Dienstag, 19. März 2024

„Macht, was ihr wollt, ich bleibe katholisch“

„Macht, was ihr wollt, ich bleibe katholisch“ – diesen Ausspruch eines westfälischen Bauern, der von Theologie nichts verstanden, aber doch alles Wesentliche gewusst haben könnte, zitierte der deutsche Bundeskanzler Dr. Konrad Adenauer. Er hatte dem einfachen Landmann skizziert, dass mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil auch ein liturgischer Experimentalismus Einzug halten würde. Der Bauer konnte das nicht verstehen, der Kanzler auch nicht.

Adenauer hätte auch die weltlichen Verheißungen, die bunten Ideen und den kreativen Eigensinn des „Synodalen Wegs“ treffend einzuschätzen gewusst. Er beobachtete – so wachsam wie skeptisch – die Vorbereitungen für das Zweite Vatikanische Konzil und bezeugte dessen medial prachtvoll inszenierte Wirklichkeit. Zugleich bemerkte er, „wenn das feste Gefüge Roms einmal in Bewegung gerate“, sei unabsehbar, was geschehen würde.

Das volkstümliche Auftreten von Johannes XXIII. machte ihn misstrauisch. In dem von Wolfgang und Dorothea Koch 2013 im fe-Medienverlag publizierten, noch immer lesenswerten Band „Konrad Adenauer. Der Katholik und sein Europa“ wird seine Einschätzung zitiert: „Wissen Sie, ich kannte Pius XII. und schätzte ihn sehr. Er war ein bedeutender Mann. Johannes aber war doch eine Katastrophe.“ Knausrig mit pointierten Urteilen war der Kanzler nie. Allerdings hielt Papst Roncalli oft auch emphatische, feierliche, geradezu traditionalistische Ansprachen. Heute verehrt die Kirche Johannes XXIII. als Heiligen. Ob der treue Sohn der Kirche aus Rhöndorf auch auf dessen Fürsprache vertraut hätte?

Adenauer wusste zumindest, dass er sich irren konnte. Er liebte das festliche lateinische Hochamt. Der überzeugte NS-Gegner wusste, dass der rechte Glaube nach der Lehre der Kirche Halt schenkt. Auch heute lässt uns das fein nuancierte, sanft melodisch gesungene Credo Gläubige von innen her erfahren, dass der Feier der heiligen Messe nichts vorzuziehen ist. Es schenkt auch jenen zerstreuten Messbesuchern Andacht, deren Gedanken erst durch die leuchtende Schönheit des gregorianischen Chorals Obdach und Ruhe finden. Adenauer hielt am 2. September 1956 eine Ansprache auf dem Deutschen Katholikentag in Köln:

„Wer das Glück hatte, dem Pontifikalamt im Dom am Donnerstag beiwohnen zu können, dem werden diese Stunden unvergesslich sein. Die überwältigende Weite des Raumes umfing uns, man fühlte sich nicht in ihr verloren, man fühlte sich geborgen. Die zum Himmel strebenden Pfeiler, das feine Maßwerk, das gedämpfte und doch klare Licht, die Klänge der Orgel und des Chores, die farbigen Gewänder der Priester und Bischöfe, der Glanz der Lichter von den Altären, alles das vereinte sich zu einem erhebenden Zusammenklang. Welch‘ ein Gegensatz zu der Wirrnis, dem Lärm, der Hast, dem Betrieb unserer Zeit! Viele, viele Tausende Menschen waren im Dom, alle versunken in sich und im Gebet, im betenden Schauen und Hören! Welch‘ ein Gegensatz zu unserer Zeit.“

Die Schönheit der Liturgie, die nicht pompös inszeniert, sondern würdig gefeiert wird, in Demut, Anbetung und Scheu, bezeugt die Schönheit Gottes. Zugleich ist die Liturgie auch ein Ruf an uns, Gott allein die Ehre zu geben – und Hochmut, Ichsucht, Stolz und Eigensinn zu überwinden. Was Adenauer vor über sechzig Jahren sagte, gilt auch noch heute: „Ein rätselhaftes Wesen ist der Mensch. Wie oft handelt er gegen seine eigene bessere Erkenntnis, missachtet er die Wahrheit und das Gute und frevelt gegen Gott.“ Der Kanzler liebte die Kirche des Herrn. In seiner Weihnachtsansprache von 1958 sagte er:

„Ehre sei Gott in der Höhe. Nicht ohne Grund ist der Verheißung des Friedens dies Wort vorangestellt. Der Friede ist uns nur verheißen, er wird uns nur gegeben, wenn wir zuerst Gott die Ehre geben, der innere Frieden für jeden Einzelnen von uns und der Friede für uns alle. Ich glaube, wir alle denken zu wenig daran, dass zuerst Gott die Ehre gebührt. Wir alle, gleich wo wir stehen, gleich was wir tun, müssen ihm zuerst die Ehre geben, damit uns allen Friede werde. In der Geschichte der Menschheit gibt es Perioden des lastenden Dunkels, der Unrast, des Unfriedens, der Angst; aber immer wieder hat der menschliche Geist, die menschliche Seele sich hindurch gerungen zum Licht und zum Frieden. Es ist in Wahrheit etwas Wunderbares um die Stärke, um die Kraft des Geistes und der Seele.

Der Geist des Menschen, seine Seele ist unüberwindlich, weil sie von Gott selbst stammt. Darum wollen wir nicht verzagen. Wir wollen nicht mutlos werden, wenn wir des Weges gedenken, den wir durchschritten haben, und wenn wir des Dunkels gedenken, in das er uns hineinführt. Denken wir an das Kind im Stalle, das den Menschen das Heil brachte. Denken wir an den Glanz der Engel, denken wir an den Stern, der die Weisen zu Ihm führte. Denken wir daran, dass die frohe Botschaft, die Christus uns brachte, der armen Menschheit das Heil und das Licht gebracht hat und ewig bringen wird.“

Weihnachtliche Gedanken, wahrhaft römisch-katholisch. Dürfen wir solche Überlegungen eigentlich heute noch zur Sprache bringen? In den meisten Kirchen sind doch die Krippen und Weihnachtsbäume schon abgeräumt. Die Liturgiewissenschaft der Nachkonzilspädagogik belehrt uns streng, dass das seit 1969 exakt so richtig und die Festzeit längst vorbei sei. Vielleicht dürfen wir an den westfälischen Bauern denken und die weihnachtliche Festzeit auch mit Mariä Lichtmess am 2. Februar enden lassen: „Macht, was ihr wollt, ich bleibe katholisch.“    

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