Dienstag, 19. März 2024

Die Eherevolution: Schönheit und Liebe neu verstehen (Teil 1)

6. Dezember 2003 – Paris. Ich stehe auf dem Vorplatz der Basilica minor Sacré-Cœur de Montmartre und schaue auf das in der Nacht erstrahlende Paris. Mein Blick ist fest auf den Eiffelturm gerichtet. Soll ich es nun wirklich wagen? In meiner Jackentasche halte ich diese kleine Kunststoffbox, mit einem Inhalt, der mein ganzes Leben verändern sollte!

Kurze Zeit später knie ich auf der obersten Plattform des berühmten Turmes von Paris, vor meiner Prinzessin, und stelle ihr die alles entscheidende Frage: Willst du mich heiraten und meine Ehefrau werden? – JA, ich will!

Heute wird viel darüber geschrieben und diskutiert, wie und in welcher Form eine Ehe zu sein hat. Ich habe aktuelle Statistiken darüber gelesen, nach Umfragen gesucht und bin die eine oder andere Studie durchgegangen. Aber ich werde Sie damit nicht belästigen! Denn ich hätte mir die Recherche für diesen Artikel sparen können. Mir ist dabei nämlich etwas ganz klar geworden: Um die Schönheit der Ehe, die machtvolle Kraft des Sakramentes und die bedeutsame Wirkung von stabilen Familien für die Gesellschaft transparent zu machen, braucht es keine Gegenüberstellung mit Zahlen und Daten, Aussagen von Kindern und Jugendpsychologen und schon gar keine Scheidungsraten mit Berechnungen für die nächsten zehn Jahre! Ich werde mich einfach auf das ungemein Wesentliche der Ehe konzentrieren: ihre NATÜRLICHE SCHÖNHEIT!

Wer mich kennt, weiß, dass ich kein Freund bloß schöner Worte bin. Wenn es um die NATÜRLICHE SCHÖNHEIT der Ehe gehen soll, braucht es eine Analyse, ja, eine tiefe Betrachtung, was denn die „Bestandteile“ sein müssen, um dieser Schönheit ihren Auftritt zu geben! Denn mir ist sehr wohl bewusst, dass wir alle genug Beispiele in der Familie, im Freundeskreis und um uns herum kennen, wo Ehen gescheitert sind, sich zum Alptraum entwickelt und viel Leid über Menschen gebracht haben!

Glücklich machen versus glücklich gemacht werden

Heuer feiern meine Ehefrau und ich unseren 14. Hochzeitstag. Paris hat mein Leben wirklich völlig verändert und ich bin heute so unglaublich glücklich darüber, dass ich den Mut hatte, diesen Schritt zu wagen! Aus dieser Entscheidung und einer tiefen und wahren Liebe ist etwas so Beeindruckendes entstanden, dass ich selbst immer wieder staunen muss! Eine Familie mit fünf Kindern! Diese Liebe wurde also fruchtbar, sie hat sich vermehrt, könnte man sagen. Wenn ich unserem jüngsten Sohn dabei zusehe, wie er seine kleinen Hände um seine Mutter legt und ihr einen fetten Kuss auf die Wange drückt, bewegt das mein Herz ganz tief! Warum gibt es diesen Moment? Paris – Eiffelturm – Willst du mich heiraten? – JA, ich will!

Sicher, das ist ein Bild, aber es bleibt, dass dort die Entscheidung getroffen und der Start für alles Weitere gelegt wurde. Ein ganz wesentlicher Baustein, dass es Entscheidungen braucht. Viele Menschen haben heute nicht mehr den Mut, eine Entscheidung für die Ehe, für eine Familie zu treffen! Vor allem die Männer!

Dass in all den Jahren unserer Ehe nicht alles nur schön, großartig und wunderbar war, darf nicht ausgespart werden, dafür bin ich zu sehr Realist. Doch ich will unbedingt einen Punkt in diesem ersten Teil anmerken: Es gibt eine sehr bedeutsame GRUNDHALTUNG für eine Ehe – und die heißt:

Glücklich machen anstatt glücklich gemacht zu werden! Hört sich schräg an – ist aber so! Was sich dahinter verbirgt, ist so simpel wie das Einmaleins. Als Frage an Sie gerichtet:

Wollen Sie in Ihrer Ehe glücklich gemacht werden oder wollen Sie Ihren Mann/Ihre Frau glücklich machen? Worauf liegt Ihr Fokus?

Wir sind zu einer enormen Konsumgesellschaft geworden und haben diese „Haben-wollen-Mentalität“ auch in unseren Beziehungen und Ehen integriert. Die ist aber der absolute Liebeskiller! Darum geht es bei einer Ehe-Revolution, also in einer Ehe, die Schönheit ausstrahlen soll, immer vielmehr darum, den anderen glücklich zu machen als selbst im Mittelpunkt zu stehen, sprich glücklich gemacht zu werden! Das Ego wird dabei auf ein gesundes Maß reduziert und kultiviert! Das mag nicht einfach sein, auf Sie befremdend wirken und Sie zuerst mal überfordern. Aber diese Grundhaltung ist unbedingt notwendig, garantiert!

Verschenkende Liebe

Für diese Grundhaltung braucht es selbstverständlich absolute Gegenseitigkeit! Beide Partner müssen verinnerlicht haben, dass es in erster Linie darum geht, mehr zu geben und mehr zu schenken als zu empfangen! Keiner kommt zu kurz, muss sich sorgen oder benachteiligt fühlen, denn beide schauen liebevoll aufeinander. Wenn die Ehepartner das beherzigen und anwenden, entsteht eine völlig neue Dynamik der Liebe und es tritt Beeindruckendes wie Anziehendes hervor: Die Schönheit der Ehe in Form sich verschenkender Liebe! Es brechen viel Druck und Erwartungshaltung weg, wenn diese Methode angewandt wird!

Nicht fragen: Wo bleibt mein Glücklich-gemacht-Werden? Sondern: Wie kann ich dich heute glücklich machen, wird zur Frage des Tages.

Dieser Ansatz ist fast revolutionär – meinen Sie nicht auch? Was es nun mit dem Ehesakrament auf sich hat, warum es eine radikale Kraft hat, werde ich im zweiten Teil betrachten.

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Über den Autor: 

Christian Schallauer ist akademischer Referent für die „Theologie des Leibes“ nach Johannes Paul II. und zertifizierter NER-Berater nach Dr. Josef Rötzer sowie Ehemann und Vater von 5 Kindern. Er ist unter der E-Mail-Adresse chris.schallauer@gmail.com erreichbar.

2 Kommentare

  1. Ich spiele hier ungern den kaltherzigen Thomisten, aber die Formel „beide müssen mehr geben als sie nehmen“ funktioniert nicht.

    Wenn Susi 100 % Liebe gibt und nur 60 % Liebe nimmt während Peter 100 % Liebe gibt und ebenfalls nur 60 % Liebe nimmt, dann liegen 2 x 40 % verschenkter Liebe ungenutzt in der Wohnung herum.

    „Glücklich machen anstatt glücklich gemacht zu werden!“ ist insofern ein Unfug, weil man glücklich gemacht werden muß, damit der Partner einen glücklich machen kann.

    „Du, ich will Dich glücklich machen!“ – „Nein, bitte nicht. Aber ich will Dich glücklich machen!“ – „Nein, laß das bitte.“ – „Ich möchte geben, aber nicht nehmen!“ – „Ich aber möchte nicht nehmen, sondern geben.“

    Solche Dialoge können sich ziehen. Kein Wunder, daß die am Ende nur noch Netflix gucken.

    Mich erinnern Herrn Schallauers Argumente stark an Hedwig und Hellmuth auf dem Weg zur Kurve von Holzhausen („Du Guter!“). Mit der Realität lebendiger Katholikinnen und Katholiken – die z.B. gelegentlich auch mal einen Satz ohne Ausrufungszeichen verstehen – hat diese gequälte Biedermeierei wenig zu tun.

    Aber wer weiß – nachdem der Ansatz im ersten Teil fast revolutionär war, ist man natürlich gespannt auf die Betrachtung der radikalen Kraft des Ehesakraments im zweiten.

    Wie könnte am Höchsten scheitern, was am Einfachsten schon schiefgegangen ist?! Dominus providebit.

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