Freitag, 26. April 2024

Werner Münch: Leben mit christlichen Werten

Eine Rezension von Martin Bürger

Um Werner Münch, den einstigen Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, ist es nach seiner politischen Laufbahn eher still geworden. Für Aufregung sorgte er zuletzt 2009, als er aus der CDU austrat, weil er den Kurs seiner Partei nicht länger mitvollziehen wollte. Treue Katholiken kennen Münch darüber hinaus als Schirmherr beim Kongress „Freude am Glauben“ – aber das war es auch schon. Im Media Maria Verlag ist in diesem Jahr unter dem Titel „Leben mit christlichen Werten“ ein wichtiges Interview-Buch von und mit Werner Münch erschienen, welches das Leben dieser interessanten Persönlichkeit näher in Augenschein nimmt. Das Gespräch führte der Journalist und Buchautor Stefan Meetschen.

Geboren im Jahre 1940, erlebte Werner Münch die letzten Jahre des Zweiten Weltkriegs sowie die Zeit des Wiederaufbaus als Kind und Jugendlicher in einer Arbeiterfamilie. Münch schlug indes eine akademische Laufbahn ein, zunächst am Gymnasium, später, nach dem Abitur 1961 und einigen Jahren bei der Bundeswehr, auch an der Universität. Ursprünglich hatte die Bundeswehr ihn zum Studium nach Freiburg geschickt, doch Münch entschloss sich dort, das Militär zu verlassen und zu promovieren, um in der Lehre tätig sein zu können.

Die Zeit als Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt

In Niedersachsen war Werner Münch viele Jahre als Professor tätig, half mit bei der Gründung der Universität in Osnabrück und war schließlich auch für vier Jahre Präsident aller kirchlichen Hochschulen in Deutschland. Nach Erfahrungen in der Hochschulpolitik, allerdings auf der anderen Seite, wurde Münch selbst Politiker und 1984 ins Europäische Parlament gewählt. Schon sehr bald nach der deutschen Wiedervereinigung zog es Münch nach Sachsen-Anhalt, zunächst nur, um der dortigen CDU Wahlkampfhilfe zu leisten. Der neue Ministerpräsident wollte ihn allerdings als Finanzminister haben. Schon ein Jahr später wurde Münch der Nachfolger des Ministerpräsidenten. Aufgrund verschiedener Vorwürfe, die sich im Laufe der Zeit allesamt (auch vor Gericht) als ungerechtfertigt herausstellen sollten, trat Münch schon 1993 zurück.

In dieser Zeit war für ihn der Glaube von besonderer Bedeutung: „Neben meiner Familie war mein Glaube in dieser Situation das Wichtigste. Wenn ich in dieser Situation meinen Glauben nicht gehabt hätte und wenn ich nicht bereit gewesen wäre, dies auch als eine gewollte Entscheidung ‚von höchster Stelle‘ zu akzeptieren, wüsste ich nicht, wie lange ich gebraucht hätte, um mit dieser Belastung fertigzuwerden.“ Es schlossen sich für Münch viele Jahre der Beratungstätigkeit an, darunter für die Deutsche Bahn in Brüssel.

Von ganzem Herzen katholisch

Während viele Politiker sich zu gegebenem Anlass gerne einen christlichen Anstrich geben, zeigt sich in „Leben mit christlichen Werten“, dass bei Werner Münch auch der Kern christlich, und zwar katholisch, ist, nicht nur die Fassade. Münch vertritt seine Prinzipien auch in der Öffentlichkeit – wie angesprochen, bis hin zum Bruch mit seiner Partei. Parteichefin und Bundeskanzlerin Angela Merkel habe „einmal auf die Frage eines Journalisten ‚Wenn Sie die absolute Mehrheit bei dieser Wahl bekommen sollten, würden Sie in der Frage der Abtreibung etwas ändern?‘ geantwortet: ‚Nein, denn das System hat sich bewährt!‘“ Worauf Münch entgegnet:

„Also, was ist denn das für ein christliches Werteverständnis, wenn man die Tötung von ungeborenem Leben mit dem Ausdruck ‚bewährt‘ bezeichnet?“

Gegen Ende des Buches zeigt Münch zudem, dass er auch mit aktuellen innerkirchlichen Entwicklungen bestens vertraut ist. Die gegenwärtige Lage, zumindest in Deutschland, sieht er sehr kritisch: „Die Gottvergessenheit wird immer größer und weitet sich aus zur Gottlosigkeit bis hin zur Gottesfeindschaft. Der Egokult mit der Forderung nach grenzenloser Freiheit nimmt Gott als Störfaktor mit überflüssigen und unzulässigen Einschränkungen der persönlichen Freiheit wahr. Die Entwicklung wird weiter abwärtsgehen, denn zusätzlich sind die religiösen Instanzen in unserem Land, die ein Korrektiv sein könnten, weggebrochen.“ Papst Franziskus wird von Münch gelobt, etwa im Zusammenhang mit seiner Position zum Lebensschutz. Gleichzeitig übt Münch Kritik am Papst, wenn es beispielsweise um das achte Kapitel von Amoris laetitia geht, welches mit der Kommunionspendung für zivil Wiederverheiratete zu tun hat. Den Kardinälen, welche die Dubia an Papst Franziskus geschickt haben, hätte eine Antwort gegeben werden müssen, so Münch.

Münch ist ein Freund der Alten Messe und ermutigt zum Christsein

Auch auf die sogenannte lateinische Messe, die außerordentliche Form des römischen Ritus, kommt der einstige Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt zu sprechen. Er selbst besuche diese Messe hin und wieder, könne aber die Ablehnung nicht verstehen, die den Freunden der überlieferten Liturgie häufig begegnet. Münch ermutigt aber zu einem Leben mit christlichen Werten.

Jeder weiß, dass ein „Leben mit christlichen Werten“ seinen Preis hat, der mitunter auch die Karriere kostet. Aber ein solches Leben wird am Ende immer belohnt.

Entsprechend ist das Lieblingsgleichnis von Werner Münch jenes vom Sämann, dessen Samen auf unterschiedlichen Grund fallen: „Und ich bestehe nicht darauf, dass ich hundertfach belohnt werde, mit dreißigfach nach diesem Gleichnis bin ich schon zufrieden. Aber ich versuche, diesem Gleichnis und dem, was mit ihm gemeint ist, gerecht zu werden.“

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Prof. Dr. Werner Münch, Politikwissenschaftler, war viele Jahre lehrend sowie als Rektor und Präsident aller kirchlichen Hochschulen in Deutschland tätig. Als Mitglied im Europäischen Parlament, Minister der Finanzen und Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt sowie als Berater der bulgarischen Regierung für den EU-Beitritt des Landes hat er vielfältige praktische politische Erfahrungen gesammelt. Seit Jahren ist er ein begehrter Interviewpartner und Referent im In- und Ausland.

Werner Münch
Leben mit christlichen Werten
Erinnerungen und Ausblick. Ein Gespräch mit Stefan Meetschen
ISBN 978-3-9454018-2-8
Media Maria Verlag
https://bit.ly/2JnpNlp

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