Magdalena – Zeugin und Büßerin https://www.thecathwalk.de/2017/07/22/die-heilige-maria-magdalena-zeugin-und-buesserin/?pk_campaign=feed&pk_kwd=die-heilige-maria-magdalena-zeugin-und-buesserin https://www.thecathwalk.de/2017/07/22/die-heilige-maria-magdalena-zeugin-und-buesserin/?pk_campaign=feed&pk_kwd=die-heilige-maria-magdalena-zeugin-und-buesserin#respond Sat, 22 Jul 2017 12:31:33 +0000 http://thecathwalk.de/?p=6948 Von Monsignore Florian Kolfhaus Papst Franziskus hat den Gedenktag der heiligen Maria Magdalena zum Fest erhoben und damit die Bedeutung der Frau unterstrichen, deren Füße zum ersten Mal das leere Grab nach der Auferstehung Christi betreten haben und die den Aposteln erzählt hat, dass sie dem Herrn begegnet sei. Sie ist Zeugin der frohen Botschaft […]

Der Beitrag Die heilige Maria Magdalena – Zeugin und Büßerin erschien zuerst auf cathwalk.de und wurde von Cathwalk verfasst.

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Von Monsignore Florian Kolfhaus

Papst Franziskus hat den Gedenktag der heiligen Maria Magdalena zum Fest erhoben und damit die Bedeutung der Frau unterstrichen, deren Füße zum ersten Mal das leere Grab nach der Auferstehung Christi betreten haben und die den Aposteln erzählt hat, dass sie dem Herrn begegnet sei. Sie ist Zeugin der frohen Botschaft und wurde daher vom heiligen Thomas von Aquin auch „apostola apostolorum“ – Apostelin der Apostel genannt.

Freilich ist damit nicht gemeint, dass sie die Erste im Apostelkollegium war und Petrus seine Stellung streitig machte. Vielmehr sagt dieser schöne Titel – als Genetivus objektivus übersetzt – dass sie „Apostolin für die Apostel“, Gesandte für die Gesandten war.

Liebende Büßerin, nicht Bannerträgerin der Frauenrechte

Maria von Magdala, die treue Jüngerin Jesu, wird nicht selten dafür missbraucht, eine falsche feministische Theologie voranzutreiben, die sich dann auch nicht scheut, die Weihe von Frauen zu Priesterinnen und Diakoninnen zu fordern. Papst Franziskus – obwohl er die Bedeutung der Frauen im kirchlichen Leben fördert und wertschätzt – ist für solche Projekte nicht zu haben.

Auch die heilige Maria Magdalena rauft sich wohl die Haare, wenn sie hört, was man aus ihr machen möchte. Trauriger Höhepunkt der Mythenbildung über die Freundin Christi, die unter seinem Kreuz ausgehalten hat, war Dan Browns Roman „Der Da Vinci Code“, in dem er behauptete, Maria Magdalena sei die Mutter der Kinder Jesu. Und natürlich war es die böse Kirche des Papstes – also Petrus und seine Nachfolger – die um ihrer Machtsicherung willen, die Wahrheit vertuschten und die leibliche Familie Christi blutig verfolgte.

Männermacht gegen Frauenforderungen?

Es gehört beinahe zum guten Ton, aufgrund angeblich tiefschürfender Studien immer neue Intrigen, Mordkomplotte und korrumpiertes Verhalten innerhalb der katholischen Kirche aufdecken zu wollen. Wer sich eines solchen Themas annimmt rutscht unweigerlich auf die Bestsellerliste: Sei es nun, um wie „Der Name der Rose“ die Dekadenz mittelalterlicher Klöster bloßzulegen, die „Wahrheit“ über die Päpstin Johanna ans Licht zu heben oder – um die Bosheit und Heuchelei des Vatikans in unseren Tagen zu entlarven – die These von der Ermordung Johannes Pauls I. zu vertreten.

Die Mischung scheint anzukommen: Geld, Macht, Korruption, Dekadenz, sexuelle Hemmungslosigkeit, und um das alles in der Öffentlichkeit zu verschleiern, ein Geheimorden, der mit Bestechung und gekauften Killern seine Ziele erreicht. Das Buch von Dan Brown „Der Da Vinci Code“ arbeitet genau mit diesen Klischees. Sein Roman wäre nicht weiter beachtenswert, hätte er nicht bis heute einen unglaublichen Einfluss auf die Meinung vieler. Bis heute sind Romführungen „Auf den Spuren des Da Vinci Codes“ ausgebucht.

Bis heute glauben viele, dass schon irgendwas dran sein, an der Liebesgeschichte zwischen Jesus und einer ehemaligen Prostituierten. Schon im Musical „Jesus Christ Superstar“ klang das Lied der Maria Magdalena – „I don’t know how to love him“ – nach einer bunten Mischung der Gefühle. Dan Brown hat es endlich ausgesprochen: Jesus uns Maria waren ein Paar. Sehr zum Ärger von Petrus und seinen Freunden.

Sex and crime – the never ending story

Dan Browns Bestseller ist aber keineswegs ein Buch neuer Enthüllungen. Der „Da Vinci Code“ greift einmal mehr das beliebte Thema der Gralssuche auf. Allerdings sei der Gral nicht jener erhabene Kelch des letzten Abendmahls, in dem dann auch auf Golgotha das Blut Christi aufgefangen wurde. Nein, es handle sich nicht um ein Objekt, sondern um eine Person: Maria Magdalena. Sie sei der wahre Gral, der erlesene Kelche, der in sich das sang real (im Altfranzösischen wurzelt in diesem Ausdruck das Wort Gral), das wahre Blut Christi, geborgen habe, d. h. die Kinder Jesu, die er mit ihr gezeugt habe. Sie sei – in mehrfacher und doppeldeutiger Hinsicht – der Schatz Christi und die Hüterin seines Erbes.

Nach dem Tode Christi jedoch habe sich der patriarchale Anspruch der Apostel durchgesetzt und die dominanten Männer der Urkirche haben Maria Magdalena und den Frauen ihren Platz in der Gemeinde nicht nur streitig gemacht, sondern mit Gewalt versucht, die Wahrheit über Christus und seine leibliche Familie zu unterdrücken, um ihre Machtposition zu sichern. Maria Magdalena, die Kinder Jesu und einige wenige Freunde mussten fliehen, um sich vor der Verfolgung durch die Kirche zu retten, die durch die Jahrhunderte fortdauern sollte. Zu Hütern des Geheimnisses, zu Wächtern des heiligen Grals und zu Schützern des sang real, des wahren Blutes Christi, d. h. seiner leiblichen Familie, wurden im Laufe der Jahrhunderte unterschiedliche Gruppen und Geheimbünde, die angesichts der Nachstellungen der offiziellen Amtskirche um ihr Leben zu fürchten hatten: Gnostische Gruppen in der Antike, im Mittelalter die Templer und in der Neuzeit schließlich die Freimaurer.

Den engsten Kreis um die wahren Nachfahren Jesu bildete das so genannte Priorat von Sion, dem berühmte Männer aller Epochen, darunter auch Leonardo da Vinci, angehörten, und die immer wieder versteckte Hinweise über die Wahrheit in die Öffentlichkeit streuten. So zeige Leonardo Da Vincis berühmtes Gemälde vom Letzten Abendmahl – daher auch der Titel des Buches – in symbolträchtiger Weise die wahre Bedeutung des Grals: An der Seite Jesu, der mit seinen Jüngern zu Tische sitzt, um ihnen den Kelch zu reichen, ruht nicht der Lieblingsjünger Johannes, sondern eine Frau – Maria Magdalena, die „apostola apostolorum“, die in Wahrheit größte und erste unter den Aposteln! Und eine mysteriöse Hand, die keinem der Jünger zuzuordnen ist, hält ein Messer – ein codierter Hinweis auf die blutige Verdeckung der wahren Geschichte!

Bis heute, so Dan Brown, habe das Priorat von Sion überlebt, bis heute gehe aber auch dessen Verfolgung – professionell von dem innerkirchlichen Geheimbund „Opus Dei“ geleitet – weiter. Bis zu dieser Stelle, so behauptet der Autor, könne er alle seine Aussagen mit sicheren Quellen belegen, und erst bei der Erzählung über Sophie Neveu, der letzten leiblichen Nachfahrin Jesu, ihrer Flucht vor den von kirchlichen Stellen gedungenen Mördern, der Liebe zwischen ihr und ihrem Beschützer Robert Langdon – ein guter Schuss Love-Story darf in einem Bestseller nicht fehlen – sowie der Entdeckung des Grabes der Maria Magdalena, das der Großmeister der Freimaurerloge Francois Mitterand unter der Glaspyramide des Louvre versteckt habe und das jetzt von Jacques Saunier gehütet wird, gibt er zu, dass es sich um Fiktion handle.

Dan Browns Jagd nach dem verlorenen Gral

Es ist absurd, so die Präsidentin der Da Davinci Gesellschaft Veronica Field, die an der Universität von London unterrichtet, im berühmten Gemälde des Letzten Abendmahls eine codierte Botschaft über Maria Magdalena und die Verfolgung ihrer Familie zu sehen. Dieses Meisterwerk ist nur der Aufhänger für die in unzähligen Variationen vorliegende Behauptung, dass die von Jesus gegründete Kirche die wahre Botschaft Christi bis zur Unkenntlichkeit entstellt habe.

Diese These in die im New-Age- und Esoterik-Zeitalter so populäre Geschichte von der Suche nach dem Heiligen Gral zu verpacken, mag zwar für den internationalen Buchmarkt erfolgversprechend sein, etwas Neues bringt sie nicht. All das, was Dan Brown in seinem Roman als spektakuläre Entdeckungen verbreitet, ist bereits in unzähligen Veröffentlichungen über Rennes-le-Château, einen kleinen französischen Ort in der Nähe der Pyrenäen, gesagt worden. Ohne dieses Dorf je zu erwähnen, verweist doch der Name des Großmeisters des Priorats von Sion, Jacques Saunier, auf die wahren Quellen Dan Browns, die ihm wohl als Vorlage seines Buches gedient haben. Rennes-le-Château, das im 13. Jahrhundert inmitten eines von der katharrischen Lehre geprägten Gebietes lag, wurde im 20. Jahrhundert zum Ursprung aller modernen Legenden über Maria Magdalena und den Gralsschatz.

Der damalige Pfarrer Berenger Saunière (1852-1917), der sich trotz der 1910 erfolgten Suspension weigerte, seine Gemeinde zu verlassen, ist eine außerordentlich merkwürdige und bizarre Gestalt, dem der kleine Ort in im Departement l’Aude nicht nur den spektakulären Bau eines „Turmes von Magdala“ verdankt, sondern die bis heute Scharen von Esoterik-Pilgern anlockende Mär, dass in Rennes-le-Château der legendäre Schatz der Katharer, vielleicht sogar jener der Templer, versteckt sei. Der für einen Landpfarrer ungewöhnliche Reichtum und die mittelalterlichen Dokumente, die Saunière in der Krypta der Kirche entdeckt habe – neuere Forschungen haben herausgestellt, dass es sich um Fälschungen aus dem 19. Jahrhundert handelt – haben den Gerüchten um geheime Schätze und der Idee eines bis heute fortlebenden Geheimbundes zum Schutz des Grals neuen Auftrieb verliehen.

Vielleicht wären diese Geschichten nach dem Tod des Pfarrers rasch verklungen, wenn nicht seine Haushälterin und Erbin Marie Denarnaud (1912-1968) die Legende weiter aufrecht erhalten hätte, um den Bischof, der Saunière suspendiert hatte, der Habgier zu bezichtigen und Forderungen nach Immobilien und Grundstücken zurückzuweisen. So kam es, dass Rennes-le-Château in den 60er Jahren zu einem Mekka esoterischer Buchautoren, darunter z. B. Pierre Plantar, Gérard de Sède, Michael Baigent, Richard Leigh und Henry Lincoln geworden ist, die das kleine Dorf international bekannt und zu einem wahren Wallfahrtsort gemacht haben.

Den Höhepunkt der Popularität erreichte Rennes-le-Château und sein ehemaliger Pfarrer Saunière, der mittlerweile als einer der letzten Hüter des sang real gehandelt wurde, mit einer BBC-Reportage im Jahr 1979 über den Heiligen Gral. Gérard de Sède verbreitete seine Überzeugung, dass Saunière nicht nur einen gewaltigen Schatz, sondern auch die Wahrheit über Jesus Christus gefunden habe. Die von ihm entdeckten Dokumente bewiesen, dass dieser mit Maria von Magdala Kinder gezeugt habe, deren Nachkommen – obgleich sie göttliches Blut in sich trügen – von der Kirche bis heute verfolgt würden. Gérard de Sède ist es, der die These vom sang real, vom wahren Blut Christi, das in Wirklichkeit der Gral sei, erfunden hat.

Die wahre Familie Christi sind die Kinder Gottes

Dan Browns „Da Vinci Code“ wiederholt also nur, was vor Jahrzehnten die Schlagzeilen über einen kleinen französischen Ort füllte. Es existiert zwar tatsächlich ein Priorat von Sion – 1972 wurde es von dem bereits erwähnten Esoterikautor Pierre Plantar gegründet – doch hat es keine geschichtlichen Wurzeln, und auch keine neuen Quellen vermögen seinen historische Authentizität belegen. Auf der ersten Seite seines Buches behauptet Dan Brown zwar, er stütze sich auf unumstößliches Beweismaterial, das 1975 in der Nationalbibliothek von Paris aufgefunden worden sei, doch dabei handelt es sich, wie Massimo Introvigne nachweisen kann,um Fälschungen des 19. Jahrhunderts, die wohl Plantard und seine Freunde dort hinterlegt haben.

Und doch: Eine Liebesgeschichte …

Die heilige Maria Magdalena verdient es, dass ihr Gedenktag als Fest gefeiert wird, gerade auch wegen der unzähligen Fehldeutungen ihrer Biografie, die in der Tat eine echte Liebesgeschichte ist; freilich nicht wie sie an Kiosken in billigen Groschenromanen zu kaufen ist, sondern wie sie das Leben in der Nachfolge Jesu schreibt. Maria Magdalena, geheimnisvoll angedeutet in der Gestalt der Braut, die, wie das Hohelied erzählt, den Geliebten sucht und die Wächter der Stadt fragt, wo er sei, ist eine heilige Frau, die nach der Mutter Jesu einen herausragenden Platz in der jungen Kirche eingenommen hat.

Zu Füssen Jesu wollte sie sitzen, nicht auf dem Stuhl Petri. Und ihre Söhne und Töchter sind nicht die, von denen Dan Brown spricht, sondern all diejenigen – Männer und Frauen – die ihrem Beispiel folgen und allein Jesus suchen. Maria Magdalena hilf uns, die wahre Liebe zu finden, die am Karfreitag stark bleibt, am Karsamstag hoffend wartet und am Ostersonntag jubelnd in die Welt hinauseilt, um ohne Furcht die frohe Botschaft zu verkünden.

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Was 18 Heilige über die Notwendigkeit der Marienverehrung sagen https://www.thecathwalk.de/2017/07/13/was-18-heilige-ueber-die-notwendigkeit-der-marienverehrung-sagen/?pk_campaign=feed&pk_kwd=was-18-heilige-ueber-die-notwendigkeit-der-marienverehrung-sagen https://www.thecathwalk.de/2017/07/13/was-18-heilige-ueber-die-notwendigkeit-der-marienverehrung-sagen/?pk_campaign=feed&pk_kwd=was-18-heilige-ueber-die-notwendigkeit-der-marienverehrung-sagen#comments Thu, 13 Jul 2017 06:50:52 +0000 http://thecathwalk.de/?p=9629 (Via CNA Deutsch) Die Verehrung Mariens ist jedoch mehr als „Tortenguss“ und süße Verzierung, wie zum Beispiel im Monat Mai, weil’s so schön ist, noch ein Marienlied zum Schluss der hl. Messe. Maria ist nicht nur eine von vielen Heiligen, unter denen ich mir tatsächlich ein paar Lieblinge auswählen kann, sondern die Mutter Gottes. Ohne […]

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Die Jungfrau umgeben von weiblichen Heiligen: Das Gemälde schuf, Ende des 15. Jahrhunderts, der namentlich nicht bekannte „Meister der Lucialegende“ aus den Niederlanden. Foto: Gemeinfrei via Wikimedia

(Via CNA Deutsch)

Die Verehrung Mariens ist jedoch mehr als „Tortenguss“ und süße Verzierung, wie zum Beispiel im Monat Mai, weil’s so schön ist, noch ein Marienlied zum Schluss der hl. Messe. Maria ist nicht nur eine von vielen Heiligen, unter denen ich mir tatsächlich ein paar Lieblinge auswählen kann, sondern die Mutter Gottes.

Ohne sie gäbe es Jesus nicht! Wie haben uns so sehr an den Begriff „Gottesmutter“ gewöhnt, dass wir vergessen, wie herausfordernd er ist. Dante Alighieri dagegen nennt Maria noch staunend „Tochter deines Sohnes“.

Die Heiligen sind sich einig, dass Marienverehrung notwendig ist, um ein guter Christ zu sein. Manche der folgenden Zitate überraschen uns, weil sie überschwänglich sind und vielleicht nicht in die politisch-korrekte Sprachlosigkeit ökumenischer Bemühungen passen, die man durch die Rede von Maria nicht gefährden möchte.

Wer Maria nur als dekoratives Früchtchen auf der Torte sieht, vergießt, dass es ohne sie gar keinen Kuchen gäbe; dass wir ohne sie verhungern würden, weil wir das „lebendige Brot, das vom Himmel kommt“, nicht hätten.

Die folgenden 18 Heiligen aus fast allen Jahrhunderten der Kirchengeschichte sind Herausforderung und Ermutigung, Maria immer mehr zu lieben und nicht zu fürchten, ihre Ehre könnte das Lob Christi schmälern. Kann der Mond die Sonne in den Schatten stellen? Kann Maria, deren strahlendes Licht von ihrem Sohne kommt, ihn verdrängen? So wie der in dunkler Nacht leuchtende Mond die Macht der Sonne zeigt, so Maria, die in der Finsternis dieser Welt Christi Gnaden vermittelt.

  1. „Wie Seeleute von einem Stern in den sicheren Hafen geführt werden, so die Christen von Maria in den Himmel.“ (Hl. Thomas von Aquin)

  2. „Wenn sich vielleicht jemand unter euch befindet, der im Glauben schwach ist, für den weiß ich kein kräftigeres Mittel, im Glauben zu erstarken, als täglich auf den Knien mit Andacht ein Ave Maria zu beten. Durch das Rosenkranzgebet habe ich alles erlangt, was ich gewünscht habe!“ (Hl. Klemens Maria Hofbauer)

  3. „Derjenige, der keine Verehrung zu Maria hegt, ist kein guter Christ.“ (Hl. Johannes Eudes)

  4. „Man kann sagen, dass alle Heiligen das Werk der allerseligsten Jungfrau sind und deren besondere Verehrung für sie das Kennzeichen, das sie alle gemeinsam haben.“ (Hl. Maximilian Kolbe)

  5. „Wir suchen Gnaden, aber wir werden sie nicht finden, es sei denn durch Maria.“ (Hl. Cajetan)

  6. „Ich glaube, dass alle Gnaden, die Gott uns zuteilt, durch Mariens Hände gehen und daß keiner in den Himmel kommt als nur durch sie, die die Pforte des Himmels ist. Ich glaube, daß die Verehrung Mariens ein ganz sicheres Zeichen des ewigen Heiles ist.“ (Hl. Gabriel Possenti)

  7. „Man bittet Gott um viele Dinge und erhält sie nicht. Man bittet Maria um viel und man erhält es. Warum ist das so? Nicht weil Maria mächtiger ist als Gott, sondern weil Gott dadurch seine Mutter ehren will.“ (Hl. Alfons Maria von Liguori)

  8. „Der Grund, warum Christus heutzutage so wenig bekannt ist, liegt darin, dass man seine Mutter nicht kennt“ (Sel. John-Henry Newman)

  9. „Ich mache mir große Sorgen um das Heil derer, die keine besondere Verehrung für Maria pflegen“ (Hl. Franz Borgia)

  10. „O Maria, zu Dir bete ich am Morgen und am Abend, um Gott zu ehren und zur ewigen Seligkeit zu gelangen“ (Hl. Papst Johannes XXIII.)

  11. „Es ist unmöglich dass einer, der Maria ehrt, auch wenn er voller Sünde sein mag, sich nicht doch noch bekehrt und gerettet wird“ (Hl. Hilarius von Portiers)

  12. „Gott schenkt denen, die er retten will, eine besondere Andacht zu Maria“ (Hl. Bonaventura).

  13. „Alle Gaben, alle Gnaden, alle himmlischen Wirkungen kommen von Christus dem Haupt und gelangen zum Körper der Kirche durch Maria wie durch den Hals. Maria, die jungfräuliche Mutter, ist dem Haupt am allernächsten. Ihre Aufgabe ist es, den Körper mit dem Haupt zu verbinden. Ein Glied, das den lebensspenden Einfluß des Hauptes erfahren will, sich aber weigert diesen durch den Hals zu empfangen, würde vollkommen vertrocknen und sterben.“ (Hl. Robert Bellarmin)

  14. „Der gute Gott hätte eine schönere Welt als diese erschaffen können, aber er konnte kein vollkommeneres Geschöpf ins Dasein rufen als Maria“ (Hl. Jean Marie Vianney, Pfarrer von Ars).

  15. „Nach Jesus möchte ich der Mensch sein, der Maria am meisten geliebt hat.“ (Hl. Teresa von Avila)

  16. „Ich sehne mich danach zu sterben, um bei Maria zu leben. Betet für mich, dass ich sterbe, denn ich will gehen, um Maria zu sehen.“ (Hl. Leonardo da Porto Maurizio)

  17. „Ich wünschte, ich könnte sie so lieben, wie sie es verdient. Aber selbst allen Heiligen und Engeln des Himmels zusammen ist es unmöglich, die Mutter Gottes in angemessener Weise zu lieben und zu loben.“ (Hl. Pater Pio)

  18. „Maria ist meine Mutter, meine Beschützerin, meine Lehrerin,sie ist nach Jesus mein Ein und Alles.“ (Hl. Antonius Maria Claret)

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Das christliche Abendland – eine Fiktion? https://www.thecathwalk.de/2016/06/23/das-christliche-abendland-eine-fiktion/?pk_campaign=feed&pk_kwd=das-christliche-abendland-eine-fiktion https://www.thecathwalk.de/2016/06/23/das-christliche-abendland-eine-fiktion/?pk_campaign=feed&pk_kwd=das-christliche-abendland-eine-fiktion#comments Thu, 23 Jun 2016 06:59:33 +0000 http://thecathwalk.de/?p=6131 Katholisch.de schlachtet das alte Europa auf dem Altar von Populismus und Relativismus: das Abendland sei nur eine Fiktion. Autor Manfred Becker-Huberti arbeitet dabei nicht nur mit Aussparungen, sondern widerspricht auch der Quellenlage. Unter Ausklammerung großer Teile mittelalterlicher und frühneuzeitlicher Geschichte gipfelt seine Darstellung in einer offenen Unwahrheit über Adenauers und De Gaulles katholische Ansichten bei der […]

Der Beitrag Das christliche Abendland – eine Fiktion? erschien zuerst auf cathwalk.de und wurde von Marco Gallina verfasst.

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Wahlplakat CDU 1946: Rettet die abendländische Kultur… – Allegorie Ecclesia vom Portal des Bamberger Doms mit Kreuzfahne vor kreuzförmigem SED-Symbol | Bild: CDU [CC BY-SA 3.0 de (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/deed.en)], via Wikimedia Commons

Katholisch.de schlachtet das alte Europa auf dem Altar von Populismus und Relativismus: das Abendland sei nur eine Fiktion. Autor Manfred Becker-Huberti arbeitet dabei nicht nur mit Aussparungen, sondern widerspricht auch der Quellenlage. Unter Ausklammerung großer Teile mittelalterlicher und frühneuzeitlicher Geschichte gipfelt seine Darstellung in einer offenen Unwahrheit über Adenauers und De Gaulles katholische Ansichten bei der Gründung eines neuen christlichen Europas. Eine Erwiderung.

„Das Abendland gibt es gar nicht“ – eine Floskel, die immer häufiger erschallt. Die Gründe sind politischer Natur. Um einer ungeliebten Gruppierung den Wind aus den Segeln zu nehmen, wird nicht nur ein Begriff, sondern eine ganze Vorstellungswelt stigmatisiert.

So bereits in der FAZ, der Welt und jüngst sogar auf katholisch.de. Letzterer Fall ist umso erschütternder, da Golgatha, Kapitol und Areopag die drei Hügel Europas sind und gerade die katholische Kirche zwei dieser Fundamente schützen sollte, statt sie in der Manier der Frankfurter Schule zu dekonstruieren – nicht zuletzt, weil sie selbst auf diesen fußt.

Stefan_Lochner_-_Last_Judgement_-_circa_1435
Stefan Lochner, Jüngstes Gericht circa 1435. Hier wird klar, dass eben NICHT alle zum auserwählten Volk gehören.

Beginnen wir mit dem ersten Knackpunkt: „Abendland“, was ist das eigentlich? Die romanischen Sprachen nutzen als Entsprechung die Ableitung vom lateinischen occidens, was im Deutschen häufig mit „Westen“ übersetzt wird, aber im Sinne der untergehenden Sonne (Okzident im Gegensatz zu Orient) genau das beschreibt, was das Deutsche meint. „Abendland“ und Europa sind damit in der europäischen Geisteswelt vor den Weltkriegen deckungsgleich. Erst die jüngste Zeit, die „Europa“ zu einem politischen Projekt macht, und den „Westen“ vor allem als transatlantische Entsprechung zum kontinentaleuropäischen Begriff setzt, hat hier einen Bedeutungswandel herbeigeführt. Dies gilt zu beachten, wenn im Nachfolgenden von „Europa“ die Rede ist, das vor 1900 synonym für Abendland verwendet wurde.

Der Verweis von Becker-Huberti darauf, dass das Abendland nicht christlich sei, weil es die Orthodoxie ausschlösse, bildet eine merkwürdige Argumentationslinie – nur, weil das Abendland begriffstechnisch als christlich gilt, schließt dies nicht grundsätzlich aus, dass auch andere Gebiete der Welt christlich sein können. Byzanz hat sich als zweites, rechtmäßiges Rom verstanden, und Moskau anschließend als drittes. Die Stilisierung zur wahren christlichen Macht und rechtmäßigen Verkörperung der Braut Christi ist ja gerade keine Ausnahme, sondern die Regel und bestimmendes Moment einer Welt, die sich genuin christlich, und ihre Angehörigen als auserwähltes Volk ansieht.

Im Übrigen haben alle Staaten auf europäischem Boden ähnliches getan, von der französischen Monarchie bis hin zur Republik Venedig. Die Reklamation der Nachfolgerschaft Roms und des Ideals einer civitas dei kann der Historiker von den Thronen Spaniens über den Bischofsstuhl Kölns bis in die Gassen Liguriens finden. Gerade dieser Wettbewerb und diese Vielfalt sind es, die Europa sein Gesicht geben. Die Protestanten, allen voran die calvinistischen Niederländer, stehen in derselben Fortsetzungslinie. Der Exklusionsgedanke (Welt gegen Geist, Heiden gegen Christen) findet sich bereits im Neuen Testament und ist – entgegen landläufiger Meinung – historisch betrachtet gerade ein Merkmal des Christentums. Insofern ist auch die Ansicht des Autors, dass die Abgrenzung eines irgendwie gearteten „Wir“ von einem „Nicht-Wir“ gefährlich sei, nicht nur historisch fraglich.

Wirtschaftshistorisch ist auf Max Weber zu verweisen, der bereits vor einem Jahrhundert richtigerweise den Typus der okzidentalischen (!) Stadt sezierte, die es eben nur von der Hansefaktorei Bergen bis zur Republik Dubrovnik, und von Lissabon bis Novgorod anzutreffen ist. Nirgendwo sonst auf der Welt hat sich diese spezifische Lebensart ausgeprägt, mit der unsere europäische Identität einhergeht, und Vorläufer unserer Werte sind: hier erblickte in der Renaissance der Humanismus und das Individuum das Licht der Welt, hier wurde die Marktwirtschaft geboren, hier entwickelte sich der Begriff jener Freiheit, die im Gegensatz zur Unterdrückung steht. Auch das ist keine Fiktion, sondern Basis eines fundierten Studiums zur Geschichte Europas.

Steingeworden ist das Abendland in seinen Kirchen, deren Aussehen divergieren mag; aber obwohl der Dom von Mailand, die Westminster Abbey und der Elisabethdom von Kosice Meilen und Sprachen trennt, sieht man doch hier die Architektur der Gotik durchstechen; bei anderen europäischen Baustilen sieht es ähnlich aus. Die europäische Literatur baut zudem grundlegend auf den antiken Epen und der christlichen Tradition auf.

Der Mailänder Dom - Bild:  © Steffen Schmitz (Carschten) / Wikimedia Commons / CC BY-SA 4.0 [CC BY-SA 4.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0)]
Der Mailänder Dom – Bild:  © Steffen Schmitz (Carschten) / Wikimedia Commons / CC BY-SA 4.0 [CC BY-SA 4.0 (https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0)]

Die europäischen Intellektuellen sahen sich seit der Renaissance als eine Gemeinschaft, die Austausch in einer Sprache – zuerst Latein, später Französisch – pflegte. Man muss nur einen Blick auf die Literatur der Renaissance werfen, deren Autoren sich untereinander kannten und einander schrieben. Ähnlich war es übrigens mit dem europäischen Adel, der sich als eine Familie sah. Vermählungen mit Dynastien außerhalb der christlich-abendländischen Welt waren undenkbar – im Übrigen auch ein Symbol für politische (!) Einheit, da es Familien waren, die das Schicksal der Staaten in ihren Händen hatten.

Auch vom Gelehrten Pierre Dubois, der als Schüler Thomas von Aquins bereits im 13. Jahrhundert eine pax christiana konzipierte und einen europäischen Staatenbund vordachte, scheint heute nichts mehr bekannt zu sein – wie aber soll man einen europäischen Staatenbund denken, wenn es angeblich keine Gemeinsamkeiten gab, oder zumindest eine gefühlte, gemeinsame Identität?

Es ist augenfällig, dass in der gesamten Abendland-Argumentation die Epoche der Frühen Neuzeit kaum gestreift wird, außer, um auf die Gräuel des Dreißigjährigen Krieges zu verweisen – ohne den Westfälischen Frieden, jenen größten Ausdruck europäischer Identität, nur für eine Sekunde zu erwähnen. Vermutlich, weil gerade dieser Frieden Becker-Hubertis Traktat in Schwierigkeiten bringt: im Vertragstext wird nämlich wie immer „ein christlicher, allgemeiner, immerwährender Frieden und wahre und aufrichtige Freundschaft“ verlangt, wie schon in den Vorgängertexten des Mittelalters. Das Abendland identifizierte sich also auch noch in nachreformatorischer Phase als „res publica christiana“, als „christliche Republik“, die nach Kriegen immer einen christlichen Frieden schlossen, nach dem alles vergeben und vergessen sei – ganz im Gegensatz zu den Konflikten seit dem 2. Weltkrieg, bei denen Schuldzuweisungen und die totale Vernichtung des Kriegsgegners das oberste Ziel darstellen.

Wer jetzt einwenden mag, dass diese Beschwörungsfloskeln nur inhaltsleere Parolen seien, dem sei entgegnet, dass die christlichen Staaten des alten Europa mit dem muslimischen Reich der Osmanen nie einen Frieden schlossen, sondern nur Waffenstillstände. Revanchismus war hier die Regel. Selbst bei den sog. „Raubkriegen“ Ludwigs XIV. von Frankreich versuchte man sich zuletzt auf Friedenskongressen gütlich zu einigen, indes der Krieg gegen äußere Mächte eine Frage von Tributzahlung oder Tributforderung war.

Wer noch einen Beweis will: nach dem Spanischen Erbfolgekrieg Anfang des 18. Jahrhunderts, der vielen Historikern der Frühen Neuzeit als „Erster Weltkrieg“ gilt, da er auf allen Kontinenten zwischen den damaligen Großmächten ausgetragen wurde – Spanien, Frankreich, Großbritannien, Österreich und den Niederlanden samt Kolonien in Übersee – kam es zum Utrechter Frieden von 1713. In diesem Friedenstext wird der Begriff „Europa“ wortwörtlich verwendet, um die europäische Staatenwelt zu benennen. Europa, das ist der occidens, das ist das Abendland, das angeblich nur „unfundierte Fiktion“ ist – allerdings das selbst wohl etwas anders sah.

Noch ein letztes Wort zu Adenauer: zu behaupten, die Abendlandkonzeption der 50er sei „entchristlicht“ worden, um sie bürgerlich-konservativen Kreisen schmackhaft zu machen, entbehrt jedweder Grundlage. Es war genau andersherum: das Abendland De Gaulles und Adenauers war dezidiert christlich, ja, sogar „katholisch“. Beide waren tiefgläubige und praktizierende Katholiken, die gerade über diese Idee des christlichen Abendlandes erst eine gemeinsame Freundschaft begründeten. Die Symbolgesten, wie in der Kathedrale von Reims, waren keine bloße Publicityveranstaltung. Ein Zitat von De Gaulle: „Was wir schaffen wollen, ist ein christliches, im gemeinsamen Christsein versöhntes Europa.“

Frankreich, Staatsbesuch Konrad Adenauer
Messe in der Kathedrale von Reims mit de Gaulle und Bundeskanzler Adenauer.  Das Abendland De Gaulles und Adenauers war dezidiert christlich, ja, sogar „katholisch“. Beide waren tiefgläubige und praktizierende Katholiken, die gerade über diese Idee des christlichen Abendlandes erst eine gemeinsame Freundschaft begründeten.

Dass die heutige EU nichts mit De Gaulles und Adenauers Idee zu tun hat, ist freilich nicht den Gründungsvätern anzulasten.

Für einen Theologen mag daher eine Aneinanderreihung von Behauptungen genügen. Historiker sind allerdings dazu gezwungen, Quellenbefunde in ihrer Arbeit Priorität einzuräumen. Dass die europäische Diplomatie der Frühen Neuzeit und die Intellektuellen des Mittelalters ganz selbstverständlich eine irgendwie geartete, kulturelle Identität Alteuropas annahmen, während die Zeigeistigen heute dies für jene Epoche infrage stellen, entbehrt nicht der Ironie.

Es ist daher verfehlt, wenn Manfred Becker-Huberti seinen Text mit dem Argument politischer Auseinandersetzungen beginnt. Europa bzw. das Abendland war seit dem Untergang eines Römischen Reiches hindurch eine kulturelle Gemeinschaft. Politische Auseinandersetzungen wie den Dreißigjährigen Krieg oder die Deutsch-Französische Feindschaft (die überdies nicht jahrhundertelang, sondern von 1870 bis 1945 andauerte, dazu mit einer Unterbrechung in den 1920ern – so viel Zeit muss sein!) als Kontraargument anzuwenden, überzeugen daher nicht, besonders nicht, wenn man die jahrhundertelangen Zeiten von kulturellem Austausch, gegenseitiger Inspiration, gemeinsamer Kriege und geteilter Geschichte dagegen anwendet. Eine Familie mag sich streiten, deshalb bleiben Brüder jedoch weiterhin Brüder.

Marco Fausto Gallina studierte Politik- und Geschichtswissenschaften in Verona und Bonn. Geboren am Gardasee, sozialisiert im Rheinland, sucht der Historiker das Zeitlose im Zeitgeistigen und findet es nicht nur in der Malerei oder Musik, sondern auch in der traditionellen italienischen Küche. Katholische Identität und europäische Ästhetik hängen für ihn dabei unzertrennlich zusammen. Unter den Schwingen des venezianischen Markuslöwen betreibt er seit 2013 sein Diarium, den Löwenblog.

Abendländische Deckengemälde in den Vatikanischen Museen – Bild: Cathwalk

Siehe auch:

Der Beitrag Das christliche Abendland – eine Fiktion? erschien zuerst auf cathwalk.de und wurde von Marco Gallina verfasst.

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Die Welt ist keine Scheibe – sondern ein Kunstwerk https://www.thecathwalk.de/2016/06/20/die-welt-ist-keine-scheibe-sondern-ein-kunstwerk/?pk_campaign=feed&pk_kwd=die-welt-ist-keine-scheibe-sondern-ein-kunstwerk https://www.thecathwalk.de/2016/06/20/die-welt-ist-keine-scheibe-sondern-ein-kunstwerk/?pk_campaign=feed&pk_kwd=die-welt-ist-keine-scheibe-sondern-ein-kunstwerk#respond Mon, 20 Jun 2016 06:48:27 +0000 http://thecathwalk.de/?p=5129 Einer der verbreitetsten historischen Irrtümer handelt von der Vorstellung, die Menschen des Mittelalters hätten an eine Erde in Scheibenform geglaubt. Oder in der noch extremeren Variante: die Kirche hätte eine solche gelehrt. Letzteres ist schon allein deswegen verfehlt, weil die mittelalterliche Scholastik sich weiterhin auf Aristoteles bezog. Der lehrte die Kugelgestalt der Welt; ein Konzept, […]

Der Beitrag Die Welt ist keine Scheibe – sondern ein Kunstwerk erschien zuerst auf cathwalk.de und wurde von Marco Gallina verfasst.

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Einer der verbreitetsten historischen Irrtümer handelt von der Vorstellung, die Menschen des Mittelalters hätten an eine Erde in Scheibenform geglaubt. Oder in der noch extremeren Variante: die Kirche hätte eine solche gelehrt. Letzteres ist schon allein deswegen verfehlt, weil die mittelalterliche Scholastik sich weiterhin auf Aristoteles bezog. Der lehrte die Kugelgestalt der Welt; ein Konzept, das u. a. Thomas von Aquin zitierte.

Auch außerhalb der kirchlichen Lehranstalten war diese Vorstellung üblich. In Dantes Göttlicher Komödie reisen der Dichter und sein Führer Vergil durch die Hölle quer durch die Erde, bis sie auf der anderen Seite wieder hervorkommen, wo sich der Läuterungsberg befindet. Dass es sich dabei nicht um einen Erdteller handeln kann, bezeugt einer der Höllengesänge, nämlich der des Odysseus; dieser hatte den Läuterungsberg bereits auf einem fremden Kontinent entdeckt. Gemäß dem Fall, dass Odysseus nicht über den Scheibenrand gefallen sein kann, spricht dies für eine Kugelgestalt, die Dante dem Leser gar nicht erklären muss. Ähnlich macht auch Marco Polo nirgendwo in seinem Reisebericht Andeutungen, Angst davor zu haben, über den Rand der Scheibe zu fallen. Der Reichsapfel der mittelalterlichen Kaiser ist das wichtigste politische Zeichen, das von einem Erdenglobus kündet.

Christoph Kolumbus bewies also in der Tat nicht den Charakter der runden Welt, sondern baute vielmehr auf der Vorarbeit früherer Gelehrter auf. Im 15. Jahrhundert galt es nicht etwa deswegen als gefährlich, von Spanien gen Westen nach Indien zu reisen, weil man an eine Scheibe glaubte – sondern weil findige italienische und portugiesische Kartographen den Erdumfang bestimmt hatten, und von einem riesigen Meer ausgingen, das zwischen Europa und Asien liegen müsse. Ironischerweise wurde den Portugiesen damit ihr nautisches und kartographisches Wissen sogar zum Verhängnis, weil sie ihrem König vorberechneten, dass Kolumbus‘ Reise ein Himmelfahrtskommando sein müsse. Der Genuese suchte daraufhin bei den Spaniern sein Glück. Der Rest ist bekannt.

Just 1492, also im Jahr der Entdeckung Amerikas, fertigte Martin Behaim seinen Erdapfel an. Freilich haperte es bei diesem an der Genauigkeit, und auch der Erdumfang entsprach nicht den Verhältnissen, die andere postulierten; für einen Neuen Kontinent wäre auf diesem Globus kein Platz gewesen. Stattdessen finden sich eine Vielzahl von unbekannten Eilanden zwischen Europa und Asien. In vielerlei Hinsicht kommt die Darstellung nicht über das hinaus, was der Venezianer Fra‘ Mauro bereits ein halbes Jahrhundert zuvor als einfache Karte verewigt hatte. Im Übrigen für damalige Zeiten in der Darstellung durchaus nicht völlig inakkurat:

Mit jenem Zeitalter der Entdeckungen, das ab der Renaissance an Bedeutung gewann, war Behaims Globus dennoch das Symbol einer ästhetischen wie wissenschaftlichen Revolution. Globen bezeugten Herrschaft, Gelehrsamkeit und Kunst. So ist die Vielzahl anschaulicher Exemplare zu bewundern, die in Klöstern, an Fürstenhöfen und Universitäten zu bestaunen waren und noch heute sind:

Behaims Erdapfel war aber – entgegen dem Mythos – nicht der erste Globus. Den hatte Papst Sixtus IV. in Auftrag gegeben; etwa zwei Jahrzehnte nach Fra‘ Mauro, aber ebenso zwei Jahrzehnte vor Behaim und Kolumbus. Leider ging dieser erste Globus der Frühen Neuzeit vermutlich beim Sacco di Roma (1527) in Flammen auf. Wie wir aber den Vatikan kennen, wurde dort akribisch alles aufgezeichnet, was sich ereignete. Bis heute zeugt die Rechnung von der Lieferung des verlorenen Kunstwerks.

Es war also gerade die böse Papistenkirche, die wie keine andere die Schönheit der Welt als Kugel zur Schau stellte. Aber erzählen Sie das mal weiter…

Marco Fausto Gallina studierte Politik- und Geschichtswissenschaften in Verona und Bonn. Geboren am Gardasee, sozialisiert im Rheinland, sucht der Historiker das Zeitlose im Zeitgeistigen und findet es nicht nur in der Malerei oder Musik, sondern auch in der traditionellen italienischen Küche. Katholische Identität und europäische Ästhetik hängen für ihn dabei unzertrennlich zusammen. Unter den Schwingen des venezianischen Markuslöwen betreibt er seit 2013 sein Diarium, den Löwenblog.

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Credo. Wissen, was man glaubt https://www.thecathwalk.de/2016/02/11/credo-wissen-was-man-glaubt/?pk_campaign=feed&pk_kwd=credo-wissen-was-man-glaubt https://www.thecathwalk.de/2016/02/11/credo-wissen-was-man-glaubt/?pk_campaign=feed&pk_kwd=credo-wissen-was-man-glaubt#respond Thu, 11 Feb 2016 07:00:03 +0000 http://thecathwalk.de/?p=2503 Von Josef Bordat Das Apostolische Glaubensbekenntnis ist weit mehr als eine Auflistung von zu glaubenden Aussagen über Gott. Es ist ein dichter, vernünftiger und anspruchsvoller Text von tiefer Weisheit, in dem die zentralen Glaubenswahrheiten als Einsichten vieler Generationen von Christen tradiert sind. Zugleich spricht das Credo die philosophischen Grundfragen des Menschseins an, um Sie von […]

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Von Josef Bordat

Das Apostolische Glaubensbekenntnis ist weit mehr als eine Auflistung von zu glaubenden Aussagen über Gott. Es ist ein dichter, vernünftiger und anspruchsvoller Text von tiefer Weisheit, in dem die zentralen Glaubenswahrheiten als Einsichten vieler Generationen von Christen tradiert sind. Zugleich spricht das Credo die philosophischen Grundfragen des Menschseins an, um Sie von Gott her, aus dem Glauben heraus zu beantworten.

Es ist sicher ein gewisses Wagnis, das Credo als Philosoph zu kommentieren, nicht als Theologe. Aber solange man dabei katholisch bleibt, sollte das wohl möglich sein. So nähere ich mich den Glaubenswahrheiten philosophisch an – Zeile für Zeile, Wort für Wort -, getragen von der festen Überzeugung, dass Glaube und Wissen, Herz und Verstand sich nicht ausschließen, wenn es darum geht, das Glaubensbekenntnis in seiner metaphysischen Weite zu durchdringen.

Rasch stößt man dabei auf die Theodizeefrage: Wie verhalten sich der Vater und der Allmächtige zueinander? Das Apostolische Glaubensbekenntnis bindet die Charakterisierungen Gottes ganz eng zusammen und macht aus ihnen schließlich eine Einheit. Zunächst folgt auf „Vater“ gleich der „Allmächtige“, dann ist vom „allmächtigen Vater“ die Rede; den „väterlichen Allmächtigen“ mag man sich hinzudenken. Wer in seiner Gottesvorstellung A sagt (wie allmächtig) und B (wie barmherzig), der muss sich der Theodizeefrage stellen.

Ich tue dies mit Gottfried Wilhelm Leibniz (dessen 300. Todestag wir in diesem Jahr begehen), aber auch mit Hans Jonas, ehe ich das Golgatha-Ereignis als Antwort auf die Theodizeefrage vorstelle: Aufgrund des Kreuzes können wir „barmherziger Vater“ und „allmächtiger Herr“ in einem Atemzug sagen. Auch in den tiefsten Abgründen des Lebens, in denen wir Verlassenheit spüren, ist Gott da. Gleichzeitig erfährt auch der gekreuzigte Jesus die Gottferne des Menschen. Gott ist in Jesus Christus bei uns, auch, wenn wir leiden. So gibt es kein sinnloses Leid, weil alles im Kreuz aufgehoben ist, im Leid der Gottverlassenheit, das größer ist als jedes andere Leid.

Das nächste Thema ist das Bekenntnis des Schöpfers, der Schöpfungsglaube. Ist der nicht mittlerweile obsolet? Reicht nicht „Big Bang“ plus Darwin aus, um ein vernünftiges Weltbild zu haben? Nicht, wenn es um den Grund des Ganzes geht, um die Frage, warum es überhaupt geknallt haben sollte, vor x Milliarden Jahren. Schöpfung ist nicht kausaler Anfang, sondern finaler Ursprung, Gott nicht Beginn, sondern Grund der Welt.

Diese These vertrete ich mit der Schöpfungstheologie zweier sehr unterschiedlicher Dominikaner (deren 800. Gründungstag wir in diesem Jahr begehen): Meister Eckhart und Thomas von Aquin, was mich zur Idee der theistischen Evolution führt: Die Natur erscheint uns als zweckhaft organisiertes Ganzes, dessen Prozesse eine teleologische Struktur aufweisen, die sich durch eine genauere Betrachtung aber nicht entschlüsseln lässt. Ihre Ursache müsste – wenn wir uns nicht täuschen – außerhalb der naturwissenschaftlichen Betrachtung liegen.

Die Welt erscheint uns also einerseits zutiefst sinnvoll, anderseits erfahren wir von diesem Sinn nichts durch die Naturwissenschaft, die uns aber für die Beschreibung und Erklärung der Prozesse selbst durchaus befriedigende Theorien bereitstellt. Daraus folgt, dass wir entweder einer Täuschung unterliegen und uns die Zwecke in der Natur und den Sinn der Welt nur einbilden (dann nämlich, wenn die Naturwissenschaft schon alles erklärte und jede weitere Frage unsinnig wäre), oder aber, dass es Zwecke und Sinn tatsächlich gibt, sie jedoch außerhalb der Natur gesucht werden müssen.

Die Frage ist also: Erklärt die Naturwissenschaft alles, was uns an der Natur auffällt? Täuschen wir uns wirklich hinsichtlich der Evidenz des Telos’, den wir bei alltäglichen Natur- und Weltbeschreibungen unweigerlich eingestehen (Wir sagen etwa: „Vögel bauen Nester, um darin ihre Eier abzulegen und ihre Jungen groß zu ziehen.“)? Wenn nicht, dann legt das die Existenz einer nicht-natürlichen, absichtsvollen und geistigen Ursache nahe, von der die Zwecke und der Sinn stammen. Eine Ausprägung dieser Ursache ist der christliche Gott, den wir im Credo bekennen.

Freilich geht es auch um Jesus, um Maria, um den Heiligen Geist und um die Kirche. Und um Pontius Pilatus. Mit harter Hand regiert er die Unruheprovinz Judäa. Eiserne Strenge und rohe Gewalt halten ihn insgesamt zehn Jahre lang an der Macht. Auch nach der Kreuzigung Jesu geht die Ära Pilatus weiter. Bis zum Jahr 36 ist er Statthalter. Abgesetzt wird er, weil sein brutales Vorgehen in Rom nicht mehr hingenommen werden konnte. Das passt nur sehr schlecht zu den wohlwollenden Charakterisierungen des kaiserlichen Statthalters in diversen Passionsfilmen.

Geklammert werden die Betrachtungen zum Glaubensbekenntnis von zwei analytischen Darlegungen zur Phänomenologie des Glaubens und des Bekennens. Was heißt das eigentlich: Glauben? „Glauben heißt: nicht wissen“, sagt der Volksmund und er hat damit, wie so oft, nicht ganz Unrecht. Man kann „Glauben“ tatsächlich negativ definieren. Doch wäre mit der Bestimmung des Glaubens als „Nichtwissen“ das Wesen des religiösen Glaubens nicht getroffen, weil der religiöse Glaube positive Aussagen macht, die handlungsleitend und lebenswirksam sind bzw. sein sollen.

Nach dem Evangelium zu leben (versuchen), weil man nicht weiß, ob es nicht vielleicht doch von Jesus Christus, dem Sohn Gottes, handelt, das ist sicher weit schwerer zu motivieren und durchzuhalten als ein Leben nach dem Evangelium im Glauben daran, dass in ihm Jesus Christus, der Sohn Gottes, zu uns spricht. Glauben im Sinne des religiösen Bekenntnisses bedeutet mithin Vertrauen.

Und Bekennen – was bedeutet das? Das Bekenntnis der Christen erschöpft sich nicht im sonntäglichen Aufsagen der Glaubenswahrheiten. Mission ist der Zwang, der aus Überzeugung erwächst. „Wir können unmöglich schweigen über das, was wir gesehen und gehört haben“ (Apg 4, 20). In der damaligen Gesellschaft vom Glauben an Jesus Christus zu sprechen, war gefährlich, das Bekenntnis zum Auferstandenen mutig. Aber die Freude darüber, dass Jesus lebt, ist größer als die Furcht. Das muss auch heute gelten.

Da Menschen, die Überzeugungen vertreten, davon ausgehen, dass diese wahr sind, dient Mission in ihren Augen stets der Verbreitung der Wahrheit. Überzeugt sein, die Wahrheit zu haben, überzeugt sein, die Wahrheit zu kennen, ist gerade der Ausgangspunkt der Mission. Meine Wahrheit (und damit der „Gegenstand“ meiner Mission) ist eine unveränderliche Wahrheit in Gott. Mit Edith Stein teile ich die Überzeugung, dass der, der die Wahrheit sucht, Gott sucht, weil ich glaube, dass Christus, der Sohn Gottes, die Wahrheit ist.

Dies jedoch kann ich nur als meine Überzeugung von der Wahrheit vermitteln, nicht als die Wahrheit selbst. Ich muss es tolerieren, wenn der Andere meine Überzeugung nicht teilt, auch wenn ich der Ansicht bin, dass er damit tragischerweise die Wahrheit verfehlt. Sich diesen Zusammenhang von Wahrheit, Überzeugung und Toleranz klar zu machen, entschärft die weltanschaulichen Debatte und lässt sie im Idealfall zum Dialog werden.

Auch zu diesem soll das Buch einen Beitrag leisten. Credo. Wissen, was man glaubt (ISBN: 978-3-942605-13-7) erschien im Lepanto-Verlag. Das Buch richtet sich an alle Gläubigen, die den Gehalt des Credos tiefer ergründen wollen, an jene, die das rechte Verständnis gegenüber Irrtümern und Missdeutungen unserer Zeit zurückgewinnen wollen und auch an Menschen, die einfach mal wissen wollen, was ein Katholik glaubt.

Eine Leseprobe erscheint zeitnah auf unserem Onlineportal The Cathwalk.

bordatDr. Josef Bordat ist katholischer Autor und Blogger. In seinem Weblog Jobo72 behandelt er philosophische und theologische Fragen und bezieht engagiert Stellung zu den Themen Kirche, Medien und Politik. Zuletzt erschienen Das Gewissen (2013) und Credo. Wissen, was man glaubt (2016), beide im Lepanto-Verlag

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Anstrengende Diskussionen: Heilige und andere Totschlagargumente https://www.thecathwalk.de/2016/02/04/anstrengende-diskussionen-heilige-und-andere-totschlagargumente/?pk_campaign=feed&pk_kwd=anstrengende-diskussionen-heilige-und-andere-totschlagargumente https://www.thecathwalk.de/2016/02/04/anstrengende-diskussionen-heilige-und-andere-totschlagargumente/?pk_campaign=feed&pk_kwd=anstrengende-diskussionen-heilige-und-andere-totschlagargumente#comments Thu, 04 Feb 2016 07:00:51 +0000 http://thecathwalk.de/?p=2506 Dieser zweite Teil über die Heiligen hätte eigentlich erst in der Fastenzeit erscheinen sollen und wäre insofern passend etwas ernster im Ton geraten. Nun: auch wenn jetzt noch Fasching ist, die Fastenzeit kommt bestimmt! Und einige halten ja den Fasching ohnehin nicht für ganz koscher, aber das ist ein anderes Thema und soll ein anderes […]

Der Beitrag Anstrengende Diskussionen: Heilige und andere Totschlagargumente erschien zuerst auf cathwalk.de und wurde von Cathwalk verfasst.

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Dieser zweite Teil über die Heiligen hätte eigentlich erst in der Fastenzeit erscheinen sollen und wäre insofern passend etwas ernster im Ton geraten. Nun: auch wenn jetzt noch Fasching ist, die Fastenzeit kommt bestimmt! Und einige halten ja den Fasching ohnehin nicht für ganz koscher, aber das ist ein anderes Thema und soll ein anderes Mal besprochen werden. (Vielleicht ja noch weiter unten.)

Wir lieben die Heiligen; wir verehren sie und rufen sie um Fürsprache an; sie sind auch uns im Glaubensleben ein Vorbild.i Wie letzte Woche schon angeklungen ist, bereitet der letztere Punkt, vor allem, wenn er von der typischen Sorte wohlmeinende Zeitgenossen aufbereitet wird, uns bisweilen Mühe. Dann wird aus dem geliebten Heiligen, der uns an Leistung übertrifft, auf einmal der Musterschüler, auf den man zur Beschämung der Schlechteren mit dem Finger zeigt. Außerdem werden die Aussagen, die man Heiligen zuschreiben kann, als gerne Argumente ge- oder missbraucht.

Will man dann dagegenreden, so muß man zunächst einmal aufpassen wie ein Schießhund, daß einem das Gegenüber nicht Blasphemie vorwerfen kann (ob zutreffend oder nicht, ist dabei ja irgendwie zweitrangig), die sich ja auch auf Worte gegen die Heiligen beziehen kann (vgl. KKK 2148)ii, zweitens muß man das Gegenüber davon zu überzeugen, daß man trotzdem katholisch ist, obwohl doch „die Heiligen“ anderer Meinung waren (da sind dann übrigens zumeist einzelne gemeint). Schließlich ist in einer Zeit, in der – wer wollte das bestreiten – doch merkliche Teile der Glaubenslehre und der Morallehre in Predigten selten vorkommen, dadurch ein Vakuum entstanden; die religiös Sensiblen suchen sich dann eben Ersatziii,iv.

Als solcher Ersatz pflegen gewisse „Generalklauseln“ aufzutreten. Da ist zum einen das Bibelwort „Seid vollkommen“ (vgl. Mt 5,48). Da ist zum anderen die generelle Mahnung zur Vorsicht (vgl. 1 Kor 10,12). Und dann sind es schließlich naheliegenderweise die besonders Frommen, und unter ihnen vor allem die Heiligen, die ja schließlich auch besonders fromm waren: zum einen ihr Beispiel, nach dem Motto „wie jetzt, zu müde zur Frühmesse? Der hl. Petrus von Alcantara hat fast gar nicht geschlafen!“v. Zum anderen Ihre Meinung, nach dem Motto: aber Pater Pio hat doch gesagt, ein Bubvi in kurzen Hosen sei nicht wie ein Christenmenschvii angezogen.viii

„Sei nur ja vorsichtig“: aber worin besteht die Vorsicht denn? Nach der klassischen Morallehre darin, die nächste Gelegenheit zur schweren Sünde zu meiden und sich auch nicht ohne Grund in eine entferntere Gelegenheit zur Sünde zu begehen. Was ist die nächste Gelegenheit zur Sünde?ix Eine Situation, in der man in realistischer Selbsteinschätzung damit rechnen muß, daß man sündigen wird. Was ist die entferntere Gelegenheit zur Sünde? Eine Situation, in der man es schwerer als sonst hat, sich von der Sünde fernzuhalten.

Das versteht sich von selbst. Das sollte dann aber durchaus mit sich bringen, Vorsicht mit der Vorsicht zu üben, vor allem damit, anderen Vorsicht vorzuschreiben.x Sonst kommt uns am Ende noch darüber die Glaubensfreude abhanden: „Gott liebt einen fröhlichen Geber“ (2 Kor 9,7). Vor allem hat dies recht wenig mit „Situationen, die unter einigen frommen Christen einen schlechten Ruf haben“ zu tun. Die Aussage, Musik, die Wirkung auf den Körper (eher als auf den Geist) ausübe, sei – weil unvorsichtig – zu meiden, ist z. B. schlechterdings abstrus.xi

„Seid vollkommen“: heißt das nun, solange es immer noch einen Heiligen gibt, der etwas besser gemacht hat, hast du’s falsch gemacht? Heißt das nun, solange ich zum Beispiel sagen kann, daß am Sonntag zwei Messen besuchen besser ist als am Abend wegzugehen und am Sonntag eine zu besuchen, daß man dann auch über den, der letzteres tut, sagen kann, naja so richtig mit dem Christentum ernst nehme er es wohl nicht?

Nein. Das Verpflichtende ist verpflichtend und das Freiwillige ist freiwillig: der hl. Thomas besteht ausdrücklich darauf:xii die Vollkommenheit besteht primär und essentiell darin, das zu tun, was ohnehin jeder tun muß. Die Gebote einhalten. (Wieder: „Du kennst doch die Gebote!“)

So auch der hl. Jakobus: „Ein reiner und makelloser Dienst vor Gott, dem Vater,“, d. h. ein vollkommener, „besteht darin: für Waisen und Witwen zu sorgen, wenn sie in Not sind, und sich vor jeder Befleckung durch die Welt zu bewahren.“ (Jak 1,27) – also, an schön konkreten Beispielen: Gutes tun und alles Böse meiden (vgl. Ps 34,15).

Wir schämen uns dafür, daß wir schlecht, nicht, daß ein anderer besser gehandelt hat.

Gut, aber wenn ich irgendeine Vorschrift, die ich gerne hätte, partout nicht in der Offenbarung finden oder aus dem Naturrecht folgern kann und trotzdem gern hätte? Wenn ich dann schon nicht mit der Vollkommenheit und der Vorsicht argumentieren kann, dann finde ich doch bestimmt irgendwo einen Heiligen, der mit mir übereinstimmt?

Thomas_von_Aquin
„Sogar Heilige, die als Kirchenlehrer anerkannt sind, können irren, wie der nach allgemeiner Meinung gelehrteste unter ihnen, der hl. Thomas, auch: die später dogmatisierte Lehre von der unbefleckten Empfängnis fand nicht seine Zustimmung.“

Gewiß. Aber in aller Klarheit: das heißt nicht, daß der Diskussionspartner dann zustimmen muß oder man sagen kann, wenn nicht sei er nicht richtig katholisch. Die Offenbarung endet mit dem Tod des letzten Apostels. Die autoritative Entfaltung nimmt das Lehramt vor; wenn es dogmatisiert, kann es nicht irren. Heilige können irren; sogar Heilige, die als Kirchenlehrer anerkannt sind, können irren, wie der nach allgemeiner Meinung gelehrteste unter ihnen, der hl. Thomas, auch: die später dogmatisierte Lehre von der unbefleckten Empfängnis fand nicht seine Zustimmung.xiii Wer das gesamte Lehramt etwa des sel. Pius IX. und des sel. Paul VI. liest, wird einzelne Punkte finden, in denen nicht beide gleichzeitig recht haben können. Und das waren sogar Päpste. Vom hl. Pater Pio war schon die Rede.

Der hl. Vinzenz Ferrer hielt einen Gegenpapst für legitim. Der hl. Cyprian, Kirchenvater, hielt entgegen der Lehre der Kirche die von Häretikern gespendete Taufe für ungültig.xiv Bei den Dogmen ist kein Irrtum möglich. Bei den Heiligen schon.xv

Und was – könnte einer Fragen, der beide Artikel gelesen hat – wenn nun irgendwo wirklich weder ein Einspruch gemacht, noch auf etwas Ungewöhnliches aufmerksam gemacht werden könnte? Nur einfach alles wie aus dem Lehrbuch, spitzenmäßig?

Sagen wir, ein Mensch konvertiert aus eigenem Entschluß zum Christentum. Er vollbringt schon als Katechumene Heldentaten der Nächstenliebe. Er beantragt die Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer, um Christus besser dienen zu können. Nachdem das abgelehnt wird, leistet er seinen Dienst gehorsam zu Ende, wird ehrenhaft entlassen. Dann lebt er als Asket. Wegen seiner Tugend wird er zum Bischof gewählt; wegen seiner Demut – tiefehrlich empfunden – lehnt er ab. Durch die freundliche Schützenhilfe gackernder Mitgeschöpfe doch noch Bischof, wirkt er segensvoll und erfolgreich im Hirtendienst, bis er hochbetagt im Frieden im Kreise seiner geistlichen Schüler stirbt. Noch dabei nimmt er seinen Tod heldenhaft auf sich, aber auch zu „weiterer Arbeit“, sagt er, sei er noch bereit.

Nun, keine Bange. Das ist die Geschichte des Martin von Tours; und auch ihn zählt die Kirche zu den kanonisierten Heiligen.


P.S.: Und was ist jetzt mit dem Fasching?

Der sel. John Henry Newman zeigte sich darüber entsetzt.xvi Aber wir wissen ja, Heilige und Selige müssen nicht recht haben. Ich selber halte es für unwahrscheinlich, daß ein Produkt der katholischen Kultur, das fast überall lebendig ist, wo es auch die katholische Kirche ist, so falsch ist. Und auch wenn im Fasching die Leute über die Stränge des Alltags schlagen und dabei bisweilen auch die der Moral brechen, so dürfte es doch, wenn einzelne das zum Anlaß für Volltrunkenheit und sechstes-Gebot-Sachen nehmen – ein Automatismus ist das nicht! – noch das geringere Übel sein, verglichen mit einem Zustand, in dem die Religion das Austoben überhaupt nie erlaubte und die Leute daher stattdessen gleich in Verbitterung oder Verdrossenheit fallen oder den Glauben, weil zu hart, ganz aufgeben.

Und wie gesagt, man muß die Sünden ja nicht begehen!

Anmerkungen

i Zu dem, was die Heiligen für uns so alles bedeuten, siehe wieder sehr präzise die Präfation “von den Heiligen”.

ii Was denn nun eigentlich Gotteslästerung ist, findet sich dort freundlicherweise ebenfalls präzise beschrieben.

iii Den Gedanken verdanke ich in dieser Präganz einer unglaublich intelligenten, wahnsinnig hübschen und unkaputtbar katholischen Bloggerin. (Sie wollte in der Form zitiert werden. 🙂 )

iv Ergo: die zuständigen Seelsorger müssen – nicht nur, versteht sich, aber auch – allein schon deswegen ein gewisses Maß Strenge aufbringen, weil das sonst nämlich die Laien übernehmen, und das kann umso ungemütlicher werden. In welcher Armee würde man – als Mannschaftler – lieber dienen: in einer, in der die Unteroffiziere, oder in einer, in der die Stubenkameraden dauernd auf einem herumhacken? Das sagt sich als Laie freilich leicht. Es ist mir bewußt, daß es viel verlangt ist, zu Leuten streng zu sein, die man gern hat.

v Am Werktag oder wenn am Sonntag die Sonntagspflicht auch später am Tag noch erfüllt werden kann.

vi nein, kein Mädchen.

vii nein, nicht nur für den Anlass unangemessen locker angezogen, sondern “nicht wie ein Christenmensch”.

viii Zu speziell diesem Heiligen gibt es einen sehr informativen Text auf einem Webangebot der Petrusbruderschaft, http://www.kath-info.de/pioliebe.html. Man muß leider sagen: dies ist nicht die einzige Meinung dieses offenkundig begeisterten und speziell von den Italienern innig geliebten, heiligen Priesters, die einer genauen Überprüfung nicht standhält. Kann ein katholischer Priester einem eifrigen Katholiken, sei er auch ein Priester, wegen einer vielleicht schweren, aber Allerweltssünde, die ehrlich bereut wurde, die Absolution verweigern und zwar nicht nur, wie in der alten Kirche vielleicht üblich gewesen wäre, für eine festgesetzte Bußzeit, sondern “auf immer” – um ihn dann nach einem halben Jahr doch zu absolvieren? Kann ein katholischer Priester sagen, nicht er sei es, der im Beichtstuhl abweise, sondern der Herr, wenn doch der Herr die Entscheidung über die Absolution eines reuigen Sünders explizit den zuständigen Priestern überlassen hat (vgl. Joh 20,23)? Kann ein katholischer Priester einen Mann einen Verweis erteilen, der – nicht irgendeine Bekannte oder Freundin, sondern – seine Braut küßt? (Im Brautstand der Kuß, im Ehestand der Ehevollzug, so läuft doch geradezu die dem Moralgesetz genauestens entsprechende Entwicklung.) Kann ein katholischer Priester einer jungen Frau für die Heirat mit einem geliebten Mann außer der Liebe, der Bereitschaft zum Führen einer katholischen Ehe und so fort auch noch zusätzlich fordern, daß sich “weder zur Zeit noch in der Vergangenheit bei dem Mann selbst oder bei seiner Familie irgendetwas Unmoralisches finden darf?” Daß nach der Lehre der katholischen Kirche sich bei allen Menschen, außer dem Heiland und seiner Mutter, wenigstens läßliche Sünden und damit “etwas Unmoralisches” finden, sei am Rande bemerkt. Kann ein Katholik einem geliebten anderen Menschen mit Vorsatz geistige Schmerzen zufügen, auch wenn das letzterem aufs Fegefeuer angerechnet wird?

ix Bitte um Entschuldigung für die technischen Ausdrücke.

x Daß einige Leute fälschlich meinen, keine moralische Regel sei allgemeingültig, ist kein Grund dafür, solche, die tatsächlich von den beteiligten Personen abhängig sind, wie z. B. wie vorsichtig jemand sein muß, nicht als solche zu behandeln.

xi Gesichtspunkte wie “Qualität”, wie “Wertschätzung des Althergebrachten”, wie “kultureller Rang” oder in einigen Fällen auch “textlicher Inhalt” sind ein anderes Thema und werden vielleicht ein andermal erörtert werden. (Es gibt freilich auch keine moralische Vorschrift, bestimmte Qualitätsansprüche zu stellen.) – Der Verdacht, daß derlei vor allem aus einem Vorurteil hervorgeht, wird zumindest noch von der Tatsache unterstrichen, daß einen derart schlechten Ruf vor allem die Rockmusik hat (worunter in von Rockmusikern nicht nachvollziehbarer Weise auch die Popmusik gezählt wird), der monotone Beat des Hip-Hop, der noch viel deutlicher unter eine solche Beschreibung fällt, jedoch schlicht ignoriert wird. Ich werfe niemandem die unreflektierte Übernahme eines Vorurteils vor, aber drängt sich da nicht der Eindruck auf, das sei eben deswegen, weil die Rockmusik in den 1950ern einen schlechten Ruf hatte? Und dabei wurde ein Song wie Bad Moon Rising von Creedence Clearwater Revival ausgerechnet zu einer Zeit veröffentlicht, als die Kirche das Dies irae gestrichen hatte… aber das ist ein anderes Thema und wird vielleicht ein andermal erörtert werden.

xii Summa theologica, II/II 184 III.

xiii Sie war damals allerdings nicht in der Klarheit formuliert gewesen, in der sie später Dogma wurde.

xiv Sein Fest hat er gemeinsam mit dem Opponenten des damaligen Streites, Papst Kornelius – Rom und Karthago, in christlicher Liebe vereint.

xv Bei dem schon mehrfach erwähnten hl. Thomas dient ein Spruch eines Heiligen deshalb immer nur als hinführendes Argument – als eine Art “Einleitung”, wird für die Begründung von Aussagen selber nicht herangezogen.

xvi Apologia Kap. 2

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Ein Mann hat eine religiöse Begeisterung, will Ordensmann werden. Der erste Orden weist ihn ab – ungeeignet. Der zweite Orden weist ihn ab – ungeeignet. Der dritte, die Trappisten, nimmt ihn schließlich als Novizen auf. Nach ein paar Wochen flieht er aus dem Kloster – er kommt mit dem Leben dort überhaupt nicht zurecht. (Eine Sünde?) Was nun tun? Wird er sich nun doch als landwirtschaftlicher Arbeiter niederlassen oder ins Geschäft seiner gar nicht armen Eltern einsteigen? So würden zweifelsohne viele fromme Morallehrer raten; vielleicht haben sie es ihm damals geraten. – Einige Zeit später erreicht die Eltern ein Brief: Er führe das Leben eines Aussteigers, eines Bettlers, der zwischen christlichen Pilgerstätten hin- und hervagabundiere, und sei, endlich, völlig glücklich. Ein ungewaschener Langhaariger, ein Hippie auf katholisch, ein warnendes Beispiel für Kinder, die nicht brav sein wollen? – Dies ist die Geschichte von Benoît Joseph Labre. Die katholische Kirche zählt ihn zu den kanonisierten Heiligen.

Ein erfolgreicher Anwalt gewinnt jeden Prozeß, ist bei Kollegen und Richtern beliebt. Einen, endlich, verliert er – wegen einer Intrige, heißt es hier; er bringt ein unzutreffendes Argument vor, heißt es dort – und ist dann zutiefst bestürzt: wie konnte ich nur? Der Richter, der ihn mag, beschwört ihn, er möge sich das nicht so zu Herzen nehmen. Sein Versehen, sein Unglück in Demut tragen, ohnehin sind andere viel erfolgloser: weitermachen auf dem Platze, wo Gott ihn hingestellt usw.: wir können die Ratschläge schon hören, und sind sie etwa nicht naheliegend? – Er schmeißt alles hin und stellt sich beim Bischof vor: „ich habdas mit dem Leben in der Welt nicht geschafft, jetzt will ich Priester werden.“ Ein sicherer Kandidat für die Abweisung? – Dies ist die Geschichte von Alfonso Maria Liguori. Die Kirche zählt ihn zu ihren Priestern, Bischöfen, Ordensgründern, Kirchenlehrern; sein Name steht im Verzeichnis der kanonisierten Heiligen.

Ein Mann hat sich buchstäblich dem Teufel verschrieben. Irgendwann bekommt er mit, daß dieser sich vor Christus fürchtet. Sein Stolz ist es, nur dem Stärksten zu dienen, also sucht er halt Christus – und erfährt, als Christ muß man fasten. „Kann ich nicht.“ Na dann wenigstens beten. „Kann ich auch nicht.“ Ein hoffnungsloser Fall? – Dies ist die Legende von Christophorus. Die Kirche zählt ihn zu den kanonisierten Heiligen.

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„Auch wer den Christen Thomas von Aquin nicht größer als Aristoteles nennen will, ist gezwungen, ihn breiter zu nennen.“ (G. K. Chesterton)

Ein anderer schließlich kann fasten, kann beten; er kann auch dichten, und vor allem kann er denken. Ein Intellektueller also. Ob er, mit Franz Joseph Strauß zu sprechen, jemals einen Schraubenzieher in die Hand genommen hat, ist nicht überliefert.i Auf fällt an ihm sofort seine imposante Körperfülle, was ihn bei den moralisierenden Menschen von heute wohl schon diskreditieren würde. In einzelnen Punkten lehrt die Kirche das Gegenteil seiner Meinung.ii Die Rede ist natürlich von Thomas von Aquin. Die Kirche sieht in ihm quasi ihren himmlischen Chef-Theologen; sie verehrt ihn als kanonisierten Heiligen.

Die Heiligen! Wir mögen sie alle; wir verehren sie; wir bestürmen sie mit Anliegen – speziell den hl. Antonius von Padua übrigens mit Anliegen, die uns jeder Protestant sofort um die Ohren hauen würde, und sagen, wir sollten unsere Schlampereien gefälligst selbst ausbaden –; irgendwann aber kommt der typische wohlmeinende Zeitgenosse und betont das „et conversatione exemplum“iii (auch wenn in der Heiligenpräfation noch einiges andere steht, die Betonung kann sich der Antwortende nicht aussuchen…) Und es stimmt ja: Sie sollen uns auch ein Vorbild sein. Sie haben es geschafft – wenn wir genauso werden, schaffen wir es auch…

– Moment mal. –

Die Zahl der Heiligen ist groß. Aber die Zahl der Katholiken, die durchaus gläubig, praktizierend waren, die halbwegs gut gelebt oder von schwerer Sünde sich ehrlich bekehrt haben – sie ist doch noch viel größer.

Ist daraus nun zu folgern, wie z. B. Joseph Roth es übrigens tutiv, daß die Kirche dadurch, daß sie die paar Perfekten kanonisiere, implizit die Sündhaftigkeit der Restmenschen gestatte? Oder sollen wir sagen, ja die anderen seien halt im verborgenen heilig gewesen, hätten aber deshalb nicht weniger gelitten, sich nicht weniger aufgeopfert etc.? Zumal es diese Art Heilige ja auch tatsächlich geben wird: aber auch das sind doch, mal ehrlich, nur ein paar. Das Leben hat seine schönen Seiten, und wir, die wir keine Ordensgelübde abgelegt haben, die wir „wenn wir ehrlich sein wollen, gern einen Fuß in beiden Welten haben wollen; deren Ehrgeiz ist, zu bestehen, nicht zu glänzen“v, wollten uns ehrlich gesagt nicht vom Glanz, der Gelassenheit, der Ruhe und der Anstrengung eines Ordenslebens gerade die Anstrengung herauszusuchen.

Die erfreuliche Nachricht: das fordert die Kirche tatsächlich nicht.

Die Moral, wie sie uns die Kirche lehrt, fordert „nichts weiter“ als nicht zu sündigen. „Du kennst doch die Gebote.“ (Mk 10,19) Die Kirche hilft dabeivi – der Patron ihrer Moraltheologen war bezeichnenderweise nicht Staatsanwalt, sondern Strafverteidiger gewesen, eben der erwähnte hl. Alfons – immer bemüht, genau darzulegen, was zu tun ist und was nicht.vii (Auf einige typische Einwände hierzu soll im nächsten Artikel eingegangen werden.)

Und das Vorbild der Heiligen? Der modernen Welt, die nicht gelassen, aber dafür perfektionistisch ist (deshalb schimpft sie auch alleweil auf den Perfektionismus) mag der Gedanke fremd sein; aber in den Katholiken hat sich der gesunde menschliche Instinkt bewahrt. Wer gut ist, der verehre als Helden einen, der besser ist. Bezeichnenderweise können wir das auch heute noch überall da nachvollziehen, wo wir nicht auf den Gedanken kommen, uns Vorwürfe zu machen. So bei den dilettierenden Freizeitmusikern: Gerade die hören doch mit besonderer Freude und Gewinn die Titel der herausragenden Interpreten. So bei den Fußballspielern der Dorfvereine in der A-Klasse. Gerade die schauen doch mit noch mehr Begeisterung als der Rest der Bevölkerung das Finale der Champions-Leauge im Fernsehen an.viii

So ist es auch bei den Heiligen (also den Christen). Gerade die können von den Heiligen (im landläufigen Sinn) gar nicht genug bekommen. Die Büßer von einem, der ganz übermenschliche Bußwerke geleistet hat wie der hl. Pedro von Alcantara. Die Gastwirte, die mit ihrer Gastfreundschaft Geld verdienen, von einem hl. Julianus, der beim Bewirten auf den Verdienst verzichtet hat. Die Mönche, die den Psalter jede Woche beten, von einem hl. Patrick, der ihn jeden Tag betete. Und so weiter – nur drei Beispiele von vielen, die man aufzählen könnte.

Wenn aber der hl. Patrick unser Vorbild ist: müssen wir dann auch den Psalter jeden Tag beten? Natürlich nicht. Auf diese und verwandte Fragen, oben schon angeschnitten, werden wir im nächsten Beitrag genauer eingehen: aber die knappe Formel hierzu, die selbst von einem Heiligen stammt – dem hl. Bernardino von Siena, der ein durchaus strenger Prediger gewesen sein soll – ist die:

Man muß die Heiligen bewundern, aber braucht sie nicht immer in allem nachzuahmen.“ix

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„Es jubelt aller Engel Chor, es ruft der Heilgen Kreis: Die ganze Schöpfung jauchzt empor zu singen Gottes Preis!“ – „Das Jüngste Gericht“ in der Sixtinischen Kapelle von Michelangelo (1475-1564)

***

i Es ist mir bewußt, daß F. J. Strauß, selbst ein Intellektueller von Rang, mit dieser Wendung nicht dem Antiintellektualismus das Wort reden wollte, sondern nur die Selbstbezeichnung seiner Gegner als „Arbeiter“ angreifen wollte. Nichtsdestoweniger gibt es freilich einen Antiintellektualismus, gerade auch einen typisch Konservativen, der sich in ähnlicher Weise ausdrücken könnte.

ii Dazu demnächst mehr.

iii Die Präfation von den Heiligen, z. dt. „(Du gewährst uns) sowohl ein Vorbild des Lebenswandes …“

iv Die Kapuzinergruft, Reclam 2013 S. 37.

v Der Ausdruck ist von Msgr. Knox, Enthusiasm. A Chapter in the History of Religion. University of Notre Dame Press 1994, S. 2

vi dazu der sel. Johannes Duns Scotus lakonisch: „Viele [als moralische Regeln] notwendige Wahrheiten werden in der Hl. Schrit nicht ausgedrückt, sind sie dort auch implizit enthalten; bei deren Erforschung war die Arbeit der Lehrer und Ausleger von Nutzen.“ (Ordinatio I Prol. II ad 3)

vii Etwa: „Wer, um die Last des Fastens aushalten zu können, [am strengen Fasttag bei der einen vollen Mahlzeit] ein herzhaftes oder üppiges Mahl zu sich nimmt, erfüllt die Fastenpflicht.“ (Catholic Encyclopedia, Artikel „Fast“) Man darf das natürlich noch besser machen.

viii Hat jemand das typische Argument “ich mach lieber selber Sport, statt ihn im Fernsehen anzuschauen” jemals von einem Vereinsspieler gehört?

ixIm Original: „Sancti admirandi sed non imitandi sunt semper in omnibus.“ Gemäß Daniele Solvi, Il culto dei santi nella proposta socio-religiosa dell’Osservanza, Fußnote 41, berichtet dies Z. Zafarana, Bernardino nella storia della predicazione popolare, in Bernardino predicatore nella società del suo tempo. Atti del XVI Convegno internazionale del Centro di Studi sulla Spiritualità Medievale (Todi, 9.-12. Oktober 1975), Todi, 1976,p. 59 sg.; Solvi verweist auch auf Carlo Delcorno (L’«exemplum» nella predicazione di Bernardino da Siena , ibid., p. 79 sg.); er „erkannte die reduzierte Präsenz hagiographischer Beispiele (47 von 756) im reichen Repertoire von Beispielen, die Bernardino gebraucht hat.“ (im Internet abrufbar)

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