Von Bischof Robert Barron / Word on Fire
WASHINGTON, D.C., (CNA Deutsch).- Vor zwei Wochen hatte ich das schöne Vergnügen, die Hochzeit meiner Nichte, Bryna, zu feiern. Sie ist schon ihr ganzes Leben ein wunderbares Mädchen, voller Freude und guten Mutes, und erpicht darauf, sich selbst im Dienst an andere zu verschenken. Ihr Mann, Nelson, ist ein feiner Kerl, und er wagte, vor der Hochzeit, den mutigen Schritt, katholisch zu werden. Es war also eine Freude, mit meiner ganzen Familie das Zusammenkommen dieses prächtigen Paares zu feiern.
Aber in meiner Predigt für die Hochzeitsmesse wies ich darauf hin, dass es hier um viel mehr ging, als uns über das Gute und das Glück dieser jungen Menschen zu freuen. Denn tatsächlich könnte sich jeder weltliche Romantiker so freuen. Wir waren in dieser Kirche versammelt, weil wir Bryna und Nelson als viel mehr schätzen als ein junges Liebespaar, so strahlend schön das ist. Wir sahen sie als ein heiliges Zeichen, einen Hinweis, ein Sakrament der Liebe Christi für seine Kirche.
Ich wies darauf hin, dass es eine Besonderheit der Katholischen Theologie ist, dass ein Paar, dass bei seiner Hochzeitsmesse das Ehegelübde ablegt, nicht so sehr ein Sakrament empfängt, als dass sie ein Sakrament werden. Alle an diesem Tag in der Kirche Versammelten glaubten, dass Bryna und Nelsons Trauung nicht einfach blöder Zufall war; vielmehr war es eine Folge Gottes aktiver Vorsehung. Gott wollte, dass sie die Erlösung in einander Gesellschaft finden, was impliziert, dass Gott wollte, dass sie, als Paar, seinen erlösenden Willen tun mögen.
Um das etwas klarer zu machen schlug ich vor, die Geschichte von der Hochzeit zu Kana mit einem frischen Blick neu zu lesen. Kommentatoren weisen oft darauf hin, wie charmant es ist, dass das erste wunderbare Zeichen Jesu im Johannes-Evangelium nicht die Erweckung Toter ist, nicht das Heilen blinder Augen, nicht das Beruhigen eines Sturms. Statt dessen ist es die Bereitsstellung von Wein, um eine bescheidene Hochzeitsfeier noch festlicher zu machen. Dies zeige, meinen sie, die Sorge Jesu um die einfachsten Dinge. Das mag ja zutreffen, aber eine solche Interpretation übersieht die größere Wahrheit, die den Kern der Sache trifft.
Wenn die Autoren des Alten Testaments die treue, lebensspendende und heftige Liebe Gottes für die Welt ausdrücken wollten, griffen sie ganz natürlich zum Bild der Ehe. Die Art und Weise, wie sich Eheleute einander schenken – restlos, leidenschaftlich, lebenschaffend, zu jeder Zeit – ist die beste Metapher für Gottes gnadenvolle Art, in seinem Volk präsent zu sein.
Deshalb sagt der Prophet Jesaja mit atemberaubender Kühnheit zum Volk Israel:
Wie der junge Mann sich mit der Jungfrau vermählt, / so vermählt sich mit dir dein Erbauer. Wie der Bräutigam sich freut über die Braut, / so freut sich dein Gott über dich.
Jede Religion oder religiöse Philosophie wird darüber sprechen, Gott zu gehorchen, Gott zu ehren, nach Gott zu streben; aber es ist eine einzigartige Überzeugung biblischer Religion, dass Gott nach uns strebt, sogar so sehr, dass er uns heiraten möchte, sein Leben für uns ausgießen möchte ohne Hemmung. Jesaja sagt weiter, an anderer Stelle, der Herr werde ein Festmahl „mit den besten und feinsten Speisen, mit besten, erlesenen Weinen“ geben.
Nun können wir uns mit besserem Verständnis der Geschichte von der Hochzeit zu Kana zuwenden. Bei einer jüdischen Hochzeit im ersten Jahrhundert war es die Verantwortung des Bräutigams, für den Wein zu sorgen. Das erklärt, warum der Diener zu ihm geht und sagt: „Jeder setzt zuerst den guten Wein vor und erst, wenn die Gäste zu viel getrunken haben, den weniger guten. Du jedoch hast den guten Wein bis jetzt zurückgehalten.“ Indem er das Wasser in Wein verwandelte, handelte Jesus tatsächlich als der definitive Bräutigam, der die Prophezeiung Jesajas erfüllte, dass Jahweh in der Tat kommen würde, sich mit seinem Volk zu vermählen.
Des weiteren deutete er mit der Bereitstellung von sechs Gefäßen zu je 100 Litern (einem Überfluss, den der Evangelist Johannes genau aufzeichnet), auf die Prophezeiung des Jesaja hin. Deshalb konnte der heilige Paulus über die Liebe zwischen Ehemann und Ehefrau als einem großen „Geheimnis“ sprechen, mit anderen Worten, einem heiligen Zeichen, das von der Liebe Christi für seinen Leib, die Kirche, spricht. Die Braut und der Bräutigam im herkömmlichen Sinne beschwören symbolisch den Bräutigam und die Braut herauf.
Ich endete meine Predigt damit, alle daran zu erinnern, dass Jesus vor langer Zeit ein Wunder verübt habe, Wasser zu Wein gemacht habe, aber dass unsere Messe ihren Höhepunkt erreiche in dem Augenblick in dem der gleiche Herr ein noch außergewöhnlicheres Zeichen ausübe, die Transsubstantiation des Brotes in seinen Leib und des Weins in sein Blut. Dieses großartige Hochzeits-Festmahl ist sakramental in jeder Messe repräsentiert, wenn Christus nicht gewöhnlichen Wein, sondern sein eigenes Blut zu Trinken gibt.
Nun sind Bryna und Nelson ein wunderbares junges Liebespaar, und das ist Grund genug sich zu freuen. Aber sie sind auch lebende Symbole der ekstatischen Liebe des Bräutigams für seine Braut, die Kirche – und das ist der Grund, in seinem tiefsten Sinne, dankbar zu sein.
Ursprünglich veröffentlicht auf „Word on Fire“, übernommen von www.ChurchPOP.com mit freundlicher Genehmigung. Übersetzt von Anian Christoph Wimmer.