Donnerstag, 12. Dezember 2024

Die Fastenzeit: Per Crucem ad Lucem

„Mittelalterlich“ gehört wohl zu den Attributen, die der Katholischen Kirche von ihren Feinden (und falschen Freunden) am häufigsten an den Kopf geworfen werden. Auch Buße, Askese, Selbstverleugnung oder Opfer haben in der modernen Welt wohl einen schlechten Ruf und werden mitunter in den psychopathologischen Bereich geschoben. Dabei kann man gerade unserer modernen westlichen Welt, abgesehen von massiven Dekadenzerscheinungen, einen Hang zu genau diesen Dingen unterstellen: Gerade im Frühjahr, während der Fastenzeit, ist das „Fasten“ um den Winterspeck zu verlieren und eine Bikinifigur zu erreichen für viele Frauen ein großes Thema. Auch manche Sportler müssen strenge Askese einhalten, und wenn es doch mal Fast Food geworden ist, dann dafür ein sportliches Bußwerk verrichten. Andere fasten zur Gesunderhaltung, um den Körper zu „entschlacken“. Andere wiederum verzichten zugunsten des Klimas auf allerlei Annehmlichkeiten, um damit höchstens einige Tonnen CO2 bei einer weltweiten jährlichen Emission von ca. 35.000.000.000 Tonnen CO2 einzusparen. Und wenn man doch einmal durch eine Flugreise gesündigt hat, kann man ja einen modernen Ablassbrief erwerben und so das verbrauchte CO2 kompensieren.

Hier passen die ersten Worte aus dem Buch Kohelet/Ekklesiastes: Vanitas Vanitatum: O Eitelkeit über Eitelkeit. Windhauch. Nichtigkeit. Natürlich ist das Bemühen um eine gute Figur oder um körperliche Leistungsfähigkeit in gewissen Grenzen zulässig. Wenn es um das Wohl der Umwelt oder der eigenen Gesundheit geht, ist das Motiv für Verzicht sogar ein Edles (ob der Umwelt durch die CO2-Askese tatsächlich geholfen ist, steht auf einem anderen Blatt). Und die Kirchenlehrerin St. Hildegard von Bingen (1098–1179) bietet sogar eine eigene Fastenkur an.

Doch unvergleichlich mehr wert als die „Entschlackung“ oder Optimierung des vergänglichen Körpers ist die Entschlackung der unsterblichen Seele. So lässt die Kirche nicht ohne Grund am ersten Sonntag der Vorfastenzeit in der Epistellesung Paulus sprechen: „Wisst ihr nicht, dass die Wettläufer in der Rennbahn zwar alle laufen, aber nur einer den Preis erlangt? Laufet so, dass ihr ihn erlanget! Jeder, der sich am Wettkampf beteiligt, übt in allem Enthaltsamkeit. Sie tun es, um einen vergänglichen, wir aber, um einen unvergänglichen Kranz zu empfangen“ (1 Kor 9, 24–15). Die Fastenzeit ist dafür eine sehr gute Gelegenheit, und sie zu ergreifen ist für Katholiken verpflichtend.

Doch in der Fastenzeit geht es natürlich um viel mehr als nur um das leibliche Fasten. Sie soll vor Ostern ganz der Erneuerung der Seele durch Fasten, verstärktes Gebet und Almosen dienen. Für die in der Osternacht Neugetauften beginnt ab Ostern ein neues Leben, aber auch für die Getauften ist eine solche Erneuerung der Taufgnade durch Buße und sakramentale Beichte in der Fastenzeit nicht selten notwendig. Letztlich gleicht unser ganzes Leben einer großen Fastenzeit zur Vorbereitung auf die ewige Osterfreude.

Und wie so oft bietet gerade die traditionelle Liturgie einen besonders reichhaltigen Schatz in der Vorbereitung auf Ostern. Dazu gehört auch die Vorfastenzeit, eine sehr weise Einrichtung, um einen behutsamen Übergang zur Fastenzeit zu ermöglichen, die sich mit der Passionszeit in den letzten zwei Wochen sehr verdichtet. Diese „Dramaturgie“ der Vorbereitungszeit ist in der Liturgiereform weitgehend abgeschliffen worden.

Die Fastenzeit mit ihren Besonderheiten in der traditionellen Liturgie ist das Thema dieses Videos von Certamen: Dabei geht es um Geschichte, Sinn und Geist der Fastenzeit. Neben einigen Erläuterungen der Gedanken, die liturgisch im Vordergrund stehen, gibt es noch einige praktische Anregungen zur persönlichen Gestaltung der Fastenzeit.

(Nota Bene: Falls jemand von den Herren noch praktische Anregungen für die Fastenzeit sucht und vielleicht schon mit Exodus 90 vertraut ist: Es gibt auch eine 40-tägige Version für die Fastenzeit. Mehr auf der Website: https://exodus90.com/)

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